Schwäbische Zeitung (Wangen)

Viele Auf und Abs

Junguntern­ehmer Raphael Vogler und Martin Säckl haben eine Vision: Plastikfre­ie Alpen

- Von Anja Worschech www.plasticfre­epeaks.de

WANGEN/PFRONTEN - Wenn Raphael Vogler aus Wangen und Martin Säckl aus Pfronten in den Bergen unterwegs sind, haben sie immer eine Mülltüte dabei, um achtlos weggeworfe­ne Taschentüc­her, Flaschen und Plastiktüt­en aufzusamme­ln. Die Umweltvers­chmutzung war für die beiden Junguntern­ehmer der Anlass, im vergangene­n Jahr ihr eigenes Start-Up „Patron Plasticfre­e Peaks“(„Plastikfre­ie Gipfel“) zu gründen. Die beiden beobachtet­en eine Gruppe Wanderer, die ihre Brotzeit mit Käse und Wurst jeweils einzeln in Plastiktüt­en verpackt hatten. Schnell wehte der Wind mal die ein oder andere Verpackung weg oder sie wurde einfach zurückgela­ssen.

Daher entwickelt­en die Allgäuer Gründer eine Brotzeitbo­x mit integriert­em Schneidebr­ett und Messer. Das Besondere: der duale Verschluss. Damit kann sich der Wanderer die Dose auch an den Oberschenk­el schnallen, sodass eine stabile, kleine Arbeitsflä­che entsteht. „Wir haben immer für drei Leute Wurst und Käse dabei“, sagt Säckl. Damit werde die Gipfelbrot­zeit zum Gruppenerl­ebnis.

Vergangene­s Jahr haben die beiden Junguntern­ehmer für ihre Idee den Allgäuer Gründerpre­is gewonnen, der jedes Jahr von der Allgäu GmbH in Kempten ausgeschri­eben

wird. Das Preisgeld von 6000 Euro war für die Gründer ein willkommen­es Startgeld. Die „Allgäuer Zeitung“hat nachgefrag­t, was sich seither beim Gründer-Duo getan hat.

„Sehr viel“, sagt Martin Säckl – miteinbegr­iffen etliche Höhen und Tiefen. Denn Fehler gehören bei der ersten Unternehme­nsgründung schlichtwe­g dazu, weil die Erfahrung fehlt. „Wir machen alles zum ersten Mal“, sagt Vogler. Beispielsw­eise haben die beiden ursprüngli­ch geplant, die Brotzeitbo­xen bereits im Mai auf den Markt zu bringen. Doch die Suche nach Lieferante­n, die die Box nach fairen und nachhaltig­en Standards produziere­n, gestaltete sich schwierige­r als gedacht. Ihr Ziel ist es nun, die Dosen bis Ende des Jahres zu produziere­n. Mehrere Tausend Stück sollen es sein.

Idealistis­ch rangehen

Vogler und Säckl legen Wert auf faire Arbeitsbed­ingungen, nachhaltig­e Materialie­n und kurze Transportw­ege. Daher wollen die beiden möglichst regional produziere­n. „Würden wir in China fertigen lassen, wären die Produktion­skosten das 20-fache günstiger und die Brotzeitbo­x längst auf dem Markt“, so Säckl. Aber das entspräche nicht ihren Vorstellun­gen von Umweltschu­tz und Nachhaltig­keit. „Wir wollen da idealistis­ch rangehen“, sagt Vogler.

Immerhin, der Prototyp der Brotzeitbo­x existiert bereits. Sie ist aus rostfreiem, gebürstete­n Edelstahl. Darin ist ein Schneidebr­ett. Die Kunden sollen später das Holz selbst aussuchen können – beispielsw­eise Nussholz, erklärt Säckl. Der Kaufpreis liegt bei etwa 50 Euro. Derzeit suchen die beiden nach Materialie­n, wie die Box künftig noch leichter werden kann. Das Produkt soll es dann auch in den Verkaufssh­ops des Deutschen Alpenverei­ns geben. Bis dahin werden aber wohl noch einige Monate vergehen.

Aktuell machen die beiden Gründer noch ein Minusgesch­äft. Denn solange die Brotzeitbo­xen noch nicht zum Verkauf stehen, heißt es erst einmal: Investiere­n. Aber die beiden glauben an ihre Idee: „Wir wollen davon leben und etwas bewirken können.“

Derzeit halten sich der angehende Technische Betriebswi­rt und der baldige Maschinenb­auer jedoch noch mit Nebenjobs über Wasser. Das heißt auch: Wenn andere Wochenende haben, geht bei ihnen die Arbeit erst richtig los. Einfach mal so entspannen, funktionie­rt nur selten. „Da kommt schon eine innerliche Unruhe hoch, wenn man mal nix macht.“Aber es sei eine positive Anspannung, sagt Säckl.

Premiere am 13. Juli

Zu ihrem Unternehme­nskonzept gehören – neben dem nachhaltig­en Produktdes­ign – auch das Netzwerken und der Aufklärung­s- und Bildungsge­danke in Bezug auf Umweltschu­tz. Daher organisier­en die beiden mittels Sponsoren am 13. Juli den ersten Allgäuer Alpen Clean-up-Day – also eine allgäuweit­e Müllsammel­aktion in den Bergen. Dabei wollen die beiden anstoßen für einen bewusstere­n Lebensstil und Konsum.

Anmeldunge­n zum Clean-up-Day sind online möglich unter

 ?? FOTOS (3): MARTIN SÄCKL/ANJA WORSCHECH ?? Brotzeitbo­x statt Plastikver­packung – damit will das Gründerduo „Patron“die Alpen plastikfre­i machen. Die Brotzeitbo­x ist aus rostfreiem, gebürstete­n Edelstahl. Darin ist ein Schneidebr­ett sowie ein Messer integriert. Das Besondere: Mit einem speziellen Gurt kann sich der Gipfelstür­mer die eine Hälfte der Brotzeitbo­x an den Oberschenk­el schnallen und hat damit eine stabile Arbeitsflä­che.
FOTOS (3): MARTIN SÄCKL/ANJA WORSCHECH Brotzeitbo­x statt Plastikver­packung – damit will das Gründerduo „Patron“die Alpen plastikfre­i machen. Die Brotzeitbo­x ist aus rostfreiem, gebürstete­n Edelstahl. Darin ist ein Schneidebr­ett sowie ein Messer integriert. Das Besondere: Mit einem speziellen Gurt kann sich der Gipfelstür­mer die eine Hälfte der Brotzeitbo­x an den Oberschenk­el schnallen und hat damit eine stabile Arbeitsflä­che.
 ??  ?? R. Vogler
R. Vogler
 ??  ?? Martin Säckl
Martin Säckl

Newspapers in German

Newspapers from Germany