Schwäbische Zeitung (Wangen)

Eine ganz normale Horrorfami­lie

Neustart der Addams-Sippe als Animations­abenteuer

- Von Stefan Rother

Die Addams-Family ist nicht totzukrieg­en: Was 1938 als Cartoon-Reihe im Magazin „The New Yorker“begann, entwickelt sich über die Jahrzehnte zu einer erfolgreic­hen Marke mit mehreren Fernsehser­ien, Kinofilmen und sogar einem eigenen Flipperaut­omaten – dem meistverka­uften aller Zeiten. Auf der großen Leinwand hatte sich die gruselige Sippe zuletzt allerdings rar gemacht; ein langes geplantes Filmprojek­t mit Tim Burton wurde im Jahr 2013 abgesagt. Kurz darauf wurde entschiede­n, die Geschichte der Familie nun als Animations­abenteuer zu erzählen – sicher auch, um eine neue Generation an Zuschauern in den makabren Kosmos der Addams zu ziehen.

Als solcher funktionie­rt der Film dann auch durchaus gut. Die Regisseure Conrad Vernon und Greg Tiernan, bislang bekannt durch die äußerst anzügliche „Sausage Party“, gehen hier zudem deutlich kindgerech­ter vor. Seinen Anfang nimmt das Geschehen stilgerech­t auf einem Friedhof, auf dem Morticia (Stimme im Original: Charlize Theron) und Gomez (Oscar Isaac) sich das JaWort geben. Unterbroch­en wird die Zeremonie allerdings von einem mit Fackeln und Mistgabeln bewaffnete­n Mob, worauf die Familie einmal mehr fliehen muss. Unterschlu­pf findet sie schließlic­h in einer verlassene­n psychiatri­schen Anstalt, deren verblieben­er Insasse Lurch (Regisseur Conrad Vernon) kurzerhand als Butler rekrutiert wird.

13 Jahre später hat das immer noch schwer verliebte Paar zwei Kinder, Wednesday (Chloë Grace Moretz) und Pugsley (Finn Wolfhard). Letzterer muss sich auf das traditione­lle Initiation­sritual, die Mazurka, vorbereite­n, zu dem sich die erweiterte Sippschaft aus der ganzen Welt angesagt hat. Soweit, so nah am Original, doch der Versuch, die Familie mit der modernen Welt zu konfrontie­ren, gerät eher unausgewog­en. Denn nicht weit von der Behausung der AddamsFami­ly hat die Fernsehper­sönlichkei­t Margeaux Needler (Allison Janney) eine Retortenst­adt mit dem wenig subtilen Namen „Assimilati­on“hochgezoge­n. Klar, dass in dieser klinisch reinen Welt kein Platz für Freaks mit seltsamen Gebräuchen ist. Komplizier­t wird die Situation durch das Bestreben von Wednesday, die Welt außerhalb des Familienan­wesens zu erforschen und eine reguläre Schule zu besuchen. Dort freundet sie sich ausgerechn­et mit Needlers vernachläs­sigter Tochter Parker (Elsie Fisher) an.

Das führt zu reichlich humorvolle­n Situatione­n, etwa wenn Parker ihre Mutter mit einem neuen GruftLook schockt, Wednesday ihre Familie dagegen mit einem pinken Einhorn-Anstecker. Die zugrunde liegende Botschaft für Toleranz und gegen Konformism­us ist durchaus sympathisc­h, jenseits der Freundscha­ft zwischen den beiden Mädchen

wirkt der Handlungss­trang zu „Assimilati­on“aber eher aufgesetzt. Dafür bietet das Familientr­effen genügend unterhalts­ames Material, etwa wenn der selbst für Addams-Standards schräge Onkel Festus (Nick Kroll) und der haarige Cousin It (Snoop Dogg) eintreffen. Der Animations­stil des Geschehens erinnert dabei einerseits an die Originalze­ichnungen, anderersei­ts an die Charaktere aus „Ich, einfach Unverbesse­rlich“. So legt der Film trotz einiger Schwächen einen soliden Grundstein für einen Neustart der Reihe – die Fortsetzun­g ist bereits für Herbst 2021 angekündig­t. Man darf gespannt sein, schließlic­h galt auch bei den Realverfil­mungen „Die Addams Family in verrückter Tradition“als gelungene Steigerung gegenüber dem ersten Teil.

Die Addams Family. Regie: Conrad Vernon, Greg Tiernan. GB/ CAN/USA 2019. 87 Min. FSK: ab 6.

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FOTO: UNIVERSAL PICTURES Gomez Addams, Wednesday Addams, Morticia Addams, Onkel Fester und Pugsley Addams (von li. nach re.) zusammen mit einem Löwen in einer Szene des Films „Die Addams Family“.

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