Verwaiste Kinder deutscher IS-Kämpfer kehren zurück
Bundesregierung organisiert den ersten Transport von vier Minderjährigen – Was mit ihnen passieren soll
BERLIN - Vier Kinder werden in Kürze von Nordsyrien nach Deutschland gebracht. Sie saßen bis jetzt als Waisen oder Halbwaisen in Lagern der kurdischen Anti-IS-Front fest. Sie stammen von IS-Kämpfern ab.
Nachdem das Berliner Verwaltungsgericht im Juli geurteilt hatte, dass Angehörige deutscher Kämpfer der islamistischen Terrormiliz in ihre Heimat zurückgeholt werden müssen, hat das Auswärtige Amt nun diese erste Gruppe von Kindern in nordsyrischen Lagern in Empfang genommen. Im Nordosten Syriens sollen sich nach Angaben des Rojava Information Center (RIC) 117 Kinder mit deutscher Staatsangehörigkeit befinden. Dazu kämen 21 Kinder von Deutschen, die aber keine deutsche Staatsangehörigkeit hätten, sowie Dutzende Frauen und 66 Männer, von denen mehr als 40 an Kriegsverbrechen beteiligt gewesen sein sollen. Die Bundesregierung sprach zuletzt von 68 Frauen aus Deutschland und mehr als 120 Kindern.
„Die Kinder wurden an der irakisch-syrischen Grenze von Mitarbeitern des Generalkonsulats Erbil in Empfang genommen und werden an die Angehörigen übergeben“, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes. Von dort aus reisen die Familien nach Deutschland aus. Zwei Kinder stammen von Müttern aus Baden-Württemberg, eines von einer Frau aus Hessen. Die drei Mütter starben bei Angriffen der Anti-IS-Allianz. Die Kinder würden zunächst von Jugendämtern betreut, erläutert ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. „Dort wird Hilfe für sie organisiert, etwa ihre Integration in die Gesellschaft und Unterstützung bei der Bewältigung von Kriegstraumata.“Kämen sie in ihre Familien, etwa zu ihren Großeltern, achte man genau darauf, dass diese nicht islamistisch radikalisiert seien.
Es soll nicht die letzte Operation dieser Art sein. Die Bundesregierung arbeitet nach den Worten von Außenminister Heiko Maas (SPD) unter schwierigen Bedingungen daran, weitere Kinder von IS-Kämpfern nach Deutschland zu holen.
Bei den deutschen Sicherheitsbehörden wächst die Sorge, dass künftig auch deutschstämmige IS-Kämpfer aus irakischen oder kurdischen Gefängnissen zurückgeholt werden müssen. Dann drohten Sicherheitsrisiken, heißt es bei Polizei und Verfassungsschutz. Könne man einem zurückgeholten IS-Mann keine Taten nachweisen, müsse man ihn laufen lassen. „Man kann aber nicht jeden auf Schritt und Tritt überwachen“, sagt ein Ermittler. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) plädiert daher für Prozesse gegen IS-Kämpfer vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag – oder vor Gerichten im Irak.