Isny tritt Bündnis „Sicherer Hafen“bei
Knappe Mehrheit für „Grünen“-Antrag nach kurzer, emotionaler Debatte
ISNY - Mit dem denkbar knappsten Stimmenverhältnis – zehn zu acht; drei Stadträte fehlten entschuldigt – hat der Gemeinderat in seiner Sitzung am Montagabend im Kurhaus einem Antrag der „Grünen“-Fraktion vom 22. Juni dieses Jahres zugestimmt: Isny tritt dem Bündnis „Städte Sicherer Hafen“bei, als dritte Kommune im Landkreis Ravensburg nach Bad Waldsee und Grünkraut.
Dem Bündnis gehören aktuell 194 Landkreise, Städte und Gemeinden in Deutschland an, wie auf der Website der Mitte 2018 gegründeten „Bewegung Seebrücke“zu lesen ist. Sie setzen sich dafür ein, dass Flüchtlinge, die im Mittelmeer aus Seenot gerettet wurden, in Deutschland aufgenommen werden – über die aktuell auf europäischer Ebene praktizierten Quoten und den „Verteilerschlüssel“für Migranten hinaus, der aktuell in den Händen der Bundesregierung liegt.
Dementsprechend argumentierte die Stadtverwaltung in ihrer vom „Grünen“-Antrag abweichenden Beschlussvorlage, dass sie „einen Beitritt zum Bündnis nicht für erforderlich“halte, „weil die Flüchtlingsaufnahme vom Bund geregelt wird und neu ankommende Flüchtlinge aufgrund der Quotenverteilung im Landkreis Ravensburg zunächst nicht nach Isny“kämen. Gleichwohl erkläre sich „die Stadt Isny solidarisch mit Geflüchteten und sieht es als dringend und wichtig an, ihr Leben zu bewahren und ihre Menschenwürde zu achten“.
In einer persönlichen Stellungnahme erinnerte Bürgermeister Rainer Magenreuter daran, dass der Bundesrat vor rund drei Wochen beschlossen habe, „dass die Länder keine Zuständigkeit für die Verteilung der Flüchtlinge“bekommen. Damit seien auch Landkreisen und Kommunen die Hände gebunden: „Wir können Worte und Papier produzieren, haben aber keine Zuständigkeit.“Isny übererfülle „von Anfang an“die Aufnahmequote, wolle „weiter integrieren und optimal versorgen, doch durch schöne Beschlüsse würden wir nichts verändern, für mich ist das nicht zielführend“.
Rechtsanwalt und CDU-Stadtrat Marc Siebler begründete die Ablehnung seiner Fraktion damit, dass der Antrag der „Grünen“„verfassungsrechtlich
unzulässig“sei, weil ein Beitritt zum Bündnis „nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung ist“. Diese Argumentation hielt WolfDieter Massoth (SPD) für „vielleicht richtig“, doch der Gemeinderat müsse „ein Zeichen setzen, das auch appellativen Charakter für andere Kommunen haben könnte“. Als „sicherer Hafen“könne Isny jedenfalls ein weiteres Alleinstellungsmerkmal in der Region entwickeln.
Ähnlich sah es Fraktionskollege Peter Clement: „Es geht nicht darum, die Bundesregierung zu ersetzen, sondern um unsere Haltung – wir müssen vorangehen, unsere Solidarität erklären, das kostet uns erst mal nichts, bringt aber was in der öffentlichen Darstellung“.
Derweil übte SPD-Fraktionssprecher Edwin Stöckle Kritik an der Stadtverwaltung wegen der Sitzungsvorlage: „Ich habe ein Problem damit, wie ihr den Antrag umschreibt.“Das sei auch schon bei anderen Anträgen aus den Gemeinderatsfraktionen geschehen und habe ihn „aufgeregt“. Nun ziehe sich die Verwaltung „über eineinhalb Seiten auf die Position von Horst Seehofer“zurück, die auf Abschottung ausgerichtet sei. Der „wichtige Antrag der Grünen hat deshalb unsere volle Unterstützung“, sagte Stöckle im Namen der SPD-Fraktion.
Die kurze, aber emotional geführte Debatte hatte Grünen-Fraktionssprecherin Dorothee Natalis eröffnet: Sie nannte die städtische „Beschlussvorlage traurig, weil sie konterkariert, was wir beabsichtigen“, eine Zustimmung mache das Ratsgremium zu „Pharisäern“.
Parteikollegin Claudia Müller sagte, „man kann von Quoten reden, aber das sind Menschen in Not“. Der Antrag sei nicht nur ein Beitrittsbeschluss, sondern spätestens seit dem Brand im Flüchtlingslager Moria „ein Solidaritätszeichen mit Griechenland und Italien, die in Europa die Hauptlast“der Flüchtlingsaufnahme tragen. Isnys Beitritt wäre „ein kleines Zeichen, es würde was bringen, wenn 80 Prozent der Städte ihn auch erklären würden“– analog zum nötigen Handeln angesichts der Klimakrise. „Da passiert auch nichts, wenn jeder einzelne nur für sich was tut“, betonte Müller.
Bürgermeister Magenreuter stellte schließlich den „weitreichenderen“Antrag vom Juni zur Abstimmung, der mit den vier Stimmen der Grünen, drei aus der SPD-Fraktion (Erhard Bolender fehlte) sowie drei Stimmen aus den Reihen der Freien Wähler (FW) die Mehrheit fand. In Abwesenheit der beiden FW-Fraktionssprecher, Sibylle Lenz und Gebhard Mayer, lehnten die drei anderen FW-Räte zusammen mit den vier CDU-Vertretern und Bürgermeister Magenreuter den Bündnis-Beitritt ab. Eine Abstimmung über die Beschlussvorlage der Stadtverwaltung war somit hinfällig.
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