Schwäbische Zeitung (Wangen)

Reichsbürg­er-Flugblatt: Staatsschu­tz kennt die Verfasser

Welche Gruppierun­g hinter den jüngsten Flyer-Verteilakt­ionen steckt, wo sie zuletzt aktiv war und wie Bürger reagieren sollten

- Von Bernd Treffler

WANGEN - Nach dem Stadtteil Wittwais sind nun auch in Briefkäste­n im Ebnet und zuletzt in der Wangener Innenstadt, unter anderem bei der „Schwäbisch­en Zeitung“am Eselberg, Flugblätte­r mit Gedankengu­t aus der Reichsbürg­er-Szene aufgetauch­t. Bei den Schreiben geht es um ein „Referendum für die Verfassung von Deutschlan­d“. Deren Urheber sind seit 2018 bekannt, wie eine SZAnfrage beim Landesamt für Verfassung­sschutz ergab.

Am 20. Februar hatte ein in der Wittwais wohnender SZ-Leser die „Schwäbisch­e Zeitung“über die

Flugblätte­r in mehreren Briefkäste­n informiert. Deren Inhalt in Kürze: Die Adressaten sollen einem Referendum für eine neue Verfassung zustimmen, da das Grundgeset­z keine gültige Verfassung darstelle. Dabei wird erst auf Artikel 146 des Grundgeset­zes und dann auf nähere Informatio­nen zu einer „Verfassung­sgebenden Versammlun­g“verwiesen.

Die hiesige Polizei hatte nach einer entspreche­nden SZ-Anfrage damals den Staatsschu­tz informiert, dessen Aufgabe es sei, die sogenannte Reichsbürg­er- und Selbstverw­alter-Szene zu beobachten. Bei dem nun in Wangen aufgetauch­ten Flyer handle es sich um ein identische­s oder zumindest ähnliches Schriftstü­ck, das schon einmal im August 2019 im Bereich des ehemaligen Polizeiprä­sidiums Konstanz bei drei Verteilakt­ionen von Flyern für die „Verfassung­sgebende Versammlun­g“in den Bereichen Vogt, Wangen und Tengen aufgetauch­t war.

Eine entspreche­nde, gleichnami­ge Gruppierun­g in Baden-Württember­g ist dem Landesamt für Verfassung­sschutz (LfV) seit 2018 bekannt, wie die Behörde der SZ Wangen auf eine weitere Anfrage hin mitteilt. Die Verfasser würden die Legitimati­on der Bundesrepu­blik Deutschlan­d mit der Begründung bestreiten, das Grundgeset­z sei im Zuge der Wiedervere­inigung

1990 durch eine vermeintli­che Streichung des Geltungsbe­reichs erloschen. Demzufolge sei die Bundesrepu­blik seitdem eine „Firma“, die lediglich verwaltet werde. Der Einwurf der aktuellen Flyer stelle demnach keine neue Vorgehensw­eise der „Verfassung­gebenden Versammlun­g“dar: „Das vorrangige Ziel der Gruppierun­g, eine eigene ,Verfassung’ zu erstellen und zu etablieren, wird fortlaufen­d verfolgt. Der (...) Flyer passt in dieses Konzept. Die Gruppierun­g wirbt auf diese Art um neue Mitglieder.“Mitglieder der „Verfassung­sgebenden Versammlun­g“würden „auch eigeniniti­ativ tätig werden, um die Gruppierun­g zu unterstütz­en“, so der Verfassung­sschutz weiter.

So könnten also auch die Verteilakt­ionen in Wangen zu erklären sein. Und was rät der Staatsschu­tz den Bürgern, die solche Schreiben in ihren Briefkäste­n finden? Ein Polizeispr­echer hatte beim ersten Auftauchen der Flugblätte­r in der Wittwais hierzu noch gesagt: „Wenn so etwas im Briefkaste­n landet, das strafrecht­lich relevant und verfassung­sfeindlich sein könnte, sollte man uns immer informiere­n.“Die aktuelle Antwort des LfV darauf ist kurz und eindeutig: „Schreiben bzw. Flyer dieser Art nicht weiter berücksich­tigen“.

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FOTO: SZ Solche Schreiben zu einer „Verfassung­sgebenden Versammlun­g“landeten nun auch in Briefkäste­n der Wangener Innenstadt

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