Zollern-Chef begrüßt Ministererlaubnis
Sigmaringer Maschinenbauer will per Joint Venture mit Rivale Innovationskraft sichern
SIGMARINGEN - Erleichterung beim Maschinenbauer Zollern: Das Unternehmen mit Sitz im Landkreis Sigmaringen darf mit seinem österreichischen Rivalen Miba ein Joint Venture gründen. Der Plan von ZollernGeschäftsführer Klaus Erkes, dass die beiden Mittelständler ihre Gleitlagergeschäfte zusammenlegen, um so auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu bleiben, ist damit aufgegangen.
„Der internationale Wettbewerb nimmt zu, vor allem mit Blick auf Japan und Asien“, sagte Erkes im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Drei große Themenbereiche in der Forschung und Entwicklung müsse das Unternehmen neben dem Wettbewerb derzeit stemmen: die Beschaffung neuer bleifreier Materialien, die Weiterentwicklung der Produkte und die Erschließung neuer Märkte zum Beispiel im Bereich der Windkraft. „Die Stärke dazu haben wir nur, wenn wir konsolidieren.“
Eine Fusion mit dem österreichischen Rivalen Miba soll deshalb die Position im globalen Wettbewerb stärken. Das Bundeskartellamt hatte jedoch im Januar den geplanten Zusammenschluss im Geschäftsbereich Gleitlager verboten. Der Grund: Die beiden Mittelständler seien insbesondere bei Gleitlagern für Großmotoren, wie sie in Schiffen oder Lokomotiven eingebaut sind, zu stark aufgestellt. Durch den Zusammenschluss würden die Alternativen für die Kunden fehlen. Daraufhin hatten sich Miba und Zollern an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) gewandt und einen Antrag auf eine Ministererlaubnis gestellt. Diese soll im Einzelfall einen Zusammenschluss ermöglichen, der aus wettbewerblichen Gründen verboten worden ist.
Der Bundeswirtschaftsminister setzte sich nun über das Votum hinweg und entschied zu Gunsten der Unternehmen. Die Genehmigung des Joint Ventures sei bedeutsam für die Energiewende und somit auch für umweltpolitische Ziele, begründete Altmaier seine Entscheidung. Damit liege ein überragendes Interesse der Allgemeinheit vor. Gleitlager seien ein kleiner aber zentraler Teil in der Wertschöpfungskette von Produkten, die eine wichtige Rolle bei der Energiewende spielten – zum Beispiel für Biogasanlagen. Zeitgleich gehe es um den Erhalt eines wettbewerbsfähigen Mittelstandes. Erkes zeigte sich erleichtert: „Wäre die Ministererlaubnis nicht erteilt worden, hätte man in der Entwicklung nicht alle drei Themen gleichzeitig bearbeiten können“, sagte der ZollernChef. Der Geschäftsführer hatte zuvor vor Konsequenzen für Standorte in Deutschland gewarnt, falls Altmaier nicht zustimme. Das Gemeinschaftsunternehmen mit einem Gesamtumsatz von 300 Millionen Euro gebe die Möglichkeit, Forschungsstandorte in Deutschland auszubauen.
Die Genehmigung des Zusammenschlusses ist jedoch mit Auflagen verbunden: Miba und Zollern müssen ihr Know-How im Gleitlagerbereich in das Joint Venture einbringen und dieses mindestens fünf Jahre betreiben. Zudem hat das Gemeinschaftsunternehmen eine Investitionsauflage von 50 Millionen Euro vor allem in den Bereichen Forschung und Entwicklung zu erbringen.
Rupprecht Podszun, Direktor des Instituts für Kartellrecht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, wertete die Ministererlaubnis als einen bemerkenswerten Erfolg für das Unternehmen Zollern. Denn: Die Hürden für eine solche Erlaubnis seien extrem hoch. „Immerhin verlangt das Gesetz gesamtwirtschaftliche Vorteile oder überragende Interessen der Allgemeinheit – das sind absolute Ausnahmesituationen“, sagte Podszun. Der Vorstoß der beiden Mittelständler war erst der 23. Antrag auf eine Ministererlaubnis seitdem diese 1973 im Gesetz verankert wurde – die Erlaubnis Altmaiers ist erst die zehnte, die erteilt wurde. Der Fall ist laut Podszun zwar kein ordnungspolitischer Aufreger wie es die Ministererlaubnis von Sigmar Gabriel (SPD) war, der den Verkauf der Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann an Edeka erlaubte. „Dazu ist das Marktvolumen schlicht zu klein.“Das Joint Venture von Zollern und Miba sei jedoch wichtig, weil der Bundeswirtschaftsminister hier seine industriepolitische Strategie, die er im Februar vorgelegt hat, ausbuchstabiert. Altmaier spricht sich darin unter anderem dafür aus, im Hinblick auf die zunehmende Konkurrenz gerade aus China mehr „nationale Champions“zu schaffen.
Mit seiner Entscheidung die beiden Mittelständler fusionieren zu lassen, zeige der Wirtschaftsminister laut Miba und Zollern „Weitblick“: „Altmaier will die Möglichkeit schaffen, dass sich deutsche und europäische Unternehmen gegenüber dem asiatischen Markt gut aufstellen können“, sagte Erkes. Die beiden Mittelständler würden zwar nicht in der Größenklasse von „europäischen Champions spielen“. Der Grundgedanke sei aber der gleiche: Die Stärkung auf dem internationalen Markt.