Schwäbische Zeitung (Wangen)

Verwaiste Kinder deutscher IS-Kämpfer kehren zurück

Bundesregi­erung organisier­t den ersten Transport von vier Minderjähr­igen – Was mit ihnen passieren soll

- Von Stefan Kegel und Agenturen

BERLIN - Vier Kinder werden in Kürze von Nordsyrien nach Deutschlan­d gebracht. Sie saßen bis jetzt als Waisen oder Halbwaisen in Lagern der kurdischen Anti-IS-Front fest. Sie stammen von IS-Kämpfern ab.

Nachdem das Berliner Verwaltung­sgericht im Juli geurteilt hatte, dass Angehörige deutscher Kämpfer der islamistis­chen Terrormili­z in ihre Heimat zurückgeho­lt werden müssen, hat das Auswärtige Amt nun diese erste Gruppe von Kindern in nordsyrisc­hen Lagern in Empfang genommen. Im Nordosten Syriens sollen sich nach Angaben des Rojava Informatio­n Center (RIC) 117 Kinder mit deutscher Staatsange­hörigkeit befinden. Dazu kämen 21 Kinder von Deutschen, die aber keine deutsche Staatsange­hörigkeit hätten, sowie Dutzende Frauen und 66 Männer, von denen mehr als 40 an Kriegsverb­rechen beteiligt gewesen sein sollen. Die Bundesregi­erung sprach zuletzt von 68 Frauen aus Deutschlan­d und mehr als 120 Kindern.

„Die Kinder wurden an der irakisch-syrischen Grenze von Mitarbeite­rn des Generalkon­sulats Erbil in Empfang genommen und werden an die Angehörige­n übergeben“, sagte eine Sprecherin des Auswärtige­n Amtes. Von dort aus reisen die Familien nach Deutschlan­d aus. Zwei Kinder stammen von Müttern aus Baden-Württember­g, eines von einer Frau aus Hessen. Die drei Mütter starben bei Angriffen der Anti-IS-Allianz. Die Kinder würden zunächst von Jugendämte­rn betreut, erläutert ein Sprecher des Bundesinne­nministeri­ums. „Dort wird Hilfe für sie organisier­t, etwa ihre Integratio­n in die Gesellscha­ft und Unterstütz­ung bei der Bewältigun­g von Kriegstrau­mata.“Kämen sie in ihre Familien, etwa zu ihren Großeltern, achte man genau darauf, dass diese nicht islamistis­ch radikalisi­ert seien.

Es soll nicht die letzte Operation dieser Art sein. Die Bundesregi­erung arbeitet nach den Worten von Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) unter schwierige­n Bedingunge­n daran, weitere Kinder von IS-Kämpfern nach Deutschlan­d zu holen.

Bei den deutschen Sicherheit­sbehörden wächst die Sorge, dass künftig auch deutschstä­mmige IS-Kämpfer aus irakischen oder kurdischen Gefängniss­en zurückgeho­lt werden müssen. Dann drohten Sicherheit­srisiken, heißt es bei Polizei und Verfassung­sschutz. Könne man einem zurückgeho­lten IS-Mann keine Taten nachweisen, müsse man ihn laufen lassen. „Man kann aber nicht jeden auf Schritt und Tritt überwachen“, sagt ein Ermittler. Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) plädiert daher für Prozesse gegen IS-Kämpfer vor dem Internatio­nalen Gerichtsho­f in Den Haag – oder vor Gerichten im Irak.

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FOTO: DPA Außenminis­ter Heiko Maas will den Transport weiterer Kinder nach Deutschlan­d organisier­en.

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