Heißen die Richters von morgen Bhabha und Nkanga?
Den „Kunstkompass“führt wieder der Deutsche an, doch das könnte sich auch mal ändern
KÖLN (dpa) - Bestenlisten sind nicht nur im Sport und in der Wirtschaft populär, sondern auch in der Kunst. Rankings wie der „Kunstkompass“finden große Beachtung, weil sie Geld einbringen können. Gerhard Richter (87) hat es mal wieder geschafft. Auch 2019 steht der Kölner Maler an der Spitze des „Kunstkompass“. Maler-Heroen wie er sind in den Künstler-Rankings eigentlich gar nicht so interessant. Denn dass sich der Ankauf ihrer Werke lohnen dürfte, weiß jeder. Wer aber hat schon einmal von Huma Bhabha gehört, von Otobong Nkanga oder Haris Epaminonda? Das sind Namen, die man sich laut „Kunstkompass“merken muss, weil sie im Kommen sind. Und diese Info könnte gutes Geld wert sein.
Viele Leute betrachten Kunst schließlich als Investitionsform wie Aktien und Immobilien. Sie erwarten, dass die von ihnen angekauften Werke in fünf Jahren mehr wert sind als heute. Um die richtigen Arbeiten auszuwählen, brauchen sie Tipps. Diese Funktion sollen Rankings erfüllen.
Im diesjährigen „Kunstkompass“, veröffentlicht vom Magazin „Capital“, spiegeln sich gleich mehrere Trends: Zum einen verliert der Kunstglobus seine letzten weißen Flecken. Etliche der aufstrebenden Künstlerinnen und Künstler stammen aus Ländern wie Indien, Pakistan oder Chile. Viele Künstler sind nicht mehr auf eine einzige Disziplin wie Malerei, Performance oder Design festgelegt, sondern machen alles zugleich oder vermischen die verschiedenen Darstellungsformen. Und: Unter den 100 „Stars von morgen“finden sich 63 Frauen. Zu den Aufsteigerinnen gehören die deutsch-japanische Videokünstlerin Hito Steyerl (Platz 2) und die 94 Jahre alte libanesische Malerin Etel Adnan (Platz 13), deren farbige Landschaftsbilder entfernt an Paul Klee erinnern.
Auch hinter dem „Kunstkompass“selbst steht eine Frau. Sie ist 74 Jahre alt, lebt in Köln und hat das Ranking einst von ihrem verstorbenen Mann Willi Bongard übernommen. Als sie den Wirtschaftsjournalisten Anfang der 70er-Jahre kennenlernte, hielt sie ein Ranking zunächst für geschmacklos. Rohr-Bongard legt heute Wert darauf, dass in ihre Wertung keine Auktionspreise einfließen. Der „Kompass“spiegele nicht den Markt, sondern die Bedeutung, die einem Künstler von den Kennern zugemessen werde, etwa von Ausstellungsmachern und Rezensenten. Beeinflussen lasse sie sich nicht, betont die ehemalige Kunstpädagogin. Auch wenn das manch namhafter Künstler schon versucht habe.