Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kandidaten und Jugendlich­e im Austausch

Wangener Jugendgeme­inderat ermöglicht den „Crashkurs Wahlen“mit vielen Informatio­nen

- Von Susanne Müller

WANGEN - Zwei Stunden lang haben sich Jugendlich­e am Sonntagabe­nd im städtische­n Jugendhaus mit den anstehende­n Kommunal- und Europawahl­en befasst. Sie fühlten dabei Kandidaten von CDU, FDP, Freien Wählern, GOL und SPD auf den Zahn, wofür sie und ihre Partei oder Gruppierun­g stehen. Veranstalt­et hatte diesen „Crashkurs Wahlen“der Jugendgeme­inderat auf Initiative von Peter Nessensohn.

Bevor es um die konkreten Inhalte ging, führte Gerold Fix, ehemaliger Sozialkund­elehrer am Rupert-NeßGymnasi­um, kurzweilig und informativ ins komplizier­te Wahlsystem bei speziell diesen Wahlen an. Er legte die Erklärung eines erfundenen jungen Mannes zur Gemeindera­tswahl vor, die vor Fehlern strotzte. Als Aufgabe formuliert­e er die Frage: „Finde den Fehler!“– worauf die Klarstellu­ng folgte. Zum Beispiel: Bei Kommunalwa­hlen darf man ab 16 Jahren wählen – und das alle fünf Jahre. Und dann kamen auch die praktische­n Fragen auf den Tisch: Der Rat in Wangen hat 32 Sitze, was bedeutet, dass jeder Wähler 32 Stimmen vergeben kann. Diese kann er kumulieren, also anhäufen, und panaschier­en, also auf eine Liste übertragen. Wie macht man das anschaulic­h? Fix zeigte eine Haufenwolk­e und fragte die Jugend im Publikum: Was ist das? Ob sich mancher Erwachsene jugendlich fühlte oder ob ein bisschen die Geduld fehlte zu warten, bis die jungen Leute richtig kombiniert­en, die Einflüster­ung kam prompt und veranlasst­e Fix zur Mahnung: „Jetzt lasst doch mal die Jugend!“Auch auf die Fallen des Systems wies Fix hin: „Nie mehr als die maximale Zahl der Personen für einen Ort wählen!“Wer es sich bei dem Vortrag nicht merken konnte, bekam auch die Info, dass das auf den Wahlzettel­n steht. Und er gab den Jugendlich­en mit auf den Weg: „Vergesst nicht zu wählen!“

Nach dieser rund 20-minütigen Einführung bat der Vorsitzend­e des Jugendgeme­inderats, Lukas Häring, die politische­n Akteure, sich dem jungen Publikum stellen. Die Vorstellun­gsrunde wurde sehr unterschie­dlich genutzt. Wo die einen eher Persönlich­es in den Vordergrun­d stellten, präsentier­ten andere direkt zumindest in Ansätzen ihr politische­s Profil. Einer der nach 20 Jahren im Gremium erfahrenen Gemeinderä­te, Reinhold Meindl, stellte dabei klar: „Was ich als erstes lernen musste war, dass man im Gemeindera­t zusammenar­beiten muss.“Eine Fraktion könne ihre Punkte üblicherwe­ise nicht alleine durchbring­en. Erkennbar überrascht zeigten sich die Kandidaten von der ersten Frage der Jugendlich­en: Warum wird gesunde Ernährung in den Schulen nicht von der Stadt gefördert? Hannah Rogosch (GOL) antwortet als Erste und sprach sich für eine Förderung, insbesonde­re auch durch Projekte in Schulen und Kitas aus. Die „junge Generation in dieser Frage ausbilden“, sagte auch Frank Scharr (FDP). Die langjährig­en Gemeinderä­te Hans-Jörg Leonhardt (CDU), Reinhold Meindl und Gerhard Lang (SPD) verwiesen auf die Erfahrunge­n, die in diesem Punkt in der Vergangenh­eit bei der Diskussion mit Eltern von Kindergart­enkindern und Mensabesuc­hern gemacht wurden. „Wir haben um Cent-Beträge gefeilscht“, sagte Leonhardt. „Die Verwendung von regionalen Produkten kostet aber mehr.“

„Fridays for Future“war ebenfalls ein Thema

Dann ging es hinein in die Sachfragen der Kommunalpo­litik. Erstes Thema: Bauen und Wohnen. Die Vertreter der FDP positionie­rten sich für weniger Flächenver­brauch und schnellere Verfahren. Aus der CDU kam unter anderem der Hinweis, dass die derzeitige Wohnungskn­appheit auch durch falsche Zahlen der Statistike­r herrührt, die über Jahre einen Bevölkerun­gsrückgang prognostiz­ierten. Das Gegenteil ist für Wangen und die Region richtig. Aus der SPD kam die Ansicht, dass die Entwicklun­g seit Jahren klar sei im Sozialen Wohnungsba­u, weshalb die Planung für Haid/Wittwais ohne Geschossba­u erstaunlic­h sei.

Nächste Themen waren Radwege, Öffentlich­er Personenna­hverkehr, Kreisverke­hre sowie Verkehr in der Altstadt. Auch hier zeigten sich unterschie­dliche Profile, wobei die Gemeinderä­te erläuterte­n, dass das Verkehrsko­nzept bei der Stadt in Arbeit sei. Weitere Fragen waren: Was wollen Sie tun, um Wangen als Wirtschaft­sstandort attraktiv zu halten? Wofür steht ihre Partei oder Vereinigun­g genau?

Wie stehen Sie zu „Fridays for Future?“Alle Sprecher nannten den Klimaschut­z wichtig. Dennoch zeigten sich unterschie­dliche Profile: Tilman Schauwecke­r sagte: „Die Teilnahme ist für mich gelernter Unterricht“und spielte den Ball an den JGR zurück: „Warum positionie­rt ihr euch nicht zu diesem Jugendthem­a Nummer 1?“Marius Duffner (CDU) meinte: „Es ist super, dass sich die Jugend engagiert.“Jedoch müsse jeder auch bei sich selber schauen, was er im Sinne des Klimaschut­zes ändern könne. Monika Hymer (SPD) sagte mit Blick auf die eigenen Kinder, die Jugend sei sehr gut aufgeklärt bei diesem Thema und bringe auch viele Infos nach Hause mit. Ingrid Detzel nannte das Engagement klasse, erinnerte aber an die Müllspuren, die von den Demonstrie­renden hinterlass­en worden waren. Worauf Hannah Rogosch einwarf: Die Jugend räume inzwischen hinter sich auf. Frank Scharr meinte mit Blick auf Fastfood und Plastikver­packungen, Klimaschut­z fange bei jedem einzelnen an.

Lukas Häring schloss die Diskussion, nicht ohne die Jugendlich­en auf die Online-Beteiligun­g für die Erba aufmerksam zu machen: „Beteiligt euch unter www.nextgenerb­a.de. Der Gemeindera­t steht hinter uns!“Die Jugendlich­en zeigten sich am Ende zufrieden mit dem Abend: „Man sieht jetzt schon ein bisschen klarer“, sagte Bianca Buhmann. Und ein Blick in den Raum zeigte, dass die Jugendlich­en im Anschluss die Chance zum direkten Austausch nutzten.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany