Koalition hält viele ihrer Versprechen
Studie bescheinigt Regierungsbündnis gute Arbeit – Wähler sehen Schwarz-Rot kritisch
BERLIN (dpa) - Die Große Koalition ist wesentlich besser als ihr Ruf. Nach knapp zwei Jahren Amtszeit hat das Regierungsbündnis aus Union und SPD einer Studie zufolge die meisten Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag zumindest teilweise umgesetzt. 61 Prozent der Versprechen seien vollständig oder teilweise umgesetzt oder zumindest substanziell in Angriff genommen, wie aus der Erhebung der Bertelsmann Stiftung und des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung hervorgeht. Die Vorgängerregierung habe zur Halbzeit lediglich knapp die Hälfte ihrer Versprechen umgesetzt gehabt.
In der Bevölkerung wird die Bilanz laut der Studie kritischer gesehen: Nur jeder Zehnte in Deutschland ist demnach der Meinung, dass die Versprechen des Koalitionsvertrages zu einem großen Teil eingelöst würden. Über zwei Drittel (79 Prozent) glauben hingegen, dass von solchen Vorhaben kaum welche oder etwa die Hälfte umgesetzt würden.
Die Studienautoren haben 296 „echte Versprechen“im Koalitionsvertrag identifiziert. Gemeint sind Vorhaben, bei denen man klar sagen könne, ob sie erfüllt worden seien. Rund ein Viertel aller Versprechen des Vertrages finde sich ausschließlich im Wahlprogramm der SPD, so die Studie. Elf Prozent gingen allein auf das Wahlprogramm von CDU/ CSU zurück. 46 Vorhaben fänden sich in beiden Programmen wieder.
Bei der Umsetzung sei die Bilanz ausgeglichener: Von den unionsgeprägten Versprechen seien bisher 44, von den SPD-geprägten 45 Prozent umgesetzt worden.
Ihre eigene Halbzeitbilanz plant die schwarz-rote Bundesregierung bis spätestens Mitte Oktober zu ziehen, wie die Spitzen der Koalition am Sonntagabend in Berlin beschlossen. Die SPD will die Bilanz dann politisch bewerten.
Zwei Wochen vor den für Union und SPD schwierigen Wahlen in Sachsen und Brandenburg legte die Koalition ihren Streit über neue Erleichterungen für Mieter und Käufer von Immobilien bei. Die Mietpreisbremse soll bis 2025 verlängert werden. Demnach darf die Miete bei neuen Verträgen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt nicht mehr als zehn Prozent über der „ortsüblichen Vergleichsmiete“liegen.
Auch ihren Konflikt über die geplante Grundrente will das schwarzrote Bündnis lösen. Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sollen in den kommenden Wochen ein Grundsatzpapier dazu erarbeiten. Während die SPD auf eine Grundrente ohne Prüfung der Bedürftigkeit pocht, bestehen CDU und CSU darauf.
Nach Angaben von CSU-Chef Markus Söder einigte sich die Koalitionsrunde auch darauf, die Pläne zum Abbau des Solidaritätszuschlags nach dem umstrittenen Modell von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) als Gesetzentwurf ins Kabinett zu bringen. Scholz will den Soli für 90 Prozent der Zahler streichen, weitere 6,5 Prozent sollen ihn ab 2021 nur teilweise zahlen.