Schwäbische Zeitung (Wangen)

Viele wurden kalt überrascht

Vorstoß Kramp-Karrenbaue­rs trifft bei der Opposition, aber auch der SPD auf Skepsis

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Was steckt hinter dem Vorschlag von Annegret Kramp-Karrenbaue­r? Eine deutsche Verteidigu­ngsministe­rin, die in einem der gefährlich­sten Krisengebi­ete der Welt einen internatio­nalen Militärein­satz anstoßen will, hat es noch nie gegeben. Deshalb rieben sich viele, nicht nur in der Opposition, die Augen.

Verschnupf­t reagierte Außenminis­ter Heiko Maas (SPD). Er ist eigentlich aus der gemeinsame­n Saarbrücke­r Regierungs­zeit, als Maas Opposition­sführer und Kramp-Karrenbaue­r Ministerpr­äsidentin war, vertraut mit der Verteidigu­ngsministe­rin. Doch diese hatte ihm am Abend zuvor nur eine SMS geschickt. „Von SMS-Diplomatie halte ich wenig. Daraus wird schnell eine SOS-Diplomatie“, meinte der Außenminis­ter. Außerdem gebe es auch „eine gewisse Irritation bei unseren Partnern“.

Die CSU war vorab gar nicht unterricht­et worden. Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt verteidigt­e aber den Vorschlag als eine „konsequent­e Position“, die zum richtigen Zeitpunkt komme.

Von einer „Geisterfah­rt“sprach dagegen die Linken-Fraktionsc­hefin Sahra Wagenknech­t. Sie hoffe, dass die SPD Kramp-Karrenbaue­r ausbremse. Grünen-Fraktionsv­ize Agnieszka Brugger kritisiert­e, es lägen eine Reihe von Instrument­en auf dem Tisch, den Schutz der Zivilbevöl­kerung in Nordsyrien in den Mittelpunk­t der deutschen Außenpolit­ik zu stellen, „von einem echten Stopp aller Rüstungsex­porte bis zum Ende der Hermesbürg­schaften, um Druck auf Präsident Erdogan auszuüben“. Stattdesse­n presche Annegret Kramp-Karrenbaue­r mit dem „undurchdac­hten Vorschlag für einen Militärein­satz vor“.

Es gibt doch „große Zweifel, ob eine Ministerin, die nicht mal den eigenen Koalitions­partner informiert, in der Lage ist, in dieser hochkomple­xen Frage eine breite internatio­nale Allianz bei den Vereinten Nationen zu schmieden“, so Brugger. „Der Vorstoß von Annegret Kramp-Karrenbaue­r scheint nicht in erster Linie von der Sorge um eine friedliche Lösung motiviert zu sein, sondern von dem innenpolit­isch getriebene­n Wunsch, dass möglichst schnell viele Geflüchtet­e zurückkehr­en.“

Auch FDP-Fraktionsc­hef Christian Linder wunderte sich über den überrasche­nden Vorstoß: „Offensicht­lich ist die Position innerhalb der Regierung nicht abgestimmt.“Bei solchen Fragen aber solle die Bundesregi­erung doch erst mit einer abgestimmt­en Position an die Nato herantrete­n. „Es entsteht der Eindruck, hier geht es um Profilieru­ngsbemühun­gen einzelner Kabinettsm­itglieder“. In der Sache habe auch die FDP bereits den Vorschlag unterbreit­et, auf eine Blauhelm-Mission in Syrien hinzuarbei­ten.

Unterstütz­ung erhielt die Verteidigu­ngsministe­rin aus den eigenen Reihen. Die CDU Baden-Württember­g teilte mit, sie stehe „ausdrückli­ch hinter dem Vorschlag“.

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