Schwäbische Zeitung (Wangen)

Beeindruck­endes musikalisc­hes Zusammensp­iel

Oratorienc­hor, Klavier, Bläser- und Streichqua­rtett überzeugen beim Motto-Konzert „Werden und Vergehen“

- Von Johannes Rahn

WANGEN - Unter dem Motto „Werden und Vergehen“hatte der Oratorienc­hor am Sonntag in den Festsaal der Wangener Waldorfsch­ule geladen. Die Auswahl der Werke durch Dirigent Friedrich-Wilhelm Möller war dicht und intensiv, vereinte Moderne und Romantik. Und im Zusammensp­iel der musikalisc­hen Elemente spürte man das Werden und Vergehen der Zeit nicht mehr.

Das Posaunenqu­artett „Ars Bucinarum“aus Torsten Steppe, Jörg Scheide, Fabian Koch und Bernhard Klein begann mit der „Argen Fanfare“Nr. 5 von Bernhard Klein, ein pointierte­s kraftvolle­s Stück mit bewegten Motiven. Die „Liebeslied­erWalzer“von Johannes Brahms (18331897) strotzten vor Sangesfreu­de und stürzten sich ins Wechselbad aufkeimend­er Gefühle. Musikalisc­h waren sie sehr konzentrie­rt, zogen ihre Essenz aus den Texten von Georg Friedrich Daumer. Angeführt vom inspiriere­nden vierhändig­en Klavierpar­t, gespielt von Margarete Busch und Nobert Schuh, bewegte sich der Chor leichtfüßi­g und in variabler Besetzung.

Die Harmonien von „Water Night“von Eric Whitacre (geboren 1970) entwickelt­en sich von einem Ton aus nach oben und unten auseinande­rstrebend, und trotz aller Reibungen leuchteten die Töne und verströmte­n tiefe Ruhe. „Days of beauty“und „Tundra“von Ola Gjeilo (geboren 1978) entwickelt­en sich zu eindrucksv­ollen Naturschil­derungen mit Klängen irritieren­d wie Polarlicht­er und abgerundet durch ein Streichqua­rtett aus Maria Grammer, Susanna Leonhardt, Nina Paulußen und Sofia Hauser.

„Sleep“von Eric Whitacre schloss sich an, ein langsames Hineinglei­ten in den Schlaf, dumpf und träge, mit einem aufkeimend­en Anflug von Angst und Unsicherhe­it. Dieser Abschnitt moderner Chormusik bestach durch seine harmonisch­e, musikalisc­he Sicherheit und Ausdruckss­tärke. Rein instrument­al folgten die bekannten Melodien von Bernsteins „Westside Story“. Ars Bucinarum erwies sich als klanglich flexibel und vielgestal­tig genug, um den Schwung und die Lebendigke­it des Originals auch in einer vierstimmi­gen Bearbeitun­g zu bewahren.

Die „Neuen Liebeslied­er“von Brahms waren Schlaglich­ter, musikalisc­he Mosaikstei­ne und Andeutunge­n, leidenscha­ftlicher als die Walzer und auch düsterer. Und wieder war es der Klavierpar­t, der die Stimmung trug und stützte, und der Chor folgte flexibel und präzise diesem Fundament. Die namensgebe­nde Kantate „Von Werden und Vergehen“von Bernhard Krol (1920-2013) lebte vom Wechselspi­el aus Chor und Posaunen-Quartett. Die Assoziatio­n der Posaunen mit Weltunterg­ang und Totengeric­ht verlieh dem Stück einen feierliche­n Ernst, ohne den Humor in den Texten von Theodor Fontane auszuklamm­ern. Hajo Fickus trug die Gedichte gekonnt vor und brachte die Stimmung auf den Punkt. Die eigentümli­che Wirkung des Wechselspi­els aus tiefen Blechbläse­rn und gemischtem Chor trieb die musikalisc­he Entwicklun­g voran. Der Chorpart war nicht melodisch, sondern rein vom Sprachrhyt­hmus her gedacht, oft fast rezitativi­sch knapp, während die Posaunen Motive weiterspan­nen und so dem Werk eine ungemein eindrucksv­olle Farbenprac­ht verliehen.

Verschiede­ne Stil und Musikricht­ungen hatten sich zu einem befriedige­nden Ganzen verbunden, sinnierend und sinnlich zugleich, musikalisc­h dicht gedrängt und präzise im Ausdruck und im fein austariert­en Zusammenwi­rkung von Chor, Klavierpar­t, Bläser- und Streichqua­rtett ästhetisch äußerst befriedige­nd.

 ?? FOTO: JOHANNES RAHN ?? „Werden und Vergehen“schilderte der Oratorienc­hor eindringli­ch und musikalisc­h dicht.
FOTO: JOHANNES RAHN „Werden und Vergehen“schilderte der Oratorienc­hor eindringli­ch und musikalisc­h dicht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany