„Wir produzieren unter Volllast“
Regionale Lebensmittel-Hersteller schaffen es gerade so, die höhere Nachfrage zu befriedigen
ALLGÄU - Zeitweise leere Supermarktregale, ein Sturm auf Lebensmittelmärkte und Online-Shops: In der Corona-Krise hamstern viele Menschen nicht nur Klopapier, sondern auch Lebensmittel. Vor allem haltbare Ware ist gefragt. Die enorm gestiegene Nachfrage bringt die Hersteller von Lebensmitteln an ihre Kapazitätsgrenzen. „Wir produzieren unter Volllast“, sagt zum Beispiel Alexander Antonoff vom weltgrößten Food-Produzenten Nestlé. Das Werk des Konzerns in Biessenhofen (Landkreis Ostallgäu) stellt Babynahrung her. „Aktuell sind wir lieferfähig“, versichert Antonoff. Das gilt auch für die anderen Lebensmittel-Produzenten, die unsere Zeitung in einer Umfrage zu diesem Thema kontaktiert hat. „Noch“, fügen allerdings einige Geschäftsführer hinzu.
Einen „derzeit deutlich erhöhten Bestelleingang aus dem LebensmittelEinzelhandel“verzeichnet der KäseHersteller Hochland in Heimenkirch (Westallgäu), berichtet Presse-Sprecherin Petra Berners. „Wir haben seit einigen Tagen die Produktion hochgefahren.“An manchen Tagen übersteige die Menge die Spitzenwerte, die
ANZEIGE sonst r vor Feiertagen anfallen. Um die Nachfrage zu bewältigen, habe man begonnen, zusätzliche Arbeitskräfte zu rekrutieren. Die Kunden fragten besonders nach lange haltbaren Produkten wie Schmelzkäse.
„Vollumfänglich lieferfähig“ist die Molkerei Ehrmann in Oberschön-egg (Unterallgäu), sagt Unternehmenssprecher Gunther Wanner. Bei Joghurt, Quark oder Dessert sei der Absatz stabil. Denn: Die „Frischeprodukte unterliegen nicht dem Phänomen der Hamsterkäufe auf Vorrat.“Einen Engpass bei der Produktion verzeichnet dagegen die Allgäuer Heumilch aus Missen-Wilhams (Oberallgäu). „Wurscht was, alle unsere Heumilch-Produkte sind restlos ausverkauft“, berichtet Geschäftsführer Matthias Haug. Das Unternehmen bezieht die Milch nur aus dem Allgäu und wird auch in der Krise keine Milch aus anderen Regionen zukaufen. Derzeit stellt die Allgäuer Heumilch keinen Käse her, der zwölf Monate reifen muss, sondern nur noch zwei bis drei Monate: „Sonst kommen wir mit der Nachfrage nicht mehr hinterher.“
Auf regionale Rohstoffe setzt auch die Weißachmühle in Oberstaufen (Oberallgäu). Norbert Henne vom Vertrieb nennt die Bestellungen
„riesig“. Normalerweise beliefert die Weißachmühle Bäckereien und Lebensmittelläden im Allgäu und Oberschwaben mit Mehl. „Zurzeit haben wir aber auch unheimlich viele Anfragen aus ganz Deutschland“, sagt Henne. Auch im OnlineShop hätten sich die Aufträge vervielfacht. Aber noch kann die Weißachmühle alle Wünsche erfüllen:
„Unsere Silos sind voll mit Weizen, Roggen oder Dinkel.“
Bei Metzgereien haben die Kunden in den vergangenen Wochen mehr als sonst gekauft, sagt Georg Greiff aus Memmingen, Obermeister der Fleischer-Innung Allgäu. Allerdings seien seit den Ausgangs-Einschränkungen der Staatsregierung deutlich weniger Menschen unterwegs. Deshalb sei auch der Zulauf von Kunden in die Metzgereien in den letzten Tagen geringer geworden. Sehr gefragt sind haltbare Hartwürste oder in der Metzgerei hergestelltes Dosengulasch.
Ein geteiltes Bild zeigt sich bei der Allgäu Milch Käse eG in Kimratshofen (Oberallgäu). Der Export von Milch und Käse sei in den vergangenen Wochen um 30 Prozent zurückgegangen, vor allem weil Italien als Absatzland weggebrochen ist, erklärt Geschäftsführer Hubert Dennenmoser. Den Verlust beim Export gleiche jedoch die gestiegene Nachfrage aus dem Inland aus. Dennenmoser muss derzeit Milch zukaufen, hat deshalb aber keine Sorgen. Allerdings sieht er längerfristig ein anderes Problem: Wenn die Grenzen dicht bleiben, könne es bei Ersatzteilen für die Maschinen zu Engpässen kommen. Das könnte die Produktion massiv beeinträchtigen.