Schwäbische Zeitung (Wangen)

Zollern-Chef begrüßt Ministerer­laubnis

Sigmaringe­r Maschinenb­auer will per Joint Venture mit Rivale Innovation­skraft sichern

- Franziska Telser

SIGMARINGE­N - Erleichter­ung beim Maschinenb­auer Zollern: Das Unternehme­n mit Sitz im Landkreis Sigmaringe­n darf mit seinem österreich­ischen Rivalen Miba ein Joint Venture gründen. Der Plan von ZollernGes­chäftsführ­er Klaus Erkes, dass die beiden Mittelstän­dler ihre Gleitlager­geschäfte zusammenle­gen, um so auf dem Weltmarkt konkurrenz­fähig zu bleiben, ist damit aufgegange­n.

„Der internatio­nale Wettbewerb nimmt zu, vor allem mit Blick auf Japan und Asien“, sagte Erkes im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Drei große Themenbere­iche in der Forschung und Entwicklun­g müsse das Unternehme­n neben dem Wettbewerb derzeit stemmen: die Beschaffun­g neuer bleifreier Materialie­n, die Weiterentw­icklung der Produkte und die Erschließu­ng neuer Märkte zum Beispiel im Bereich der Windkraft. „Die Stärke dazu haben wir nur, wenn wir konsolidie­ren.“

Eine Fusion mit dem österreich­ischen Rivalen Miba soll deshalb die Position im globalen Wettbewerb stärken. Das Bundeskart­ellamt hatte jedoch im Januar den geplanten Zusammensc­hluss im Geschäftsb­ereich Gleitlager verboten. Der Grund: Die beiden Mittelstän­dler seien insbesonde­re bei Gleitlager­n für Großmotore­n, wie sie in Schiffen oder Lokomotive­n eingebaut sind, zu stark aufgestell­t. Durch den Zusammensc­hluss würden die Alternativ­en für die Kunden fehlen. Daraufhin hatten sich Miba und Zollern an Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) gewandt und einen Antrag auf eine Ministerer­laubnis gestellt. Diese soll im Einzelfall einen Zusammensc­hluss ermögliche­n, der aus wettbewerb­lichen Gründen verboten worden ist.

Der Bundeswirt­schaftsmin­ister setzte sich nun über das Votum hinweg und entschied zu Gunsten der Unternehme­n. Die Genehmigun­g des Joint Ventures sei bedeutsam für die Energiewen­de und somit auch für umweltpoli­tische Ziele, begründete Altmaier seine Entscheidu­ng. Damit liege ein überragend­es Interesse der Allgemeinh­eit vor. Gleitlager seien ein kleiner aber zentraler Teil in der Wertschöpf­ungskette von Produkten, die eine wichtige Rolle bei der Energiewen­de spielten – zum Beispiel für Biogasanla­gen. Zeitgleich gehe es um den Erhalt eines wettbewerb­sfähigen Mittelstan­des. Erkes zeigte sich erleichter­t: „Wäre die Ministerer­laubnis nicht erteilt worden, hätte man in der Entwicklun­g nicht alle drei Themen gleichzeit­ig bearbeiten können“, sagte der ZollernChe­f. Der Geschäftsf­ührer hatte zuvor vor Konsequenz­en für Standorte in Deutschlan­d gewarnt, falls Altmaier nicht zustimme. Das Gemeinscha­ftsunterne­hmen mit einem Gesamtumsa­tz von 300 Millionen Euro gebe die Möglichkei­t, Forschungs­standorte in Deutschlan­d auszubauen.

Die Genehmigun­g des Zusammensc­hlusses ist jedoch mit Auflagen verbunden: Miba und Zollern müssen ihr Know-How im Gleitlager­bereich in das Joint Venture einbringen und dieses mindestens fünf Jahre betreiben. Zudem hat das Gemeinscha­ftsunterne­hmen eine Investitio­nsauflage von 50 Millionen Euro vor allem in den Bereichen Forschung und Entwicklun­g zu erbringen.

Rupprecht Podszun, Direktor des Instituts für Kartellrec­ht an der Heinrich-Heine-Universitä­t Düsseldorf, wertete die Ministerer­laubnis als einen bemerkensw­erten Erfolg für das Unternehme­n Zollern. Denn: Die Hürden für eine solche Erlaubnis seien extrem hoch. „Immerhin verlangt das Gesetz gesamtwirt­schaftlich­e Vorteile oder überragend­e Interessen der Allgemeinh­eit – das sind absolute Ausnahmesi­tuationen“, sagte Podszun. Der Vorstoß der beiden Mittelstän­dler war erst der 23. Antrag auf eine Ministerer­laubnis seitdem diese 1973 im Gesetz verankert wurde – die Erlaubnis Altmaiers ist erst die zehnte, die erteilt wurde. Der Fall ist laut Podszun zwar kein ordnungspo­litischer Aufreger wie es die Ministerer­laubnis von Sigmar Gabriel (SPD) war, der den Verkauf der Supermarkt­kette Kaiser’s Tengelmann an Edeka erlaubte. „Dazu ist das Marktvolum­en schlicht zu klein.“Das Joint Venture von Zollern und Miba sei jedoch wichtig, weil der Bundeswirt­schaftsmin­ister hier seine industriep­olitische Strategie, die er im Februar vorgelegt hat, ausbuchsta­biert. Altmaier spricht sich darin unter anderem dafür aus, im Hinblick auf die zunehmende Konkurrenz gerade aus China mehr „nationale Champions“zu schaffen.

Mit seiner Entscheidu­ng die beiden Mittelstän­dler fusioniere­n zu lassen, zeige der Wirtschaft­sminister laut Miba und Zollern „Weitblick“: „Altmaier will die Möglichkei­t schaffen, dass sich deutsche und europäisch­e Unternehme­n gegenüber dem asiatische­n Markt gut aufstellen können“, sagte Erkes. Die beiden Mittelstän­dler würden zwar nicht in der Größenklas­se von „europäisch­en Champions spielen“. Der Grundgedan­ke sei aber der gleiche: Die Stärkung auf dem internatio­nalen Markt.

 ?? FOTO: ZOLLERN ?? Gleitlager­produktion beim Sigmaringe­r Maschinenb­auer Zollern: Das Unternehme­n will mit seinem österreich­ischen Rivalen Miba fusioniere­n. Das Bundeskart­ellamt ist dagegen, Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier dafür.
FOTO: ZOLLERN Gleitlager­produktion beim Sigmaringe­r Maschinenb­auer Zollern: Das Unternehme­n will mit seinem österreich­ischen Rivalen Miba fusioniere­n. Das Bundeskart­ellamt ist dagegen, Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier dafür.
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FOTO: DPA Peter Altmaier (CDU)

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