Dauerlösung Homeoffice
Wird die Heimarbeit zur Normalität, sollte man sich nicht nur den Standort des Schreibtisches genauer aussuchen
HAMBURG/BAD HONNEF (dpa) - Arbeiten von zu Hause aus hat durchaus Vorteile. Das haben viele in der Corona-Krise erkannt und bewiesen: Im provisorischen Büro am Küchentisch oder am Laptop auf dem Sofa kann man auch leistungsfähig sein. Darüber hinaus spart man sich die aufreibende Fahrt mit Auto oder ÖPNV ins Büro. Wer auf den Geschmack gekommen ist und das Homeoffice regelmäßig nutzen möchte, sollte aber eine dauerhafte Lösung schaffen. Sonst leidet nicht nur der Rücken, sondern eventuell auch die Familie oder Wohngemeinschaft.
„Wer nur mal für drei oder vier Wochen zu Hause arbeitet, kann mit einem Kompromiss gut leben“, meint Detlef Detjen, Geschäftsführer der Aktion Gesunder Rücken. Soll aber ein fester Arbeitsplatz eingerichtet werden, sind Küchentisch und Küchenstuhl nicht geeignet. „Da muss schon ein richtiger Büroarbeitsplatz her“, sagt Detjen.
Doch wo ist der passende Platz in der Wohnung? Wo stört ein Schreibtisch mit Bürostuhl, Regalen und Ablagen am wenigsten? „Die Wohnung ist ja in den meisten Fällen vollständig eingerichtet. Da ein zusätzliches Plätzchen zu finden, ist schwierig“, weiß die Hamburger Innenarchitektin Ines Wrusch. Zumal an den Arbeitsplatz auch bestimmte Anforderungen gestellt werden, damit man dort wirklich produktiv sein kann.
„Bei der Standortwahl sollte vor allem darauf geachtet werden, dass die notwendige Ruhe für ein konzentriertes Arbeiten gegeben ist und diese nicht von den anderen Bewohnern gestört wird“, sagt Christine Scharrenbroch vom Verband der Deutschen Möbelindustrie in Bad Honnef.
Ein wichtiges Kriterium ist daher die Art der Arbeit. Bevor man sich im Homeoffice niederlässt, sollte man sich daher fragen: Nehme ich an Videokonferenzen teil, telefoniere ich oft oder erledige ich eher still und konzentriert meine Aufgaben? „Davon hängt ab, wo und wie der Arbeitsplatz eingerichtet werden kann“, sagt Wrusch.
Die Küche oder Wohnzimmer sind für viele Menschen ein guter Ort zum Arbeiten, weil Computer, Bildschirm und andere Arbeitsutensilien auf dem Esstisch viel Platz finden. Aber dieser Raum ist gerade in größeren Familien sehr stark frequentiert und eignet sich deshalb nicht unbedingt als Dauerlösung. „Für den Heimarbeitsplatz muss ich entweder auf eine andere Funktion im Haus verzichten, oder einen neutralen Platz wählen, der zwei Funktionen gleichzeitig ermöglicht“, meint die Innenarchitektin.
Machbar ist das mit gut durchdachten Möbeln. „Da der heimische
Arbeitsplatz in der Regel nicht zu viel Raum einnehmen soll, eignen sich Schreibtische und Sekretäre, die funktional und wohnlich sind und sich optisch ansprechend ins Wohnoder Gästezimmer einfügen“, sagt Scharrenbroch. Manche Modelle lassen sich sogar im Flur oder auf einem Treppenabsatz unterbringen – „etwa in Form schicker Klappsekretäre an der Wand.“Wer mehr Platz zur Verfügung hat, für den bietet sich ein
Schreibtisch in L-Form samt Stauraummöglichkeiten an, sagt Scharrenbroch. Raumtrenner, etwa Bücherregale, sorgen für eine optische Abgrenzung von Wohn- und Arbeitsbereich.
Die ständige Erreichbarkeit ist durch die Heimarbeit noch gravierender geworden, warnen Gewerkschaften. Die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmt – Angestellte arbeiten laut der IG Metall
Baden-Württemberg zu Hause eher mehr und noch spät am Abend. Umso wichtiger ist ein ersichtlicher Abschluss des Arbeitstages. Beispielsweise sollte Arbeitsmaterial am Feierabend verstaut werden. Dafür eignen sich im Schreibtisch integrierte Schubladen, kleinere Schubladencontainer, unter Umständen auf Rollen, sowie Regalsysteme.
Wichtig ist, dass das Homeoffice möglichst ergonomisch gestaltet wird und Bewegung ermöglicht. „Immer beliebter werden höhenverstellbare Schreibtische, nicht nur im Büro, sondern auch im Homeoffice“, sagt Scharrenbroch. Sie sind durch die wechselnden Arbeitspositionen besonders rückenschonend.
„Es gibt Innovationen, die besonders rückenfreundlich sind“, weiß Detjen. „Ich denke da an einen neu entwickelten Säulenhubtisch, an dem man wahlweise stehen oder sitzen kann.“Die Tischfläche bietet lediglich Platz für einen Laptop. Das ganze Möbelstück ist dafür aber so klein und leicht, dass es nach der Arbeit problemlos in eine Ecke gestellt werden kann. „Beim Bürostuhl ist darauf zu achten, dass sich die Sitzfläche nach vorn und hinten sowie seitwärts bewegen lässt“, ergänzt der Rückenexperte.
Auch wenn der Platz in der Wohnung knapp ist: Die Entfernung vom Schreibtisch zum Bildschirm darf nicht zu klein sein. „Wir empfehlen einen Abstand von 60 bis 100 Zentimetern, weniger als 50 Zentimeter sollten es aber nicht sein“, sagt Detjen. Es gilt: Je größer der Monitor, desto größer der Abstand. Außerdem sollte der Blick auf den Bildschirm nicht geradeaus gerichtet, sondern der Kopf leicht nach unten geneigt sein. „Das ist die natürliche Blickrichtung, die Hals und Rücken am besten schont.“
Während gelegentliches Arbeiten zu Hause gut mit dem Notebook erledigt werden kann, ist für längeres Homeoffice ein Computer empfehlenswert. „Man kann auch eine Tastatur, die Maus und den Bildschirm separat an das Notebook anschließen und hat dann einen ergonomisch sinnvollen Arbeitsplatz“, sagt Detjen. Statt direkt in der Wohnung, bringen viele Hausbesitzer ihren Arbeitsplatz im Keller unter. Das ist grundsätzlich nicht schlecht, man sollte aber darauf achten, dass der Raum nicht zu dunkel ist. Sonst wird man schnell müde.
„Ein Blick in die Richtlinie zur Gestaltung von Arbeitsstätten kann auch beim Einrichten eines Homeoffice nützlich sein“, erklärt Wrusch. So sollten beispielsweise die Kellerfenster so angebracht sein, dass man im Sitzen rausschauen kann. „Und wichtig, vor allem im Keller, ist eine Tagesraumbeleuchtung. Sie ähnelt dem Sonnenlicht und erhöht das Wohlbefinden.“