Das Allgäu erlebt schon wieder trockene Zeiten
Das sagen Experten über über Folgen und Gefahren der anhaltende Trockenheit
WANGEN/REGION – Die Region wartet auf Regen. Ein Wetterfrosch, ein Eigenwasser-Versorger und der Verbandschef der hiesigen Landwirte erklären auf SZ-Nachfrage, wie sich die anhaltende Trockenheit vom Jetstream in zwölf Kilometer Höhe bis zur Heuernte im Allgäu auswirkt. Die Feuerwehr warnt mit Blick auf die Waldbrandgefahr zudem vor Fahrlässigkeit.
Auf die anhaltende Trockenheit angesprochen holt Roland Roth, Chef der Wetterwarte Süd, erst einmal aus: „Es geht ja nicht nur um die Spätfolgen des trockenen Sommers 2018. Man darf auch den Jahrhundertsommer 2003 nicht vergessen.“Die überdurchschnittlichen Niederschlagsmengen im Februar hätten darauf keinen wesentlichen Einfluss. Denn das „Grundproblem“, wie Roth sagt, sei der Klimawandel. „Unser Wetter wird vom Jetstream gemacht“, erklärt der SZ-Wettermann aus Bad Schussenried.
Dieser habe durch Hoch- und Tiefdruckgebiete in kleinen Mäandern in den vergangenen Jahrzehnten für wechselhaftes Wetter gesorgt. „Und das war ein Segen“, so Roth. Seit einigen Jahren würden die Jetstream-Mäander allerdings immer breiter werden, was in der Folge länger anhaltende Hoch- und Tiefdruckgebiete mit sich bringe: „Man braucht sich ja bloß an den Jahresanfang erinnern. Da jagte ein Sturmtief das nächste.“
Für den Wetterexperten der „Schwäbischen Zeitung“sei es absehbar gewesen, dass darauf ein längeres Hochdruckgebiet folgt. Die anhaltende Trockenheit begründe sich aber nicht nur darin, dass es seit dem 29. März keinen flächendeckenden Landregen mehr gab. Hinzu komme eine intensive Sonneneinstrahlung, eine geringe Luftfeuchtigkeit und ein Ostwind, der das Austrocknen des Bodens verstärke. Gegen Ende des Monats könnte es zwar einen Umschwung geben, aber das, so Roth, sei „ein Blick in die Glaskugel“. Was ihm Hoffnung macht, ist, dass in den letzten 15 Jahren oft im April schon ein Wetter herrschte, wie man es früher vom „Wonnemonat“Mai kannte. Der tatsächliche Mai hingegen habe eher das Gepräge des Junis mit einer sogenannten „Schafskälte“gehabt. Das heißt: Kälte in Verbindung mit Regen.
Für Sonderkulturen, wie es sie beispielsweise am Bodensee gibt, sei das gefährlich. Roth fasst die Problematik deshalb so zusammen: „Die Vegetation startet schon früher voll durch und wird dann aber vom Spätfrost erwischt.“Der Klimawandel sorge eben nicht nur für eine langfristige Erwärmung, sondern vor allem für extremere Wetterlagen. Für das Allgäu habe dies beispielsweise die Folge, dass es weniger häufig schneit. „Das heißt nicht, dass es im Allgäu keinen Schnee mehr gibt, aber er kommt halt weniger zuverlässig.“
In der aktuellen Situation sei für die Region die geballte Form des Regens nicht gut: „Sonst gibt es einmal Hochwasser und das Wasser ist wieder weg.“Unter anderem wegen der Hügel und Berghänge brauche man im Allgäu einen kontinuierlichen Regen, damit nicht alles gleich wieder an der Oberfläche abfließe.
Auf einen Regen, der in den Boden einsickert, hofft auch Friedrich Rockhoff, Vorsitzender der „Bürgerinitiative dezentrale Wasserversorgung“(BDW). Die Mitglieder aus Kißlegg, Wolfegg, Wangen, Amtzell und auch aus dem Kreis Biberach beziehen
ANZEIGE ihr Wasser aus etwa 500 privaten Brunnen. „Bis jetzt sind mir noch keine Probleme bekannt“, sagt Rockhoff. Bei der Mitgliederversammlung der BDW (Bericht auf Seite 15) im März habe er noch verkünden können, dass sich durch viele Regenfälle im Winter die vielfach oberflächlichen Brunnen erholen konnten. „Jetzt kommt es darauf an, was im Mai passiert. Da sollten sich die Brunnen das nächste Mal erholen können nach fünf Wochen Trockenheit.“Für Notfälle halte die BDW Wassertanks und Pumpen aller Art vor. Aber, so Rockhoff, im Moment sei die Situation zwar angespannt, aber nicht dramatisch.
Sorgen wegen der Trockenheit hat auch Waldemar Westermayer. Der Vorsitzende des Kreisbauernverbands Allgäu-Oberschwaben bringt das Problem der Bauern im
Allgäu folgendermaßen auf den Punkt: „Das Gras wächst halt nicht so, wie es sollte.“Hinzu komme, dass im Ackerland gerade der Mais gesät werde. „Da ist es zum Säen natürlich gut, wenn es trocken ist. Aber dann sollte halt auch der Regen kommen, sonst geht der Mais nicht auf.“
Das Wintergetreide stehe im Moment gut da. Aber: „Wenn hier langfristig die Feuchtigkeit fehlt, dann gibt es beim Korn Einbußen.“Im Grünland könnten wichtige Arbeitsschritte zurzeit nicht gemacht werden. „Normalerweise, wenn das Gras wachsen würde, könnte man langsam anfangen mit dem Silieren. Anfang Mai vielleicht auch mit dem Heuen. Aber insbesondere die Gräser, die flach wurzeln, „kommen einfach nicht hoch und drohen abzusterben“.
Wie Roland Roth und Friedrich Rockhoff hofft auch Westermayer auf Regen im Mai. „Sonst wird es wie 2018, dass zwei Schnitte fehlen im Grünland und beim Mais 30, 40, 50 Prozent Ertrag fehlen.“Noch sei man aber nicht in dieser Situation. „Das kann man heute alles noch nicht sagen.“
Dass die anhaltende Trockenheit wortwörtlich der ideale Nährboden für Waldbrände sein kann, weiß Christoph Bock. Der Wangener Feuerwehrkommandant rät Waldbesitzern deshalb davon ab, derzeit in der Nähe der Wälder Reisig oder Ähnliches zu verbrennen. Durch den sehr trockenen und teilweise mit Tannennadeln bedeckten Boden bestehe die Gefahr, dass sich ein Feuer schnell und manchmal unbemerkt ausbreite. „Erhöhte Vorsicht sollte man auch an öffentlichen Grillstellen walten lassen“, so Bock weiter. „Bei nicht offiziellen Stellen sollte man das Grillen in der freien Natur ganz unterlassen.“SEITEN 3 UND 15