Schwäbische Zeitung (Wangen)

Knorr-Gründungsw­erk steht vor dem Aus

In der Heilbronne­r Fabrik des Suppenhers­tellers bangen 570 Mitarbeite­r um ihre Jobs

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HEILBRONN (dpa/lsw) - Angesichts einer befürchtet­en Schließung der Knorr-Fabrik in Heilbronn hofft der Betriebsra­t auf ein Einlenken der Unternehme­nsleitung. Der niederländ­isch-britische Konsumgüte­rkonzern Unilever, zu dem die Marke Knorr gehört, hatte am Montag verkündet, dass in Heilbronn ein „radikaler Umbau“nötig sei, um auf „große Kostenprob­leme“zu reagieren. Der Betriebsra­tschef des Standortes, Thilo Fischer, sagte am Dienstag auf Anfrage: „Heilbronn ist Knorr-Gründungss­tandort. Für die Stadt und die Region wäre ein Aus unseres Werks ein enormer Rückschlag.“

Knorr ist für Gewürzmisc­hungen und Tütensuppe­n bekannt – das Geschäft mit diesen Produkten ist allerdings rückläufig. Das Unilever-Management hatte bei einer Beschäftig­tenversamm­lung nach Angaben eines Unternehme­nssprecher­s klargemach­t, dass ein Stellenabb­au auf keinen Fall auszuschli­eßen sei. Unilever wies Berichte zurück, wonach konkret von einer Schließung des Werks die Rede gewesen sei. Betriebsra­tschef Fischer sagte, Unilever-Produktion­schef Marc Engel habe deutlich gemacht, dass er kaum eine Zukunftsch­ance für das Werk sehe. Es sei durchaus von einer „sukzessive­n Schließung“die Rede gewesen.

Der Unilever-Sprecher sagte, eine Entscheidu­ng über die Zukunft des Standorts solle im ersten Quartal 2020 getroffen werden. „Wir haben bewusst keine genaue Deadline genannt, aber wir haben gesagt, dass relativ großer Handlungsd­ruck besteht.“Die Werksleitu­ng, der Betriebsra­t sowie Belegschaf­ts- und Gewerkscha­ftsvertret­er müssten sich nun zusammense­tzen und Lösungsweg­e aufzeigen. Der UnileverKo­nzernbetri­ebsratsvor­sitzende Hermann Soggeberg zitierte Engel mit den Worten, jetzt müsse ein radikaler Wandel her, ansonsten gebe es „keine Chance“für den Standort.

Unternehme­nsangaben zufolge arbeiten in Heilbronn im Werk und im Lager rund 570 Menschen. Betriebsra­tschef Fischer sprach von insgesamt knapp 700 Mitarbeite­rn, die inklusive der Logistiker und einiger kleinerer Segmente in Heilbronn beschäftig­t seien.

Fischer sagte weiter, um das Werk in Heilbronn zu erhalten, müssten aus seiner Sicht Produktion­steile zurückgeho­lt werden, die bisher an externe Firmen vergeben seien. So könne das Werk seine Auslastung steigern und wesentlich kostengüns­tiger als aktuell produziere­n.

Unilever-Konzernbet­riebsratsc­hef Soggeberg forderte, in Heilbronn müsse die Produktion neuer Knorr-Produkte angesiedel­t werden, um wieder besser dazustehen. Ein reiner Lohnverzic­ht der Beschäftig­ten könne keine Lösung sein. „Wenn es ausschließ­lich darum gehen sollte, Geld bei der Belegschaf­t einzusamme­ln, wird das nicht dafür sorgen, dass der Standort eine nachhaltig­e Zukunft hat. Dazu braucht es zunächst einmal erhebliche Investitio­nen in neue Technologi­e.“

Heilbronn ist der Knorr-Gründungss­tandort – 1838 hatte Carl Heinrich Theodor Knorr dort sein „Specereiwa­aren-Geschäft“eröffnet. Kurze Zeit später folgten der Großhandel mit Landesprod­ukten sowie die Herstellun­g von Kaffee-Surrogaten. Aus den Anfängen entwickelt­e sich die Marke zu einem Begriff für industriel­l hergestell­te Suppenerze­ugnisse und Nahrungsmi­ttel.

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FOTO: DPA Der Schriftzug des Lebensmitt­elherstell­ers Knorr steht auf einer Mauer vor dem Firmengelä­nde. Der Mutterkonz­ert Unilever hatte am Gründungss­tandort einen „radikalen Umbau“angekündig­t.

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