Im Notfall bewähren sich frühzeitige Vollmachten
Mit einer Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung oder Patientenverfügung lassen sich Vertrauenspersonen bestimmen
Der Gedanke an mögliche Unfälle oder plötzliche Erkrankungen oder gar die Pflegebedürftigkeit ist unangenehm. Diese Möglichkeiten ziehen die wenigsten Menschen in ihrer Planung in Betracht. Doch das kann sich als fatale Nachlässigkeit erweisen. Wenn wirklich etwas passiert, und jemand kann von einer Sekunde auf die andere nicht mehr selbst für sich entscheiden, wird es rechtlich kompliziert. Deshalb gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich rechtzeitig – auch in jüngeren Jahren – für diesen Fall zu wappnen.
Die Vorsorgevollmacht
Viele Menschen gehen davon aus, dass im Notfall die engsten Angehörigen, die Ehefrau, der Ehemann oder die Kinder entscheiden dürfen, wenn man selbst nicht mehr dazu in der Lage sein sollte. Doch das ist ein Irrtum. „Ehepartner und Kinder sind keine gesetzlichen Vertreter“, warnt die Expertin des Verbraucherportals Finanztip, Britta Beate Schön. Die Angehörigen können und werden von den Gerichten zwar in der Regel dazu befugt. Doch der Umweg über Behörden lässt sich mit einer Vorsorgevollmacht vermeiden.
Das Fachwort dafür ist die Bevollmächtigung. Nur Bevollmächtigte dürfen anstehende Angelegenheiten rechtsverbindlich erledigen. Dazu gehören in erster Linie die gesundheitlichen oder pflegerischen sowie die vermögensrechtlichen Belange des Gebers der Vollmacht. Ohne diese schriftliche Erlaubnis, im Namen eines anderen zu handeln, wird es kompliziert. Dann setzt das Amtsgericht einen Betreuer ein. Das sind in der Regel Angehörige. „Aber ein gerichtliches Verfahren mit Anhörung und ärztlichem oder psychiatrischem Gutachten bedeutet es allemal“, erläutert die Finanztip-Expertin.
Die Palette der infrage kommenden Entscheidungen ist groß: Bankgeschäfte, Behördenund Versicherungsangelegenheiten, alles rund um die Wohnung oder das Eigenheim und Fragen der medizinischen oder pflegerischen Versorgung. Wer derlei Befugnisse in andere Hände gibt, braucht dazu auch das Vertrauen in die Bevollmächtigten. Denn die Vorsorgevollmacht gilt ab dem Moment, in dem sie erteilt wird. Niemand prüft, ob der Vollmachtgeber auch tatsächlich nicht mehr entscheidungsfähig ist. Eine amtliche Kontrolle gibt es nicht.
Die Gefahr eines Missbrauchs lässt sich minimieren. So können mehrere Personen als Bevollmächtigte eingesetzt werden. In der Vollmacht lässt sich festlegen, dass die Bevollmächtigen nur gemeinsam entscheiden dürfen. Für viele kleinere Aufgaben des Alltags ist dies recht umständlich. Da hilft es, diese Gemeinsamkeit nur für die besonders wichtigen Dinge, etwa die Auswahl eines Pflegeheims, vorzuschreiben. Finanztip rät dazu, mehrere Personen zu benennen, deren Stärken auf unterschiedlichen Gebieten liegen. Manche kennen sich gut in finanziellen Fragen aus, andere haben ein gutes Gespür für das Wohlbefinden von anderen.
Bei einer Generalvollmacht darf der Bevollmächtigte alles entscheiden, bei einer Einschränkung nur in den festgelegten Bereichen. Ein möglicher Missbrauch lässt sich zum Beispiel dadurch verhindern, dass den Bevollmächtigen Schenkungen verboten werden. Ratsam ist es auch, eine gesonderte Bankvollmacht auszustellen. Eine Vorsorgevollmacht muss in jedem Fall schriftlich mit Ort, Datum und eigenhändiger Unterschrift versehen sein. Prinzipiell ist eine formlose, individuelle Abfassung möglich; man sollte sich jedoch sorgfältig überlegen, welche Themen in der Vollmacht behandelt werden müssen. Helfen könnte dabei ein Vordruck – zum Beispiel des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz –, in dem nur die relevanten Bereiche ausgefüllt werden.
Die notarielle Beglaubigung der Vollmacht ist nicht notwendig – obgleich zur Überprüfung von Inhalt und Formulierungen sinnvoll. Zwingend ist sie, wenn auch Immobiliengeschäfte getätigt werden sollen. Damit im Notfall sofort festgestellt werden kann, dass eine Vollmacht existiert, ist eine Anmeldung beim Zentralen Vorsorgeregister ratsam.
Die Betreuungsverfügung
Gibt es keine nahen Angehörigen, denen das volle Vertrauen gilt, kommen entferntere Verwandte oder Freunde für die Aufgabe in Betracht, die Interessen der von einem Notfall Betroffenen zu wahren. Mit einer Betreuungsverfügung können die Betroffenen für eine Kontrolle der Bevollmächtigen sorgen. Ist auf niemanden eine Vorsorgevollmacht ausgestellt, bestellt das Amtsgericht einen Betreuer.
Die mit einer Bestellung durch das Gericht gewährten Entscheidungsrechte sind weitgehend mit denen einer Vorsorgevollmacht identisch. Ein wichtiger Unterschied besteht darin, dass der Betreuer erst mit einer gerichtlichen Bestellung tätig werden kann. Und das Gericht kontrolliert, ob auch tatsächlich im Interesse des Kranken gehandelt wird. Für die Bestellung berechnet das Amtsgericht Gebühren, in der Regel zwischen 200 Euro und 300 Euro. Ein Musterformular für die Betreuungsverfügung stellt das Bundesjustizministerium im Internet bereit.
Die Patientenverfügung
Zwar beinhaltet die Vorsorgevollmacht auch Entscheidungen zu gesundheitlichen Fragen. Besser ist es jedoch, eine Patientenverfügung aufzusetzen, in der man festlegt, wie Ärzte im Notfall vorgehen sollen. Gewünschte und nicht gewünschte Behandlungen sollten genau schriftlich festgehalten werden, rät die Stiftung Warentest: „Anhand des schriftlich festgelegten Willens in der Patientenverfügung entscheiden Ärzte schließlich unter Umständen über Leben oder Tod“, so die Verbraucherschützer.
Die Patientenverfügung muss schriftlich abgefasst sein, Ort und Datum beinhalten und handschriftlich unterschrieben werden. Am besten ist es, sie an einem Ort aufzubewahren, wo sie leicht auffindbar ist. Diese Verfügung hilft nicht nur dem Patienten. Auch die Angehörigen werden entlastet, weil ihnen damit eine schwere Entscheidung abgenommen wird. Die Vorsorgemappe der „Schwäbischen Zeitung“beantwortet wichtige Fragen unter anderem zu Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung oder Patientenverfügung. Zudem finden sich darin Musterformulare. Sie kostet 16,90 Euro (Abonnenten 14,90 Euro) und ist in den Geschäftsstellen der „Schwäbischen Zeitung“erhältlich.