Eine ganz normale Horrorfamilie
Neustart der Addams-Sippe als Animationsabenteuer
Die Addams-Family ist nicht totzukriegen: Was 1938 als Cartoon-Reihe im Magazin „The New Yorker“begann, entwickelt sich über die Jahrzehnte zu einer erfolgreichen Marke mit mehreren Fernsehserien, Kinofilmen und sogar einem eigenen Flipperautomaten – dem meistverkauften aller Zeiten. Auf der großen Leinwand hatte sich die gruselige Sippe zuletzt allerdings rar gemacht; ein langes geplantes Filmprojekt mit Tim Burton wurde im Jahr 2013 abgesagt. Kurz darauf wurde entschieden, die Geschichte der Familie nun als Animationsabenteuer zu erzählen – sicher auch, um eine neue Generation an Zuschauern in den makabren Kosmos der Addams zu ziehen.
Als solcher funktioniert der Film dann auch durchaus gut. Die Regisseure Conrad Vernon und Greg Tiernan, bislang bekannt durch die äußerst anzügliche „Sausage Party“, gehen hier zudem deutlich kindgerechter vor. Seinen Anfang nimmt das Geschehen stilgerecht auf einem Friedhof, auf dem Morticia (Stimme im Original: Charlize Theron) und Gomez (Oscar Isaac) sich das JaWort geben. Unterbrochen wird die Zeremonie allerdings von einem mit Fackeln und Mistgabeln bewaffneten Mob, worauf die Familie einmal mehr fliehen muss. Unterschlupf findet sie schließlich in einer verlassenen psychiatrischen Anstalt, deren verbliebener Insasse Lurch (Regisseur Conrad Vernon) kurzerhand als Butler rekrutiert wird.
13 Jahre später hat das immer noch schwer verliebte Paar zwei Kinder, Wednesday (Chloë Grace Moretz) und Pugsley (Finn Wolfhard). Letzterer muss sich auf das traditionelle Initiationsritual, die Mazurka, vorbereiten, zu dem sich die erweiterte Sippschaft aus der ganzen Welt angesagt hat. Soweit, so nah am Original, doch der Versuch, die Familie mit der modernen Welt zu konfrontieren, gerät eher unausgewogen. Denn nicht weit von der Behausung der AddamsFamily hat die Fernsehpersönlichkeit Margeaux Needler (Allison Janney) eine Retortenstadt mit dem wenig subtilen Namen „Assimilation“hochgezogen. Klar, dass in dieser klinisch reinen Welt kein Platz für Freaks mit seltsamen Gebräuchen ist. Kompliziert wird die Situation durch das Bestreben von Wednesday, die Welt außerhalb des Familienanwesens zu erforschen und eine reguläre Schule zu besuchen. Dort freundet sie sich ausgerechnet mit Needlers vernachlässigter Tochter Parker (Elsie Fisher) an.
Das führt zu reichlich humorvollen Situationen, etwa wenn Parker ihre Mutter mit einem neuen GruftLook schockt, Wednesday ihre Familie dagegen mit einem pinken Einhorn-Anstecker. Die zugrunde liegende Botschaft für Toleranz und gegen Konformismus ist durchaus sympathisch, jenseits der Freundschaft zwischen den beiden Mädchen
wirkt der Handlungsstrang zu „Assimilation“aber eher aufgesetzt. Dafür bietet das Familientreffen genügend unterhaltsames Material, etwa wenn der selbst für Addams-Standards schräge Onkel Festus (Nick Kroll) und der haarige Cousin It (Snoop Dogg) eintreffen. Der Animationsstil des Geschehens erinnert dabei einerseits an die Originalzeichnungen, andererseits an die Charaktere aus „Ich, einfach Unverbesserlich“. So legt der Film trotz einiger Schwächen einen soliden Grundstein für einen Neustart der Reihe – die Fortsetzung ist bereits für Herbst 2021 angekündigt. Man darf gespannt sein, schließlich galt auch bei den Realverfilmungen „Die Addams Family in verrückter Tradition“als gelungene Steigerung gegenüber dem ersten Teil.
Die Addams Family. Regie: Conrad Vernon, Greg Tiernan. GB/ CAN/USA 2019. 87 Min. FSK: ab 6.