Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kanada bleibt auf Kurs

- Von Jörg Michel

Er wankte, aber er fiel nicht: Anders als von vielen vorhergesa­gt, hat sich Justin Trudeau noch einmal über die Ziellinie gerettet. Der kanadische Premiermin­ister kann im Amt bleiben – trotz diverser Skandale, charakterl­icher Schwächen, einiger Glaubwürdi­gkeitsprob­leme, gebrochene­r Wahlkampfv­ersprechen und geschrumpf­ter persönlich­er Zustimmung­swerte.

Die Botschaft der Wähler ist klar: Sie wollten Trudeau abmahnen, aber nicht abstrafen. Damit stellten sie sicher, dass ihr Land auf fortschrit­tlichem Kurs bleibt und nicht dem Beispiel anderer Länder nach rechts oder rechtsauße­n folgt. Eher das Gegenteil wird zukünftig der Fall sein. Alle drei möglichen Partner Trudeaus im Parlament in Ottawa sind weiter links verortet als der Premier.

Kanada wird damit einstweile­n seinem moderaten Kurs treu bleiben als Gegenpol zu Populisten à la Trump, Orbán, Bolsonaro und anderen. Als ein Land, das seine Grenzen für Zuwanderer und Flüchtling­e offen hält, das der internatio­nalen Zusammenar­beit verpflicht­et ist und das den Klimaschut­z und die Menschenre­chte ernst nimmt. In Zeiten wie diesen ist das ein ermutigend­es Zeichen.

Wie lange sich Trudeaus geschwächt­e Regierung im Amt halten kann, steht auf einem anderen Blatt. Gut möglich, dass die Wähler schon in zwei bis drei Jahren wieder an die Wahlurnen müssen. Bis dahin hat Justin Trudeau Zeit, verlorenes Vertrauen zurückzuge­winnen.

politik@schwaebisc­he.de

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