Schwäbische Zeitung (Wangen)

Zwei Katzen mit Luftdruckp­istole angeschoss­en

Beide Tiere aus Deuchelrie­d verlieren das rechte Auge – Wie die Besitzer und die Polizei reagieren

- Von Milena Sontheim

DEUCHELRIE­D - Berthold Bungard und Sigmar Dörfer verbindet seit mehreren Wochen nicht nur die Nachbarsch­aft in Deuchelrie­d. Beide haben auch eine junge Katze, die im Abstand von wenigen Wochen von einem Schuss aus einer Luftdruckp­istole getroffen wurde. Die Tiere namens Bruno und Vivi haben daraufhin das rechte Auge verloren. Der einjährige Kater Bruno hat das Geschoss sogar noch im Unterkiefe­r. Die beiden Männer wollen nun andere Katzenbesi­tzer auf die Gefahr aufmerksam machen.

Es war ein Sonntagvor­mittag, als Vivi blutversch­miert und ängstlich nach Hause kam. „Als ich meine Katze fand, ist das blutige Auge ausgelaufe­n und hing geschwolle­n aus dem Gesicht“, sagt Berthold Bungard. Der Deuchelrie­der geriet in Panik und dachte in diesem Augenblick nicht daran, dass jemand seine Katzendame angeschoss­en haben könnte. Vielmehr dachte er, dass sie ein Auto überfahren oder ein Greifvogel attackiert hätte. „Der Tierarzt hat uns mithilfe eines Röntgenbil­des dann über die Ursache der Verletzung aufgeklärt“, sagt Bungard.

Die Diagnose, so der Katzenbesi­tzer: Vivi wurde ins rechte Auge geschossen. Der Tierarzt habe in einer 30-minütigen Notoperati­on das vier bis fünf Millimeter lange Geschoss entfernt. Das Auge konnte nicht gerettet werden. Röntgenbil­d und Projektil habe die Kriminalpo­lizei als Beweismitt­el aufgenomme­n. Nach drei Tierarztbe­suchen, Antibiotik­um und Nachsorge gehe es der schwarzwei­ßen Katze aber mittlerwei­le wieder gut. Die Fäden wurden ihr kürzlich gezogen.

Auffällig ist: Dasselbe Schicksal teilt der dunkelbrau­ne Kater Bruno. Das einjährige Tier wurde sieben Wochen zuvor angeschoss­en – ebenfalls ins rechte Auge und an einem Sonntagmor­gen. Bei der Erstunters­uchung hat der Tierarzt das Auge entfernt. Das Geschoss blieb unerkannt im Unterkiefe­r, so Brunos Besitzer Sigmar Dörfer weiter. „Erst nach der Operation von Vivi war klar, dass unser Kater auch geröntgt werden muss.“Der Tierarzt habe das gleiche Projektil wie bei der Nachbarkat­ze gefunden.

Das Geschoss soll nun raus, denn Dörfer sorgt sich, dass der Fremdkörpe­r wandert oder Giftstoffe abgibt. „Es ist wie eine tickende Zeitbombe.“Obwohl die Wunde noch etwas nässt, verhält sich der „zutraulich­e“Bruno „als ob nichts gewesen wäre“, sagt sein Besitzer. „Je jünger die Katze, desto schneller gewöhnen sie sich an den Zustand mit einem

Auge.“Aber auch wenn die Tiere mit einem Auge kaum eingeschrä­nkt seien, machen sich die Halter nach dem Vorfall mehr Sorgen als sonst um ihre Haustiere. „Einsperren tun’ wir sie aber nicht“, sagen sie. „Man beobachtet jetzt immer genau, wie lang sie umher streunen und ob das andere Auge noch heil ist. Aber unsicher fühlen wir uns deswegen nicht.“Dörfer glaubt, dass der Täter die Katzen in seine Nähe gelockt habe, denn „selbst ein Sportschüt­ze hätte aus weiter Entfernung nicht zweimal so präzise getroffen“.

„Der Täter benutzte mit hoher Wahrschein­lichkeit eine Luftdruckp­istole,

die er bei der Schussabga­be von oben mit dem Lauf direkt am Auge des Tiers aufsetzte“, heißt es auf einem Mitteilung­szettel der Polizei an alle Haushalte in der betroffene­n Siedlung. Es sei davon auszugehen, dass der Unbekannte selbst in der Siedlung wohnt und dass weitere Taten dieser Art nicht ausgeschlo­ssen seien. Weil die Nachbarsch­aft von Bungard und Dörfer ein „relativ gutes Verhältnis“zueinander habe, war es „wohl zweimal der gleiche Schütze“, vermuten die beiden Katzenbesi­tzer.

In der Mitteilung der Polizei heißt es weiter, dass eine solche Luftdruckp­istole nicht explosions­artig knallt bei der Schussabga­be, aber ein deutlich vernehmbar­es, peitschend­es, mechanisch­es Geräusch macht. Laut dem Schreiben habe der Täter möglicherw­eise auch einen Schalldämp­fer benutzt, was eine Schussabga­be deutlich leiser macht. Die Anwohner werden weiter aufgeklärt, dass derartige Waffen auf dem eigenen Grundstück erlaubnisf­rei sind und ab 18 Jahren gekauft werden können. Auch in Schützenve­reinen seien Luftpistol­en eine gängige Waffe. Davon abgesehen: Tierquäler­ei ist ein Straftatsb­estand, denn laut Staatsanwa­ltschaft wird die Misshandlu­ng einer Katze nach dem Tierschutz­gesetz mit einer Geldstrafe oder einer Haftstrafe bis zu drei Jahren bestraft.

 ?? FOTO: SONTHEIM/BUNGARD ?? Die Augenopera­tion bei Kater Bruno (links) hat seinen Besitzer Sigmar Dörfer etwa 170 Euro gekostet, eine zweite OP ist geplant. Seit Mittwoch ist die Katze Vivi von Berthold Bungard wieder gesund.
FOTO: SONTHEIM/BUNGARD Die Augenopera­tion bei Kater Bruno (links) hat seinen Besitzer Sigmar Dörfer etwa 170 Euro gekostet, eine zweite OP ist geplant. Seit Mittwoch ist die Katze Vivi von Berthold Bungard wieder gesund.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany