Aus dem Koffer in die Quarantäne
Immer wieder kommen Urlauber mit illegal mitgebrachten Tieren am Allgäu Airport an
MEMMINGEN - Es ist ein Bild, das manchen Urlauber aus Mitleid handeln lässt: In vielen Ländern finden sich Welpenverkäufer am Straßenrand – oft sind die niedlich wirkenden Tiere in einen viel zu kleinen Käfig gesperrt. Doch wer eines kauft, steht vor einem Problem: Der Import nach Deutschland ist an vielen Flughäfen verboten. Um dies zu umgehen, schmuggeln manche das Tier dann in einem Koffer oder in einer Tasche mit und riskieren hohe Strafen (siehe Infokasten).
Auch am Allgäu Airport in Memmingerberg kommen solche Fälle immer wieder vor. „Viele denken, die drei Stunden wird das Lebewesen schon aushalten. Sie sind sich aber über die Folgen in Deutschland nicht bewusst“, sagt Wolfgang Courage, Vorsitzender des Tierschutzvereins in Memmingen. So hat das Thema auch schon Tierheim, Flughafenzoll und Veterinäramt bei einem Gespräch zusammengeführt.
Ein konkreter Fall ist der Welpe Luna. Sie landete in der Quarantäne des Memminger Tierheims als sogenannter Taschenhund. Am Memminger Flughafen flog der Schmuggel auf. Zollmitarbeiter entdeckten den kleinen Hund. Sie informierten das Veterinäramt und dieses brachte Luna ins Tierheim. Der Kontakt zum Hund wird den Urlaubern verboten. „Je größer der Flughafen wird, desto mehr Tiere werden hier ankommen“, befürchtet Michael Knoll, Tierpfleger und Ausbilder. Meldet sich das Veterinäramt, so sind Mitarbeiter des Tierheims innerhalb von zwei bis drei Stunden vor Ort, um das Tier abzuholen. Wenn ein Tier beschlagnahmt wird, reagieren die ursprünglichen Besitzer laut Courage oft aggressiv. Um darauf vorbereitet zu sein, gibt die Kriminalpolizei den Mitarbeitern spezifische Schulungen. „Dieses Jahr haben wir sehr viele Beschlagnahmungen“, sagt Knoll.
75 Katzen suchen neues Zuhause
Um die Urlaubszeit steigt die Zahl der Schützlinge im Tierheim um 75 Prozent – denn nicht nur beschlagnahmte Tiere kommen dort an, sondern auch solche, die gefunden oder abgegeben wurden. Gleichzeitig laufen gerade in dieser Phase des Jahres die Vermittlungen schleppend. In Memmingen warten aktuell elf Hunde, 75 Katzen und etwa 25 Kleintiere auf neue Familien. Sogar Wasserbewohner, wie 200 Goldfische, drei Teichschildkröten und Koi-Karpfen, stehen zur Vermittlung aus. „Wir haben sehr viele Katzen und es werden täglich mehr. Außerdem bekommen wir so viele Schildkröten wie noch nie“, erklärt Knoll. Täglich rufe jemand an, der etwas gefunden hat. Erst kürzlich wurden sogar zwei Pythons und eine weitere Wasserschildkröte nachts anonym vor dem Tierheim abgestellt. Die Schlangen sind 1,5 Meter und 1,3 Meter groß. Einen Königspython fand eine Frau in Ottobeuren erst kürzlich in ihrem Garten. „Die Frau war total erstaunt, dass da eine Schlange in ihrem Garten ist“, sagt Johann Sauter, stellvertretender Kommandant der Feuerwehr Ottobeuren. Am Einsatzort fing die örtliche Feuerwehr den tierischen Besuch in der Gartenhecke ein. „Wir haben die Schlange mit einem Haken herausgeholt, sie war ganz brav“, sagt Sauter. Die Feuerwehrmänner verfrachteten die Schlange provisorisch in eine Altpapiertonne, um sie dann in einen Karton umzusiedeln. Der Einsatz dauerte etwa eine Stunde. Das 1,5 Meter große Reptil brachte schließlich die Polizei ins Memminger Tierheim. Auch für Courage ist der Schlangenbesuch im Tierheim ungewöhnlich: „Das ist ein Ausnahmefall, wir hatten noch nie drei Pythons gleichzeitig.“Einen Zusammenhang zwischen den drei Schlangen kann Courage jedoch nicht herstellen. Die Einrichtung organisiert gerade größere Terrarienschränke, um für Schlangen gerüstet zu sein.
Der Eigentümer hat jetzt die nächsten zwei Wochen die Chance, sich zu melden. Danach wird nach einer neuen Unterbringung für die Reptilien gesucht. „Leider sind die meisten Zoos schon voll und können keine Schlangen mehr aufnehmen“, sagt Courage: „Aber wir werden einen Privatmann finden“. Königspythons dürfen in Deutschland ohne Genehmigung gehalten werden.
Jährlich kommen und gehen zwischen 800 und 850 Tiere in der Memminger Einrichtung. Gründe für die Abgabe von Tieren sind unter anderem Urlaub, Trennungen, finanzielle Probleme und Überforderung. Derzeit gibt es im Tierheim sehr viel zu tun. „Ohne Gassi-Gänger oder Ehrenamtliche wären wir Tierpfleger nur noch am Rotieren“, sagt Knoll. Ein Bild dieser Arbeit können sich Interessierte bei einem Tag der offenen Tür am Sonntag, 8. September, machen. Gegen elf Uhr findet an diesem Tag die „WowWau-Show“statt – ein Wettbewerb, bei dem Hundebesitzer ihre Lieblinge präsentieren dürfen. „Moderator Stefan Zoller ist Polizeihundetrainer. Er holt das Beste aus jedem Hund heraus“, sagt Courage.
Im Rahmen dieser Show werden auch Hunde vorgestellt, die auf ein Zuhause warten. Wer sich einen vierbeinigen Begleiter wünscht, kann im Tierheim fündig werden – und das ganz legal.