Skurriler Versuch der Konfliktlösung
Indirekte Gespräche zwischen Iran und USA in Wien – Es geht um die Rettung des Atomabkommens
- Mit neuer Dynamik ist am Dienstag der Versuch gestartet, das Atomabkommen mit Iran zu retten. In Wien trafen sich unter Führung der EU Spitzendiplomaten der fünf verbliebenen Partner der Vereinbarung mit der Islamischen Republik.
„Alles oder Nichts“– so lautete die Botschaft, die dem iranischen Verhandlungsteam laut dem Teheraner Press TV mit auf den Weg nach Wien gegeben worden sei. Weiter hieß es unter Berufung auf eine „informierte Quelle“: „Wir werden kein anderes Ergebnis des Treffens akzeptieren als die vollständige Aufhebung (der gegen Iran verhängten) Sanktionen.“Der amerikanische Unterhändler Robert Malley werde die österreichische Hauptstadt mit leeren Händen verlassen müssen, falls das Ergebnis nicht erzielt werde, sagte die „informierte Quelle“weiter.
Nimmt man das für bare Münze, erscheint eine Lösung bei den seit Dienstag laufenden Gesprächen zur Rettung des von der Trump-regierung gekündigten Atomvertrags mit Iran unwahrscheinlich. Dennoch hat auch Teheran Kompromissbereitschaft signalisiert. Dass es in den nächsten acht Wochen mit den USA „indirekte Verhandlungen“führen wolle, ist ein Zugeständnis. Hardliner in Iran kritisierten dies scharf.
Deshalb wehrt sich das iranische Verhandlungsteam auch gegen den Begriff „indirekt“. Dabei beträgt die physische Distanz zwischen den beiden Delegationen dieses Mal weniger als 50 Meter: Die 4+1-Partner, also Großbritannien, Frankreich, China und Russland sowie Deutschland sprechen mit Iran in einem Saal und informieren anschließend die im gleichen Gebäude sitzenden Us-diplomaten über Teilergebnisse. Deren Reaktionen erhalten die Iraner ohne größere Zeitverzögerung.
Das ermöglicht Fortschritte. Man bewege sich in die richtige Richtung und sei dabei, aus der Sackgasse herauszukommen, hatte Irans Atomchef Ali Akbar Salehi den neuen Gesprächsmodus gelobt. Die „Mauer des Misstrauens“zwischen den beiden Erzfeinden müsse abgebaut werden. Auch die USA gehen nach Angaben ihres Chefunterhändlers Robert Malley mit einer „konstruktiven Haltung“in die Wiener Gespräche. Er wolle sehen, ob die USA und Iran „einen ersten Schritt“auf dem sicherlich steinigen Weg zur Rückkehr zum Atomvertrag machen könnten.
Dieser Schritt muss, so wiederholen es die Iraner, von den USA kommen und die Aufhebung aller Sanktionen beinhalten. Nach einer Prüfung, erklärte der iranische Aussenamtssprecher Saeed Khatibzadeh, werde man dann auch selbst wieder „vertragstreu“handeln und alle Auflagen jenes Abkommens befolgen, mit dem der Bau einer iranischen Atombombe verhindert werden soll.
Einen Plan, bei dem beide Seiten „Zug um Zug“vorgehen, werde man nicht akzeptieren, erklärte Irans Vize-außenminister Abbas Araghi. Ohne Zwischenschritte, das ist sicher, wird eine Rückkehr zum Atomabkommen unmöglich sein. Es brauche vertrauensbildende Maßnahmen, fordert auch die in Brüssel ansässige „International Crises Group“.
Us-unterhändler Robert Malley leitete die Organisation für Konfliktlösung und Friedensstiftung bis zum Januar dieses Jahres. Er hatte sich für solche Maßnahmen eingesetzt und dabei die Freigabe eingefrorener iranischer Auslandsguthaben zum Kauf humanitärer Güter ins Gespräch gebracht.
Nüchtern betrachtet ist Malley für die Iraner ein Glücksfall. Der erfahrene Diplomat ist im Gegensatz zu seinem Amtsvorgänger, dem Hardliner Elliot Abrahms, ein Gegner der Strategie des „maximalen Druck“auf Iran. Zum tiefen Verdruss von Israel, Saudi-arabien und den Emiraten will Malley die Krisen im Nahen Osten unter Einbindung der Islamischen Republik lösen. Fortgesetzte Konfrontation, so seine Überzeugung, sei kontraproduktiv.
Entsprechend heftig ist der Gegenwind, der Malley aus Jerusalem und Riad entgegenweht. So warf Israel am Wochenende dem amerikanischen Diplomaten vor, in einem Interview mit dem Us-rundfunksender PBS darauf verzichtet zu haben, Beschränkungen für das iranische Raketenprogramm zu fordern. Aus der Welt ist diese Forderung damit sicherlich nicht.