Mit dem Bus-Simulator zum Erfolg
Studiengang „Game Engineering“zieht kreative junge Menschen nach Kempten - Wo sie sonst noch gefragt sind
KEMPTEN (sz) - Bei vielen Eltern dürfte dieser Berufswunsch Stirnrunzeln hervorrufen: Videospiel-Entwickler. Doch junge Menschen, die gerne „zocken“, träumen nicht selten davon, die Spiele eines Tages selbst zu programmieren und zu gestalten. Die nötige Ausbildung dafür bietet die Kemptener Hochschule seit sechs Jahren mit dem Studiengang „Informatik – Game Engineering“. 350 Studierende sind aktuell eingeschrieben. Regelmäßige Treffen unter dem Namen „Game Dev“bei Allgäu Digital bieten ihnen die Möglichkeit, die Branche kennenzulernen. Jüngst schilderten dort die Geschäftsführer zweier Entwicklerstudios ihren Werdegang.
Michael Schiestl leitet die Firma „Clock Stone“, Julian Mautner „Still alive“. Beide sind in Innsbruck ansässig, beide haben mit kleinen Teams angefangen. Und beiden gelang der Durchbruch mit zunächst unspektakulär anmutenden Spielen: Mit dem „Bridge Constructor“von „Clock Stone“kann man auf verschiedenste Arten Brücken bauen, mit dem „Bus Simulator 16“von „Still alive“Fahrgäste von A nach B bringen.
Bevor sich der finanzielle Erfolg einstellte stand Schiestl kurz vor der Pleite. Auf die Frage aus dem Publikum, ob er aus heutiger Sicht etwas anders machen würde, sagt er: „Ich würde definitiv wieder gründen. Es ist stressig, macht aber Spaß.“
Für einige der Studenten ist das die große Frage: Wagt man den Schritt und gründet ein eigenes Entwickler-Studio oder entscheidet man sich für eine sichere Stelle in der Industrie?
„Wenn man sich unsere Abgänger anschaut, geht die
Hälfte in die Spiele-Branche, die andere Hälfte etwa in die Automobil- oder Flugzeugindustrie“, sagt Professor Dr. Bernd Dreier. Er koordiniert den Studiengang an der Hochschule. Was viele nicht wissen: In Bordcomputern moderner Autos steckt oft Videospiel-Technologie.
Der 20-jährige Simon Hardt ist einer der Studenten, die sich die Vorträge von Schiestl und Mautner angehört haben. Er studiert im 3. Semester „Game Engineering“. Diese Spezialisierung im Bereich der Informatik hat ihn aus Lüneburg nach Kempten gelockt. Wohin es beruflich gehen soll? „Am liebsten in die Spielerichtung.“
Stefan Leip- recht aus Kleinweiler und Fabian Behrens aus der Nähe von Memmingen studieren im siebten Semester. „80 bis 90 Prozent, die es in der Branche versuchen, schaffen es nicht“, sagt Leiprecht. Tatsächlich ist die Konkurrenz auf den gängigen Download-Plattformen für Spiele – wie Steam oder Apple – groß. Leiprecht und Behrens entmutigt das nicht. Sie arbeiten seit neun Monaten an einem Spiel, wollen ein Studio gründen. Einen Namen dafür haben sie schon: Kreative Krowd.