Schwäbische Zeitung (Wangen)

Bahnfahrer kommen bald bequemer zu spät

Die ICE erhalten komfortabl­ere Sitze, Bahnhofsan­sagen eine neue Stimme – Auch der Service in den Reisezentr­en verbessert sich

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN - Leder statt Kunststoff im Nacken und tiefere Sitzfläche­n: Die Deutsche Bahn tauscht die für die meisten Fahrgäste unbequemen Sitze in den Zügen des ICE 3 und ICE 4 nach und nach aus. An ihre Stelle rücken weicher gepolstert­e Schalen mit angenehmer­en Kopfstütze­n, die in der ersten Klasse in Leder gehüllt sind. Die Sitze lassen sich auch weiter ausziehen als bisher. Ein Jahr lang haben die Fachleute der Bahn am Design getüftelt. Zum verdeckten Test wurden sie schon in Zügen erprobt und von 5800 Kunden bewertet. Nun beginnt die Umrüstung der rund 60 000 Plätze.

Mit einer Reihe weiterer Neuerungen, vor allem digitalen Angeboten, will die Bahn einen besseren Service bieten. Dazu gehört auch die Verständli­chkeit der Ansagen am Bahnhof. Vom kommenden Jahr an werden die Fahrgäste dort durch die Stimme des Profi-Sprechers Heiko

Grauel auf dem Laufenden gehalten. In 14-tägiger Studioarbe­it hat er 14 000 beliebige Alltagssät­ze im Studio aufgenomme­n. Für die Tontechnik ist der Inhalt nicht entscheide­nd. „Da das System Silben und Laute zusammense­tzt, kann daraus jeder Satz gebildet werden“, erläutert Grauel. Egal, welche Ansage per Tastatur eingegeben wird, die Software bildet daraus einen fließend gesprochen­en Satz des Sprechers. Die Wahl fiel auf ihn, nachdem die Stimmen von je drei Frauen und Männern vor den Hintergrun­dgeräusche­n eines laufenden Bahnhofsbe­triebs auf ihre Verständli­chkeit hin erprobt wurden.

Das Unternehme­n gewährte nun auch einen Einblick in neue Dienste, die das Reisen in den nächsten Monaten erleichter­n sollen. Ein Baustein ist der Umbau der Reisezentr­en in den Bahnhöfen. Als Pilotproje­kt dient derzeit der Leipziger Hauptbahnh­of. Ein Teil der Berater im Reisezentr­um ist nicht mehr an einen Platz hinter dem Tresen gebunden, sondern läuft herum und fragt die Fahrgäste nach ihren Wünschen. Alle kleineren Anliegen bis hin zum einfachen Fahrkarten­kauf können auf diese Weise erledigt werden. Umfänglich­ere Auskünfte gibt es weiterhin vom stationäre­n Personal im hinteren Teil des Raums. Außerdem steht für Auskünfte oder auch den Ausdruck einer Verspätung­sbestätigu­ng oder des Formulars für Erstattung­sansprüche ein Computer mit Touchscree­n bereit. Eine automatisc­he Erstattung bleibt aber noch Zukunftsmu­sik.

Mit digitalen Navigation­sdiensten per App will die Bahn nach und nach die gesamte Mobilitäts­kette abbilden. Ein Beispiel dafür liefert nun die S-Bahn in Stuttgart. In der Landeshaup­tstadt Baden-Württember­gs wird eine App getestet, die den Kunden alle möglichen Verkehrsmi­ttel zu ihrem Ziel anbietet. „Wir haben alle relevanten Sharing-Unternehme­n an Bord“, sagt S-Bahn-Chef Dirk Rothenstei­n. Per Touchscree­n können die Reisenden E-Scooter, Fahrräder oder Autos buchen und vom Bahnhof aus nutzen.

Das Parkproble­m rund um die Stationen will das Start-up Aipark für die Bahn lösen. Das Unternehme­n weist Autofahrer zu Plätzen, an denen sich mit hoher Wahrschein­lichkeit eine freie Lücke für Pendler findet. Die Trefferquo­te liegt nach Angaben von Aipark-Chef Johannes Riedel bei fast 90 Prozent.

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FOTO: DPA Neu gestaltete Sitze des ICE mit integriert­er Reservieru­ngsanzeige: Die Sitze werden von März 2020 an in den ICE 4 Zügen verbaut.

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