Projekt „HyAllgäu“: Weg vom Diesel hin zum Wasserstoff
Das Oberallgäu und Kempten bewerben sich um Förderung für die Planung – Langfristig im Blick: der Zugverkehr
OBERALLGÄU/KEMPTEN - Der Landkreis Oberallgäu und die Stadt Kempten wollen erste Versuche starten, um auf den Allgäuer Straßen Wasserstoff zu nutzen. Um die Mobilitätsund Transportwende in der Region voranzubringen, bewerben sie sich um eine Förderung als Wasserstoffregion. „HyAllgäu“heißt das Projekt, das zwei hiesige Unternehmen unterstützen: Dachser und Geiger stellen in Aussicht, Fahrzeuge umzustellen, sagte der Oberallgäuer Klimamanager Simon Steuer während der jüngsten Sitzung des Energiebeirats. Auch Bus und – das ist die große Vision des Oberallgäuer Landrats Anton Klotz – Zug sollen umgerüstet werden. Hergestellt werden soll der nötige Wasserstoff in der Kläranlage des Abwasserverbands Kempten.
Klotz äußerte sich optimistisch: „Wir haben gute Chancen, voranzukommen.“Es gehe darum, vom Diesel auf der Schiene wegzukommen. „Das wäre ein riesiger Beitrag in Sachen Klimaschutz.“Klotz freue es besonders, dass bei dem Projekt mit
Dachser und Geiger zwei große Transportunternehmen mit im Boot sitzen. Die Firmen seien bereit, sobald die Technik verfügbar ist. „Auch wenn es teurer kommt“, sagte Klotz.
Die Idee: Neben den Lastwagenflotten der Unternehmen sollen auch Busse und kommunale Fuhrparks umgerüstet werden. Für Kempten und Memmingen sind zudem öffentliche Tankstellen angedacht.
Zentral bei dem Projekt: Der Wasserstoff wird in der Kläranlage in Kempten hergestellt. „Wir sind in der Zwischenzeit so weit im Abwasserverband, dass wir mehr Strom erzeugen, als wir benötigen“, sagte Franz Beer, Geschäftsführer des Abwasserzweckverbands Kempten. Bislang galt das als großes Hemmnis: Um Wasserstoff zu erzeugen, ist eine Menge an Energie nötig. Damit eine konstante Zufuhr gewährleistet ist, sollen neben dem Überschuss aus der Kläranlage zusätzlich aus dem Netz des Allgäuer Überlandwerks sowie Strom aus dem Fuchstaler Windpark (nahe Landsberg) genutzt werden.
Ein weiterer Vorteil durch die Produktion des Wasserstoffs in der Kläranlage: Der anfallende Sauerstoff
könne direkt weiterverwertet werden. Schließlich erfolgt die Abwasserreinigung durch Bakterien, die Sauerstoff benötigen.
30 bis 75 Tonnen Wasserstoff können pro Jahr voraussichtlich in der Kläranlage produziert werden, sagte Arthur Dornburg von Bluemove Consulting, der „HyAllgäu“betreut. Damit könnten 200 bis 500 Autos versorgt werden, die je 15 000 Kilometer im Jahr zurücklegen. Busse könnten mit dieser Menge 375 000 bis 940 000 Kilometer zurücklegen.
Es handele sich bei dem Projekt „HyAllgäu“nicht mehr um einen Laborversuch, es habe eine gewisse Relevanz, betonte Dornburg. Mit Blick auf Wasserstoff-Tankstellen sprach er vom Allgäu als weißen Fleck auf der Landkarte. Er sei viel in Deutschland unterwegs und könne sich vorstellen, ein Wasserstoff-Auto anzuschaffen. Damit komme er mittlerweile mit Blick auf die TankstellenDichte überall hin. Nur von seiner neuen Heimat – dem Starnberger See – zu seiner alten Heimat – dem Bodensee – sei das bislang nicht möglich.