Kreistag beschließt höhere Müllgebühren – auch mit kritischen Tönen
Gebührensätze steigen ab 2020 um durchschnittlich rund 20 Prozent zunächst in allen Kommunen bis auf Wangen und Isny – Wie die Debatte verlief
WANGEN - Bei den Müllgebühren werden die meisten Bürger im Landkreis Ravensburg ab 2020 sehr viel tiefer in die Tasche greifen müssen. Der Kreistag beschloss am Donnerstag in seiner jüngsten Sitzung mit deutlicher Mehrheit eine Erhöhung um durchschnittlich rund 20 Prozent. Dies gilt für alle Kommunen bis auf Wangen und Isny, die noch bis 2021 ihren Müll eigenständig entsorgen.
Nach den Plänen des Landratsamts wird ab 2020 die Grundgebühr für eine Restmülltonne mit 60 Liter Volumen 68,80 Euro statt wie bisher 58 Euro betragen. Die einzelne Leerung wird künftig 2,40 Euro kosten (aktuell zwei Euro). Auch die Biomülltonne wird teurer: Die Entleerung einer 40-Liter-Tonne kostet ab kommendem Jahr 32,40 Euro statt wie aktuell 26 Euro. Die steigenden Gebühren gelten vorerst für alle Städte und Kommunen im Landkreis mit Ausnahme von Isny und Wangen, die beide jedoch das kreiseinheitliche Abfallsystem ab 2021 übernehmen müssen. Zumindest Wangen hat jedoch ebenfalls bereits ab 2020 steigende Müllgebühren angekündigt.
Die Gründe für die Gebührenerhöhung des Landkreises erläuterte in der Sitzung Kreisfinanzdezernent Franz Baur. Er sprach von einer Gebührenunterdeckung, die vor vier Jahren in Kauf genommen worden sei, um auch vor dem Hintergrund der Einführung der Biotonne gegenüber den Bürgern verlässlich zu bleiben. Der Ausgleich sei zum Einen durch die Mehreinnahmen aus der Deponie Gutenfurt erfolgt, auf der länger Asbestabfälle aus Italien eingelagert wurden. Andererseits sei bis heute von der millionenschweren Gebührenrücklage gezehrt worden, die jetzt aber aufgebraucht sei. Schließlich kämen noch höhere Kosten durch die Abfuhrunternehmer hinzu. Die Steigerung um durchschnittlich 20 Prozent ordnete Baur zudem ein: „Bislang lag der Kreis im Landesvergleich im unteren Drittel, künftig sind wir im Mittelfeld.“
Die 20 Prozent bezeichnete Dieter Krattenmacher (CDU) als „äußerst happig“, verwies aber auch auf das hohe Niveau beim Abfallsystem des Kreises. Selbstkritisch sah er den „erst sehr spät gestoppten Verkauf an Deponievolumen“: „Das ist eine endliche Ressource und mindert die Handlungsfähigkeit.“Kritisch sah der CDU-Kreisrat auch den „hohen Kostenblock“bei der Sperrmüllabfuhr. Um die Gebühren konstant zu halten, solle man hier auch die „eine oder andere Einschränkung akzeptieren“.
Auch Roland Schmidinger (Freie Wähler) hatte „Bauchweh“bei der kräftigen Gebührenerhöhung, sah dahinter jedoch ein „funktionierendes System“. Bruno Sing (Grüne) hatte dabei ein „lachendes und weinendes Auge“: einerseits 20 Prozent mehr, andererseits ein größerer Anreiz Müll zu vermeiden. Rudolf Bindig (SPD) ging auf den noch bis zum Frühjahr importierten Asbest-Müll aus Italien ein. „Moral kostet eben Geld, aber wir wollen kein schmutziges Geld mehr verdienen.“Einschränkungen beim Sperrmüll wollte er nicht akzeptieren: Man könne nicht kritisieren, dass der Gelbe Sack nicht abgeholt werde, aber befürworten, dass die Bürger schwere Sofas selbst wegbringen. In die selbe Kerbe stieß Siegfried Scharpf (ÖDP) und plädierte generell für ein neues, ethisches System, bei dem der Müll im Landkreis entsorgt werde. Roland Dieterich (FDP) schließlich sah die Müllentsorgung als „Kernaufgabe“des Landkreises und fand die Gebührenkalkulation „in Ordnung“.
So dachten am Ende die allermeisten Kreisräte. Sie stimmten für die neue Gebührenkalkulation, und auch dafür, dass beim Sperrmüll Einsparpotenziale geprüft werden. Die vier Gegenstimmen kamen von der ÖDP.
„Moral kostet eben Geld, aber wir wollen kein schmutziges Geld mehr verdienen.“Rudolf Bindig (SPD) zum Import von Asbest-Müll aus Italien