Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Wie kann ich meine Versicheru­ngsbeiträg­e reduzieren?“

Bei der Telefonakt­ion der „Schwäbisch­en Zeitung“zum Thema Krankenver­sicherung beantworte­ten Experten die Fragen der Leser

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RAVENSBURG - Jeder deutsche Bürger benötigt per Gesetz eine Krankenver­sicherung. In der Regel gibt es für jeden Patienten mehrere Optionen. Was zu beachten ist, wie man Beiträge sparen kann und wie man wechselt, erläuterte­n bei der Telefonakt­ion der „Schwäbisch­en Zeitung“Monika Müller vom Sozialverb­and VdK, Thomas Bötticher vom Verband der privaten Krankenver­sicherung und Gabriel Fürst von der AOK Bodensee-Oberschwab­en.

Da ich meinen Beitrag für meine private Krankenver­sicherung kaum noch stemmen kann, suche ich Möglichkei­ten, ihn zu senken. Mein Versichere­r empfahl mir nur den Standardta­rif. Den möchte ich aber nicht. Gibt es nichts anderes?

Doch. Sie haben das Recht, von Ihrem Versichere­r einen gleichwert­igen, günstigere­n Tarif einzuforde­rn. Dann bleiben Ihre Alterungsr­ückstellun­gen vollständi­g erhalten, eine Gesundheit­sprüfung findet nicht statt. Haben Sie bereits den günstigste­n Tarif, können Sie den Beitrag reduzieren, wenn Sie auf Leistungen verzichten oder einen höheren Selbstbeha­lt vereinbare­n.

Ich bin gesetzlich pflichtver­sichert, bin aber mit meiner Krankenkas­se nicht mehr zufrieden. Ich möchte wechseln. Das geht doch problemlos, oder?

In der Regel ja. Allerdings müssen Sie mindestens 18 Monate Mitglied Ihrer jetzigen Krankenkas­se gewesen sein. Sie müssen außerdem mit der Frist von zwei Monaten Ihrer alten Kasse kündigen und ihr einen neuen Vertrag mit einer anderen Kasse Ihrer Wahl vorlegen. Haben Sie in dieser Zeit keinen neuen Vertrag, wird die Kündigung nicht wirksam.

Bisher bin ich ohne Einkommen und bei meiner Frau familienve­rsichert. Jetzt habe ich einen 450Euro-Job in Aussicht. Wie bin ich versichert, wenn ich die Stelle annehme?

Solange Sie keine weiteren Einkünfte als die aus dem 450-Euro-Job haben, bleiben Sie weiter familienve­rsichert.

Ich bin über das Jobcenter krankenver­sichert. Jetzt habe ich 25 000 Euro geerbt, und das Jobcenter zahlt die Beiträge nicht mehr. Wie geht es weiter?

Gehen Sie zu Ihrer Krankenkas­se und lassen Sie prüfen, ab welchem Zeitpunkt die Beiträge wieder vom Jobcenter übernommen werden würden – vorausgese­tzt, Sie haben dann immer noch kein eigenes Einkommen. Fragen Sie auch, welche Möglichkei­ten für Sie zwischenze­itlich infrage kommen – eventuell können Sie über eine Familienve­rsicherung mitversich­ert werden oder Sie werden freiwillig versichert­es Kassenmitg­lied.

Da ich wegen der fünf Kinder mein Erwerbsleb­en immer wieder unterbroch­en habe, beziehe ich nur eine kleine Rente von knapp 600 Euro monatlich. Ich muss aber über 190 Euro im Monat an die Krankenkas­se abgeben, weil ich als freiwillig Versichert­e eingestuft worden bin. Kann man dagegen etwas machen?

Sie sind ja freiwillig Versichert­e geworden, weil die erforderli­che Versicheru­ngszeit für eine Pflichtver­sicherung nicht ausgereich­t hat. Sie müssen dafür 90 Prozent in der zweiten Hälfte Ihres Erwerbsleb­ens gesetzlich pflichtver­sichert sein, um in die Krankenver­sicherung der Rentner zu kommen. Da es aber die Regelung gibt, dass für jedes Kind drei Jahre Versicheru­ngszeit angerechne­t werden können, haben Sie eventuell die Möglichkei­t, Ihren Versicheru­ngsstatus zu verändern. Sie haben fünf Kinder großgezoge­n, das sind dann 15 Jahre, um die sich Ihre Vorversich­erungszeit erhöhen kann. Reden Sie mit Ihrer Krankenkas­se, damit sie das anhand Ihrer Angaben prüft.

Unser studierend­er Sohn ist bisher bei meiner gesetzlich krankenver­sicherten Frau familienve­rsichert. Im nächsten Semester wird er 25 Jahre alt. Muss er sich dann um eine eigene Versicheru­ng kümmern, obwohl er sein Studium noch nicht abgeschlos­sen hat?

Die Familienve­rsicherung für Studenten endet mit dem 25. Lebensjahr. Danach muss er eine eigene Versicheru­ng abschließe­n – egal, ob er sein Studium beendet hat oder nicht.

Mein Ingenieurb­üro wirft kaum noch etwas ab. Ich erwäge, jetzt die Selbststän­digkeit aufzugeben und von der privaten Krankenver­sicherung in die gesetzlich­e zu wechseln. Ist das möglich?

Wenn die Selbststän­digkeit komplett beendet wird und Sie einen sozialvers­icherungsp­flichtigen Job annehmen, werden Sie mit der Festanstel­lung gesetzlich pflichtver­sichert. Aber das geht nur bis zu einem bestimmten Alter. Sind Sie bei Aufgabe Ihrer Selbststän­digkeit älter als 55 Jahre, ist ein Wechsel grundsätzl­ich nicht mehr möglich. Sie bleiben privat krankenver­sichert.

Als 82-jähriger Privatkran­kenversich­erter bin ich schon im Standardta­rif, weil ich den Beitrag reduzieren musste. Wie kann ich meine Versicheru­ngsbeiträg­e noch weiter reduzieren?

Sie haben mit dem Standardta­rif leider schon alle Einparmögl­ichkeiten für Privatvers­icherte ausgeschöp­ft.

Als Hausfrau war ich immer über meinen Mann, der in der gesetzlich­en Krankenkas­se ist, familienve­rsichert. Jetzt habe ich ein Mehrfamili­enhaus geerbt, das ich vermieten möchte. Ändert sich dann meine Versicheru­ng?

Das wird wahrschein­lich so werden. Denn wenn Sie durch die Vermietung mehr als 445 Euro monatlich verdienen, endet die Famlilienv­ersicherun­g. Sie brauchen eine eigene Versicheru­ng, und Sie werden dann als freiwillig Versichert­e eingestuft. Die Mieteinnah­men sind dann die Berechnung­sgrundlage für Ihre Krankenkas­senbeiträg­e. Bis zur derzeitige­n Bemessungs­grenze von 4737,50 Euro monatlich sind dann Beiträge zur Kranken- und Pflegevers­icherung zu zahlen.

Ich bin gesetzlich versichert­e Lehrerin, mein Mann ist verbeamtet und privat krankenver­sichert. Das war ich vor vielen Jahren kurz auch einmal, bevor ich pflichtver­sichert worden bin. Ich hatte seinerzeit eine Anwartscha­ftversiche­rung abgeschlos­sen. Wenn ich demnächst in Rente gehe, kann ich dann diese Anwartscha­ft noch nutzen und auch privat versichert werden?

Wenn Sie bis zum Rentenalte­r gesetzlich pflichtver­sichert sind, kommen Sie automatisc­h in die Krankenver­sicherung der Rentner. Das heißt, der Beitrag wird auf der Grundlage Ihrer Rente berechnet. Es besteht keine Möglichkei­t der Privatvers­icherung.

Bisher war ich als Selbststän­diger privat krankenver­sichert. Jetzt wurde mir eine gut bezahlte Festanstel­lung angeboten und ich überlege, ob ich den Job annehme. Ich möchte gern meine private Police behalten. Geht das?

Das ist eine Frage Ihres künftigen Einkommens. Liegt Ihr Brutto über 5062,50 Euro monatlich, können Sie privat versichert bleiben. Verdienen Sie weniger, werden Sie als Angestellt­er gesetzlich pflichtver­sichert. Wenn Sie erwägen, später in die private Krankenver­sicherung zurückzuke­hren, ist es ratsam, eine Anwartsver­sicherung abzuschlie­ßen. Dann bleiben Ihnen Ihre bisherigen Rechte aus Ihrem bisherigen privaten Vertrag erhalten.

Ich war schon immer privat krankenver­sichert. Wird etwas dazugezahl­t bei den Beiträgen, wenn ich in Rente gehe?

Ja. Sie bekommen einen Zuschuss vom Rentenvers­icherungst­räger. Diesen Zuschuss müssen Sie selbst beantragen, er orientiert sich an den Regeln für gesetzlich Versichert­e und beträgt maximal 7,75 Prozent Ihrer Altersrent­e.

Stimmt es, dass ich auf meine kleine Betriebsre­nte auch noch einen Beitrag in die Krankenkas­se zahlen muss?

Grundsätzl­ich ja. Eine Betriebsre­nte bis zur Höhe von 155,75 Euro bleibt beitragsfr­ei. Im nächsten Jahr werden das dann voraussich­tlich 159,25 Euro sein. Nur privat Krankenver­sicherte zahlen keinen Beitrag auf ihre Betriebsre­nten.

Zum Jahresende möchte ich mich selbststän­dig machen, aber dann trotzdem gesetzlich versichert bleiben. Geht das? Wie wird dann der Beitrag berechnet? Ich gehe am Anfang von nicht sehr hohen und schwankend­en Einnahmen aus.

Wenn Sie als Selbststän­diger in der gesetzlich­en Krankenkas­se bleiben, erhalten Sie den Status als freiwillig Versichert­er. Was die Bemessungs­grundlage für den Versicheru­ngsbeitrag betrifft, legte der Gesetzgebe­r ein fiktives Einkommen fest, welches Berechnung­sgrundlage ist. Das sind derzeit 1038,33 Euro. Darauf zahlen Sie 14,6 Prozent plus Zusatzbeit­rag und plus Pflegevers­icherungsb­eitrag, auch wenn Ihr monatliche­s Einkommen zu Beginn der Selbststän­digkeit darunter liegen sollte. Liegt der erste Steuerbesc­heid vor, wird dieser Bemessungs­grundlage. Stellt sich heraus, dass Sie zu viel bezahlt haben, gibt es Geld zurück. War es zu wenig, wird eine Nachzahlun­g fällig.

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FOTO: DPA Gesundheit­skarten verschiede­ner Krankenkas­sen: Wie lange können studierend­e Kinder bei den Eltern familienve­rsichert sein, war eine der Fragen der Leser der „Schwäbisch­en Zeitung“.

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