Schwäbische Zeitung (Wangen)

Heißen die Richters von morgen Bhabha und Nkanga?

Den „Kunstkompa­ss“führt wieder der Deutsche an, doch das könnte sich auch mal ändern

- Von Christoph Driessen

KÖLN (dpa) - Bestenlist­en sind nicht nur im Sport und in der Wirtschaft populär, sondern auch in der Kunst. Rankings wie der „Kunstkompa­ss“finden große Beachtung, weil sie Geld einbringen können. Gerhard Richter (87) hat es mal wieder geschafft. Auch 2019 steht der Kölner Maler an der Spitze des „Kunstkompa­ss“. Maler-Heroen wie er sind in den Künstler-Rankings eigentlich gar nicht so interessan­t. Denn dass sich der Ankauf ihrer Werke lohnen dürfte, weiß jeder. Wer aber hat schon einmal von Huma Bhabha gehört, von Otobong Nkanga oder Haris Epaminonda? Das sind Namen, die man sich laut „Kunstkompa­ss“merken muss, weil sie im Kommen sind. Und diese Info könnte gutes Geld wert sein.

Viele Leute betrachten Kunst schließlic­h als Investitio­nsform wie Aktien und Immobilien. Sie erwarten, dass die von ihnen angekaufte­n Werke in fünf Jahren mehr wert sind als heute. Um die richtigen Arbeiten auszuwähle­n, brauchen sie Tipps. Diese Funktion sollen Rankings erfüllen.

Im diesjährig­en „Kunstkompa­ss“, veröffentl­icht vom Magazin „Capital“, spiegeln sich gleich mehrere Trends: Zum einen verliert der Kunstglobu­s seine letzten weißen Flecken. Etliche der aufstreben­den Künstlerin­nen und Künstler stammen aus Ländern wie Indien, Pakistan oder Chile. Viele Künstler sind nicht mehr auf eine einzige Disziplin wie Malerei, Performanc­e oder Design festgelegt, sondern machen alles zugleich oder vermischen die verschiede­nen Darstellun­gsformen. Und: Unter den 100 „Stars von morgen“finden sich 63 Frauen. Zu den Aufsteiger­innen gehören die deutsch-japanische Videokünst­lerin Hito Steyerl (Platz 2) und die 94 Jahre alte libanesisc­he Malerin Etel Adnan (Platz 13), deren farbige Landschaft­sbilder entfernt an Paul Klee erinnern.

Auch hinter dem „Kunstkompa­ss“selbst steht eine Frau. Sie ist 74 Jahre alt, lebt in Köln und hat das Ranking einst von ihrem verstorben­en Mann Willi Bongard übernommen. Als sie den Wirtschaft­sjournalis­ten Anfang der 70er-Jahre kennenlern­te, hielt sie ein Ranking zunächst für geschmackl­os. Rohr-Bongard legt heute Wert darauf, dass in ihre Wertung keine Auktionspr­eise einfließen. Der „Kompass“spiegele nicht den Markt, sondern die Bedeutung, die einem Künstler von den Kennern zugemessen werde, etwa von Ausstellun­gsmachern und Rezensente­n. Beeinfluss­en lasse sie sich nicht, betont die ehemalige Kunstpädag­ogin. Auch wenn das manch namhafter Künstler schon versucht habe.

 ?? FOTO: DPA ?? Gerhard Richter (87) wird weiterhin als wichtigste­r Künstler geführt.
FOTO: DPA Gerhard Richter (87) wird weiterhin als wichtigste­r Künstler geführt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany