Erwachsenwerden im Rampenlicht
Wie sich das Tourleben für Christina Stürmer mit Kind verändert hat
RAVENSBURG - Seit 15 Jahren auf der Bühne, hinter der Bühne mit Fans, im Tourbus, im Musikgeschäft. Christina Stürmer gehört mit ihren 37 Jahren zu den erfahrenen Musikerinnen der Szene. Vom Tourleben, das sich mit den Jahren schleichend wandelt und wo sich die Sängerin in den nächsten 15 Jahren sieht, hat Stürmer SZene Backstage erzählt.
Manches ändert sich, vieles bleibt gleich. Stürmer erkennt viele Parallelen zu ihrer ersten Tour 2005: „Vor dem ersten Konzert der Tour bin ich immer unsagbar nervös: Da ist mir flau im Magen, ich habe Kreislaufprobleme und ich esse kaum was. Nach dem zweiten Konzert ist der Appetit zurück.“Angefangen hat ihre Musikkarriere mit ihrer Teilnahme an der ORF-Castingshow Starmania. Sie wurde zweite, aber wohl Siegerin der Herzen. Mit 20 Jahren wurde Stürmer quasi über Nacht zum Star. Ähnlich wie später Lena Meyer Landruth war sie von einem auf den anderen Tag im Fokus der Öffentlichkeit. In recht frühen Jahren. Den Trubel hat sie ziemlich gut weggesteckt. „Die Fokussierung der Gesellschaft auf Lena war viel größer, als bei mir“, meint Stürmer und zudem sei sie einfach nur schüchtern gewesen.
Heute ist die Oberösterreicherin Mutter einer dreijährigen Tochter mit dem Namen Marina. Der Vater ist Gitarrist und Bandkollege Oliver Varga. Karriere und Familie sind eng verbunden. Auf Tour wird Marina einfach mitgenommen. „Die Familie geht bei mir vor, und der Rest muss sich danach richten“, betont Stürmer. Schon ein halbes Jahr nach der Geburt ihrer Tochter, nahm die Sängerin ihr Baby mit auf Tour. „Mein Kind ist für das Tourleben gemacht, rennt auf die Bühne und findet es wahnsinnig spannend. Für Marina ist das ein riesengroßer Abenteuerurlaub.“Wenn das Konzert startet, geht die Tochter zu Bett. Oma und Opa sind mit dabei und unterstützen die beiden Musiker.
Manchmal denkt Christl, wie sie auch genannt wird, an ihre erste Tour 2005 zurück: „Meine allererste Tour mit dem Nightliner war komplett anders als heute. Es war Party im Bus. Es war wichtig, ob ausreichend Bier und Mixgetränke im Kühlschrank vorhanden sind. Der jugendliche Leichtsinn eben.“
Heute ist das anders. „Als Mama denkt man mehr über die Welt nach. Es sind andere Dinge, die wichtig werden. Und es ist schöner so“, erzählt die Sängerin. Sie verschlafe den Tag nicht so und hänge nicht nur Backstage ab. Auch die Musik wird durch die Tochter beeinflusst. „Mit meiner Tochter höre ich viel One Republic und Ed Sheeran. Ich finde das klasse. Und so kam ich wohl vom rockigen eher ins poppige.“
Wasser statt Schnaps
Nicht alles ändert sich: Die Rituale vor den Konzerten bleiben gleich. „Wir treffen uns schon immer 20 bis 30 Minuten vor Showbeginn in der Garderobe. Da gibt es Schnaps für die Jungs und Wasser für mich“, sagt Stürmer. Auch ihre Charaktereigenschaften sind gleichbleibend. Christina Stürmer steht für Echtheit im perfekt inszenierten Musikbusiness. Die Österreicherin ist authentisch und wahrhaftig. Sie bewegt sich dabei auf emotionaler Augenhöhe zu ihren Fans und mag vor allem die Treffen mit ihnen vor der Show.
„Stark verändert hat sich das Musikbusiness und Tourleben durch die sozialen Medien“, meint Stürmer. Direkt nach dem Konzert starre sie zuallererst auf ihr Handy, um alle Kanäle zu checken. Das nimmt einen großen Anteil vom Tourleben ein. Veränderungen sind eben notwendig, um mit der Zeit zu gehen. Ohne Veränderungen wäre Christina Stürmer niemals da, wo sie heute ist. Ihre Musikkarriere hat sie auch ihrer offenen Art zu verdanken. Stürmer hat zwar schon immer in Bands gesungen und musiziert, konnte sich nie vorstellen Musikerin von Beruf zu werden. „Es war immer utopisch für mich als Sängerin mein Geld zu verdienen“, sagt Stürmer. Sie sei nie so realitätsfern gewesen, als dass sie Popstar als Berufswunsch gehabt hätte. Eigentlich war Stürmer Buchhändlerin und gerade dabei Kindergartenpädagogin zu werden. Sie versuchte ihr Glück trotzdem bei Starmania und schon hatte das Leben einen anderen Plan für die Musikerin. Und heute ist sie dankbar dafür. „Ich hoffe natürlich, auch in 15 Jahren noch auf der Bühne zu stehen und dass ich dann nicht allzu klapprig bin“, sagt Stürmer.
In ihrer Band lautet die Devise: „Immer offenbleiben. Man kann zwar immer alles planen im Leben, am Ende kommt es immer alles anders, als man denkt.“Und manchmal erfüllen sich Träume ganz unerwartet. Wie beim Duett mit Jon Bon Jovi. „Das habe ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht vorgestellt“, sagt Stürmer und fügt hinzu, „die schönsten Dinge passieren meistens dann, wenn man sie am wenigsten plant.“