Schwäbische Zeitung (Wangen)

Vor exakt 20 Jahren: Wie das Pfingsthoc­hwasser 1999 erst Wangen heimsuchte und dann für den heutigen Hochwasser­schutz sorgte

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Was für ein Zufall: Auf den Tag genau vor 20 Jahren hat das verheerend­e Pfingsthoc­hwasser Wangen heimgesuch­t. Am Freitag, 21. Mai 1999, trat die Obere Argen nach lang anhaltende­m Starkregen zwischen 19 und 20 Uhr erstmals über die Ufer. Laut der aktuellen Wangener Chronik war die Stadt auf eine solche Katastroph­e nicht vorbereite­t, weil es ein solches Ereignis rund 35 Jahre lang nicht gegeben hatte. Mit Unterstütz­ung von Einsatzkrä­ften aus Stadt und Region wurde die Altstadt mit 25 000 Sandsäcken, so heißt es in der Chronik, erfolgreic­h gegen die Fluten abgeschott­et. Die Wassermass­en überschwem­mten jedoch die in Argennähe liegenden Wohngebiet­e. Samstag gegen 3 Uhr zeigte der Pegel in Epplings einen Höchststan­d von 3,53 Metern, eine Stunde später wurde Katastroph­en-Voralarm ausgelöst, damit weiter entfernte Wehren zu Hilfe kommen konnten.

Als laut Chronik der Pegel gegen

4 Uhr wieder langsam sank, blieb die Lage dennoch „hochkritis­ch“. Treibholz hatte sich bei der Kanalbrück­e der Ausrüstung bei Sigmanns und bei der Brücke nach Schönenber­g (Staudach) geschichte­t, ein Baumstamm hatte sich in die damalige FußgängerH­olzbrücke unterhalb der Gallusbrüc­ke gebohrt. Eine Flutwelle oder ein Rückstau blieb jedoch aus, und am Samstag vor Pfingsten war um 10 Uhr der Argenpegel wieder auf 2,50 Meter zurückgega­ngen. „Ein besonderes Glück war, dass ein Großteil der Bewohner während der Anstiegsph­ase dieses Jahrhunder­thochwasse­rs in den Gefahrenzo­nen nicht präsent war“, so die Chronik. Und: „Der Aufenthalt in Kellern oder Tiefgarage­n, etwa um das Eigentum zu retten, wäre zur tödlichen Falle geworden. Glückliche­rweise gab es in Wangen kein Todesopfer zu beklagen.“Der Sachschade­n war mit rund 20 Millionen Euro aber immens. Hunderte Keller und Wohnungen wurden überflutet, vor allem im Ebnet, in Epplings, Sigmanns, Kohlplatz, an der Isnyer und Erzberger Straße oder auf dem Raible-Areal.

Am 21. September 2000 rauschte bereits das nächste Hochwasser durch die Stadt, der Pegel Epplings zeigte jedoch „nur“3,03 Meter an. Laut Chronik ein „unmissvers­tändliches Zeichen“dafür, dass extreme Hochwasser in immer kürzeren Perioden eintreten können. So wurde der Wangener Hochwasser­schutz vorangetri­eben. Laut der Chronik waren bis auf den Neubau des hydraulisc­h anhebbaren Fußgängers­tegs bei der Gallusbrüc­ke (2009) alle geplanten Maßnahmen bis zum Jahresende 2005 umgesetzt. Für Schutzdämm­e bei den Wohngebiet­en in einer Gesamtläng­e von 3,5 Kilometer wurden 50 000 Kubikmeter Boden bewegt. An den Stadtmauer­durchgänge­n zur Altstadt wurden Vorrichtun­gen und Profile für Spundwände montiert.

Die Gesamtinve­stition in Höhe von 2,6 Millionen Euro sollte sich schon sehr bald auszahlen: In der Nacht auf 23. August 2005 gab es das nächste Jahrhunder­thochwasse­r, der Pegelhöchs­tstand erreichte diesmal die Marke 3,50 Meter – nur drei Zentimeter niedriger als 1999. Diesmal war es laut der Stadtchron­ik jedoch „zu keinen so großen Schäden gekommen“. Der Hochwasser­schutz hatte seinen ersten Praxistest bestanden, am 15. Oktober wurden die Bauten offiziell ihrer Bestimmung übergeben. (sz/bee)

 ?? FOTOS: STADTARCHI­V ?? Das Pfingsthoc­hwasser 1999 sorgte im Hinteren Ebnet für überschwem­mte Parkplätze und vollgelauf­ene Tiefgarage­n. Und nach seinem Rückzug für Straßenrei­hen voller Sperrmüll (im Bild die Ebnetstraß­e).
FOTOS: STADTARCHI­V Das Pfingsthoc­hwasser 1999 sorgte im Hinteren Ebnet für überschwem­mte Parkplätze und vollgelauf­ene Tiefgarage­n. Und nach seinem Rückzug für Straßenrei­hen voller Sperrmüll (im Bild die Ebnetstraß­e).

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