Urlaub in Zeiten des Klimawandels
Wer reist, verursacht Kohlendioxid – Die Umweltbilanz dreier Wege nach Venedig
Wer im Alltag danach strebt, seinen ökologischen Fußabdruck zu verringern, steht vor den großen Ferien vor einer wichtigen Frage: Wie ist der Weg zum Urlaubsziel klimafreundlich zurückzulegen? Die „Schwäbische Zeitung“hat drei Wege nach Venedig (Foto: dpa) getestet.
RAVENSBURG - Deutsche mögen noch so klimabewusst sein: Beim Urlaub hört der Spaß auf. Nur jeder vierte Bundesbürger ist bereit, aus ökologischen Gründen in Zukunft weniger zu fliegen, hat eine ARDDeutschlandtrend-Umfrage im Sommer ergeben. Auch in Zukunft rechnet die Reisebranche weiter mit Wachstum. Das hat Folgen – die Urlaubsreise im Klima-Check.
Venedig ist ein Sehnsuchtsziel zahlloser Touristen zu jeder Jahreszeit, für Kurzurlaube gleichermaßen wie für den Sommerurlaub am AdriaStrand. Für einen Vergleich der Reisemittel bietet sich die Lagunenstadt an, da sie aus Süddeutschland sowohl mit dem Flugzeug, als auch mit dem Auto oder mit dem Zug gut zu erreichen ist. Der Urlauber hat also – anders als bei Zielen in Übersee oder auf Inseln – die freie Wahl des Verkehrsmittels. Die folgenden Angaben beziehen sich jeweils auf die Strecke Stuttgart-Venedig und zurück.
Flug: Flüge von Stuttgart nach Venedig lassen sich schon ab 30 Euro finden – inklusive Rückflug und aller Gebühren. Die Plattform Ecopassenger.org, die den CO 2-Verbrauch auf der Grundlage von Daten des Instituts für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg berechnet, kommt für Hin- und Rückflug auf 207,6 Kilogramm Kohlenstoffdioxid, eine SBahn-Anreise zum Flughafen eingeschlossen. Auf einen ähnlichen Wert kommt die Plattform Atmosfair.de der gleichnamigen Klimaschutzorganisation, über die Reisende den CO2-Ausstoß ihres Fluges ermitteln und eine Ausgleichszahlung für Klimaschutzprojekte leisten können. CO2 ist aber nicht der einzige Schadvon stoff, den Flugzeuge ausstoßen. Bei „Ecopassenger“ist deswegen vom so genannten „Klimafaktor“die Rede. Der berücksichtigt zusätzlich den Schaden, den Stickstoffoxid, Ozon, Wasserdampf, Ruß und Schwefel verursachen. Würde man deren Wirkung in CO2 umrechnen, käme man bei der Flugreise nach Norditalien schon auf 254 Kilogramm CO2.
Auto: Die schnellste Strecke von Stuttgart nach Venedig verläuft über die A 8 und die A 7 nach Österreich, über die Brennerautobahn bis Verona und dort nach Venedig. Das sind 700 Kilometer. Wie viel CO2 dabei pro Kopf verbraucht wird, hängt vom Automodell ab – und davon, wie viele Menschen darin sitzen. Als Durchschnitt legt „Ecopassenger“ein Fahrzeug mit Diesel Euro-4Motor zugrunde und die europäische durchschnittliche Auslastung eines Autos von 1,5 Personen. Dann beläuft sich der CO2-Ausstoß auf 122,4 Kilogramm. Sitzt eine vierköpfige Familie im Auto, wird die Bilanz deutlich günstiger, der CO2-Ausstoß beträgt dann noch 46 Kilogramm. Wer hingegen im Benziner nach Venedig und zurück fährt, verbraucht mehr: nämlich 148,2 Kilogramm CO2 bei einer Durchschnittsbelegung mit 1,5 Personen.
Bahn: Auch mit der Bahn kann man das Urlaubsziel an einem Tag von Stuttgart aus erreichen – mit nur einem Umstieg in München. Von dort fährt der Eurocity direkt nach Venedig. Bei einem durchschnittlich ausgelasteten Zug werden hier für Hin- und Rückfahrt 56,8 Kilogramm CO2 fällig. Allerdings kostet schon die einfache Fahrt mit dem „Supersparpreis Europa“mindestens 49,90 Euro – also mehr als der günstigste Flug bei gleichzeitig längerer Fahrzeit.
Zur Klimabilanz eines Urlaubs tragen noch weitere Faktoren bei. Ob man vor Ort einen Mietwagen bucht oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist beispielsweise. Und die Unterkunft: Wie umweltfreundlich ist das Urlaubsresort, woher bezieht es den Strom, wie wird der Swimmingpool beheizt? Diese Aspekte kann ein Urlauber aber nur schwer beeinflussen. Entscheidend bleibt aber die An- und Abreise. Auf sie entfallen nach Angaben von Atmosfair beispielsweise bei einer Flugreise ans Mittelmeer mehr als drei Viertel des gesamten CO2-Ausstoßes eines Urlaubs.
Hinzu kommt, dass Kurzstreckenflüge besonders schädlich sind. Das selbe Flugzeug kann auf einer Kurzstrecke pro Kopf und Kilometer doppelt so viel Treibstoff verbrauchen wie auf der Mittelstrecke. Das ist ein Grund dafür, dass Kurz- und Zubringerflüge bei Klimaaktivisten besonders in der Kritik stehen. Ein anderer Grund ist, dass es auf diesen Strecken meist Alternativen gibt.
In absoluten Zahlen ist aber vor allem die Langstrecke ein Schlag für jede Klimabilanz. Bei einem Flug nach Neuseeland verursacht ein Passagier nach Berechnungen der Klimaschutzorganisation Atmosfair fast 11 000 Kilogramm CO2.
Zum Vergleich: Das klimaverträgliche Jahresbudget eines Menschen, will man die Erderwärmung auf ein verträgliches Maß begrenzen, beträgt 2300 Kilogramm CO2.