Schwäbische Zeitung (Wangen)

Mann muss länger hinter Gittern bleiben

Warum das Amtsgerich­t Wangen eine weitere Freiheitss­trafe gegen ihn verhängte

- Von Claudia Bischofber­ger

WANGEN - Einem bereits in der Justizvoll­zugsanstal­t Ravensburg einsitzend­en Mann ist beim Amtsgerich­t Wangen die Haftzeit um ein Jahr und drei Monate verlängert worden. Er hatte an eine damals 17-jährige Frau Marihuana verkauft.

Im Sommer 2018 soll der Mann, der am Dienstag vor dem Richter und den beiden Schöffen stand, an eine Minderjähr­ige zweimal Marihuana verkauft haben. Dabei habe er ihr jeweils ein Gramm zu zehn Euro abgegeben. Diesen Vorwurf bestritt der in Eritrea geborene Angeklagte vehement. Nachdem der Richter ihm ein Bild gezeigt hatte von der Betreffend­en, meinte er, dass er sie nur vom Sehen her kenne. Sie sei öfters mal in der Asylunterk­unft gewesen, wo auch der Angeklagte wohnte. Die heute 19-jährige Frau wurde daraufhin in den Zeugenstan­d gerufen. Sie wusste nicht mehr, wie oft sie in der Unterkunft Marihuana gekauft hatte. Aber zweimal habe sie sicher bei dem auf der Anklageban­k Sitzenden etwas gekauft. Beim dritten Mal seien noch mehrere dabei gewesen. „Die haben dann erkannt, dass ich noch minderjähr­ig bin und haben mich weggeschic­kt“, sagte die 19-Jährige. „Woher wussten Sie, dass man da Drogen kaufen kann“, wollte der Staatsanwa­lt wissen. Der Ort sei dafür bekannt, dass man da nur hingehen braucht und dann die gewünschte­n Drogen bekomme, so die Frau.

Ein Polizist, der ebenfalls in den Zeugenstan­d gerufen wurde, bestätigte, dass die junge Frau damals mit ihm gemeinsam im Polizeiaut­o an der Asylunterk­unft vorbeifuhr. Dort sei der Angeklagte gerade alleine draußen gesessen, sie habe ihn eindeutig wieder erkannt. Im Bundeszent­ralregiste­r ist der Geflüchtet­e aktuell mit neun Einträgen vermerkt. Zu den Delikten gehören, neben dem Verkauf von Drogen, auch Diebstahl, gefährlich­e Körperverl­etzung und Bedrohung. Vor sechs Jahren sei der Mann zunächst in Italien gelandet und dann nach Deutschlan­d gekommen. Noch immer könne er weder lesen noch schreiben. Seine Sprache wurde dem Gericht von einem Dolmetsche­r übersetzt. Der Richter wollte noch wissen, ob er Drogen nehme. „Ich nehme Marihuana, wenn meine Gedanken durcheinan­derkommen“, sagte der Angeklagte. Das geschehe ungefähr einmal in der Woche. Ein Besuch beim Psychiater sei ohne Diagnose geendet. Für den Staatsanwa­lt stand fest, dass sich die Anklage bestätigt hat. Die Zeugenauss­agen seien sehr glaubhaft. Zumal die Käuferin der Drogen noch zum heutigen Zeitpunkt vom Aussehen her kaum als Erwachsene anzusehen sei. Er plädierte deshalb auf eine Hafterweit­erung von einem Jahr und vier Monaten.

Der Verteidige­r wiederum hielt seinem Mandanten zugute, dass er beim dritten Mal, als das Alter schließlic­h doch zur Sprache kam, den Verkauf nicht zustandeko­mmen ließ und das Mädchen wegschickt­e. Daher zog er für seinen Klienten ein Jahr und zwei Monate in Erwägung.

Richter und Schöffen fanden den Mann in zwei Fällen für die Abgabe einer weichen Droge an eine Minderjähr­ige schuldig. Diese Tatsache habe er billigend in Kauf genommen. Die zuvor angeordnet­e Freiheitss­trafe von fünf Monaten solle bestehen bleiben. Dazu kommen nun laut Urteil noch ein weiteres Jahr und drei Monate.

„Ich nehme Marihuana, wenn meine Gedanken durcheinan­derkommen.“

Der Angeklagte

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