Corona-Hysterie, Selbstverantwortung und Mensch sein
Da war sie wieder, diese Verunsicherung der Menschen in Sachen Corona. Das Rupert-NeßGymnasium und womöglich Andere erhielten einen anonymen Brief mit für die Verantwortlichen nicht nachvollziehbaren Anschuldigen und Vorwürfen. Ringsherum steigen die Zahlen. Die Gemütslagen reichen von besorgniserregend bis fast schon hysterisch. Auch in der Redaktion gibt und gab es Anrufe.
Eine Großmutter erzählte diese Woche, dass es eine Schule und das Gesundheitsamt ablehnen, einen Reihentest zu initiieren. „Gibt es denn dort Corona-Fälle?“frage ich. Nein, lautet die Antwort: „Aber alle haben Husten und Schnupfen.“Dann wird aufgelegt. Somit kann ich ihr gar nicht mehr erklären, dass ein Test quer durch die Schulbänke nichts, aber wirklich gar nichts bringt. Er wäre allenfalls eine Momentaufnahme, die nichts darüber aussagt, was morgen oder übermorgen ist. Ein heute erhaltener negativer Befund ist keine Garantie dafür, dass man nächste Woche noch immer gesund ist.
Verbunden ist dieses Verhalten mit oftmals zwei Dingen: Selbst will man damit nichts zu tun zu haben. Der eigene Name soll ja nicht fallen. Andere sollen die Verantwortung des eigenen Denkens und Handelns übernehmen und agieren, wie einem von außen aufgetragen. Dabei kenne ich keinen Rektor, Lehrer oder sonst irgendwie Verantwortlichen, der nicht Verständnis für (berechtigte) Sorgen hätte oder nicht an sinnvollen Ansätzen oder gar Lösungen interessiert wäre. Es ist, als hätten einige das Sprechen, die Kommunikation durch Corona mit- und untereinander verlernt.
Sache Nummer zwei sind die mittlerweile auch wieder aufziehenden Erkältungskrankheiten. Nein, es gibt kein Parameter, mit wieviel Schnupfen man noch in die Schule oder zur Arbeit gehen soll, kann und darf. Wie auch? Das heißt: Schüler und/oder Eltern (oder auch Arbeitnehmer) müssen im Zweifel selbst entscheiden. Und: Ja, in Corona-Zeiten schadet ein bisschen mehr Vorsicht sicher nicht. Delegieren lässt sich Verantwortung in diesem Zusammenhang aber nicht. Lehrkräfte oder Arbeitgeber sind schließlich keine Ersatz-Doktoren oder -Gesundheitsämter. Selbstverantwortung ist gefragt. Und auch die Verantwortung gegenüber anderen.
Vielleicht hat ihr Nachbar, „Miteinkäufer“oder sonst wer einfach noch nicht gewusst, dass sich zu Beginn einer Corona-Infektion am meisten Viren in der Nase befinden und der korrekt über der Nase getragene Schutz deshalb auch so wichtig ist? Vielleicht hat der Mitmensch die Maske in der Hektik des Alltags (wie wohl den meisten schon passiert) einfach im Auto vergessen? Vielleicht wäre es einfach gut und sinnvoll, sich eine Liste anzulegen, an denen man die täglich über 15 Minuten hinausgehende Kontakte festhält, um im Zweifel gerüstet zu sein? In Coronazeiten braucht es weder Delinquenten noch Anonymi. Es braucht ein bisschen Kreativität, eine Portion seriöse und wissenschaftlich fundierte Information, Verständnis, dass auch mal etwas daneben gehen kann und ein Lächeln auf den Lippen, das man übrigens auch mit Maske erkennt. Einfach gesagt: Menschen halt, die bereit sind, für sich und andere einzustehen.