„Natürlich fängt es erst einmal langsam an“
Andrea Nestle hat die Leitung des Ferienparks Allgäu in Urlau bei Leutkirch übernommen – Einschränkungen nach Wiedereröffnung
LEUTKIRCH - Mit Andrea Nestle hat der Ferienpark Allgäu von Center Parcs seit Anfang Mai eine neue Leiterin (SZ berichtete). Im Gespräch mit SZ-Redakteur Patrick Müller erklärt Nestle unter anderem, wie viele Urlauber nach der Corona-Pause am Freitag, 29. Mai, anreisen werden, wie sich die Belegung der Ferienhäuser in den nächsten Wochen entwickeln wird und warum sie selbst sich für den Wechsel von einer chinesischen Millionenmetropole ins Allgäu entschieden hat.
Sie waren zuletzt in einem Hotel der Maritim-Kette in der chinesischen Millionenmetropole Hefei tätig, ein modernes Stadthotel in einem 54stöckigen Gebäude mit einer Rooftop-Bar auf 238 Metern Höhe. Zum Ferienpark hier ist das ein harter Kontrast. Was hat sie an der Aufgabe hier im Allgäu so gereizt?
Die Größe des Parks war sicher ein Faktor. Und auch, dass die Öffnung hin zur Region und die Regionalität insgesamt in diesem neuen Ferienpark eine große Rolle spielen. Generell ist ein Ferienpark sehr komplex: Ob es jetzt um Gartenanlagen, den Baumbestand, um Technik oder um Straßenbau geht – das alles gibt es in einem Hochhaus-Hotel nicht. Dort standen andere Themen im Vordergrund. Ich selbst komme ursprünglich aus der Ressort-Hotellerie, wo man mit dem Gast als Urlauber viel mehr in Kontakt kommt. Im normalen Hotelfach ist das bei weitem nicht so intensiv, wie in einem Park von Center Parcs. Und der Trend geht eindeutig dorthin, dass man mehr Platz haben möchte, mehr für sich sein möchte und in seinem eigenen Haus kochen kann, wenn man das möchte oder aber auch in die Region zu gehen. Dieses Öffentliche und Vielfältige finde ich ganz toll.
Hefei selbst ist nur wenige Hundert Kilometer von Wuhan entfernt: Wie haben Sie dort die Corona-Pandemie erlebt?
Ich bin Ende Januar abgereist und sollte ursprünglich auch wieder zurückkommen, da ich eigentlich nur im Urlaub war. Das heißt, ich habe die ersten Tage durchaus noch mitbekommen. In China war von heute auf morgen alles zu. Nachdem man am Mittag darüber gesprochen hat, hatten am nächsten Morgen nur noch die Supermärkte auf. Jedes Restaurant, jede Bar war zu und die Straßen waren leer. In China wurde das zentral angeordnet und dann wird das auch so umgesetzt. Da gibt es dann auch keinerlei Diskussionen darüber. Ich war glücklich, dass ich noch ausreisen durfte. Denn in einer AchtMillionen-Metropole alleine zu Hause zu sein und dann unter Umständen gar nicht mehr aus der Wohnung zu dürfen, was ja auch direkt eingeschränkt wurde, wäre nicht so schön. Zu den strikten Ausgangsbeschränkungen gab es an jedem Ein- und Ausgang Fieber-Kontrollen. War da etwas falsch, durfte man nicht mehr in das Gebäude rein. Das ist natürlich etwas, was man gerade als Ausländer als überwältigend und beängstigen erlebt. Wir haben dann auch ziemlich schnell festgestellt, dass es im Moment vielleicht nicht gut wäre, wenn ich wieder zurückgehe. Deswegen bin ich hier in Deutschland geblieben und habe elektronisch an den Nachfolger übergeben. Insgesamt war es, auch wegen den fehlenden Sprachkenntnissen, in China schon ein bisschen beängstigend. Hier ist es da, trotz der angespannten Situation, schon bedeutend angenehmer.
Der Blick auf ihren Lebenslauf zeigt, dass Sie bereits unter anderem in Hotels in der lettischen Hauptstadt Riga, auf Mauritius und im australischen Busch tätig waren, sowie in weiteren Hotels auf der ganzen Welt: Wie kam es zu dieser Weltreise?
Das hat sich meistens einfach so ergeben. So wie jetzt auch wieder bei Center Parcs. Mich reizt immer die Aufgabe, das Besondere, das Andere. Wenn dann ein neues Thema oder Projekt, wie etwa eine Komplettrenovierungen, eine Übernahmen oder ein Rebranding, aufgekommen ist, wo automatisch dieses andere in mir angesprochen wurde, war ich immer schnell dabei.
In der Regel waren Sie immer so zwei bis drei Jahren an einem Standort tätig: Hier im Ferienpark Allgäu wollen Sie nun aber länger bleiben, oder?
Ja. Die bisherige Dauer liegt natürlich an den Veränderungsprojekten, wie zum Beispiel Übernahmen. Da hat man oft einfach eine begrenzte Lebensdauer, in diese Projekte fließt in kurzer Zeit viel Energie rein. Und natürlich wollte ich dann schon immer auch noch etwas mehr von der Welt sehen. Jetzt möchte ich mal ein bisschen zur Ruhe kommen und an einem Ort richtig ankommen. Wieder selber eine Wohnung einrichten, ein soziales Umfeld aufbauen. Das geht nicht, wenn man irgendwo nur zwei Jahre ist.
Ist es eher ein Vor- oder ein Nachteil, dass Ihre Tätigkeit im Ferienpark Allgäu in einem Zeitraum begonnen hat, in dem der Park eine Pause einlegen musste?
Diese Frage habe ich mir selbst auch schon gestellt. Ich komme nicht aus der Ferienparkwelt, weswegen es für mich wahrscheinlich einfacher gewesen wäre, am Anfang den laufenden Betrieb beobachten zu können. So weiß ich zum Beispiel inzwischen sehr gut, wie die Anreise in einem Hotel oder einem Ressort funktioniert, wie dies in einem Center Parcs Park funktioniert dagegen noch nicht wirklich. Auf der anderen Seite komme ich in die Themen aus einer ganz anderen Perspektive rein und bekomme viel mehr Informationen, die man im Tagesgeschäft so gar nicht mitnehmen kann, weil gar keine Zeit dafür ist. Insgesamt würde ich daher sagen, dass sich Vor- und Nachteile die Waage halten. Aber natürlich freue ich mich, wenn jetzt dann bald die Gäste kommen.
Die ersten Gäste reisen bereits am Freitag, 29. Mai an. Wie hoch ist die Auslastung zum Beginn?
Natürlich fängt es erst einmal langsam an – mit rund 250 Häusern beziehungsweise einer Auslastung von 25 bis 30 Prozent. Was sich allerdings gerade noch täglich ändert: Während die einen noch etwas unsicher sind, und ihren Urlaub lieber nochmal etwas nach hinten verschieben, buchen dafür andere kurzfristig, um die Urlaubsmöglichkeit im eigenen Land zu nutzen. Mitte Juni geht die Auslastung dann bis etwa 50 Prozent hoch und Ende Juni, wenn in dem ein oder anderen Bundesland bereits die Sommerferien beginnen, werden wir sehr gut gebucht sein. Insgesamt ist das im Moment schwer genau vorauszusagen, aber wir sehen gerade eine sehr starke Nachfrage. Urlaub im eigenem Land und dies mit ein eigenes Haus in Mitte der Natur ist sehr gefragt.
Zuletzt kamen in den Ferienpark auch viele Gäste aus den Nachbarländern. Wird deren Anteil in den nächsten Monaten ihrer Meinung nach stark sinken?
Ich gehe schon davon aus, dass sich der Anteil etwas reduzieren wird. Es wird ja auch noch eine Weile dauern, bis es uneingeschränkt möglich ist, sämtliche Grenzen zu rein touristischen Zwecken zu überqueren. Eventuell ist bei diesen Urlauber auch noch die Besorgnis etwas größer, dass die Grenzen wieder zugehen, falls doch je wieder etwas passieren sollte. Prinzipiell kommt der Großteil der Gäste hier im Park Allgäu aber immer noch aus Deutschland. Aber wir sehen auch, dass es für die Sommersaison immer mehr Länder gibt, die Ihre Grenzen öffnen und wir rechnen auch, dass gerade für die Schweiz, Niederlanden und Österreich es sicher Möglichkeiten geben wird, um ins Allgäu zu verreisen.
Welche Einschränkungen werden die Urlauber, die jetzt in den ersten Wochen anreisen, haben, etwa bei den Aktivitäten?
Das Aqua Mundo und der Spa-Bereich werden erst einmal noch zu sein. Ansonsten haben wir eigentlich fast das komplette Angebot zur Verfügung. Was es zwar zum Start nicht geben wird, sind die Shows auf der Bühne, aber das Baluba (die IndoorSpielewelt, Anm. d. Red.), der Kinderbauernhof, alle Außenaktivitäten und auch Aktivitäten wie etwa das Indoor-Minigolf sind offen. Natürlich wird es insgesamt bei ein paar Aktivitäten Einschränkungen geben, dafür schaffen wir aber neue Aktivitäten. Ansonsten gibt es die Einschränkungen, die uns derzeit auch außerhalb des Ferienparks begegnen. Wie etwa die Maskenpflicht überall dort, wo der Mindestabstand nicht garantiert werden kann und die Registrierung der Gäste, etwa bei einem Restaurantbesuch.