Absolut gehorsam – mit Charakter
Ein Jäger braucht einen Helfer, dem er blind vertrauen kann: seinen Hund – Worauf er achtet
- Artos folgt aufs Wort. Aber der Bayerische Gebirgsschweißhund hat auch seinen eigenen Kopf. „Ich will keinen charakterlosen Schatten. Deshalb breche ich seinen Willen nicht“, sagt Christian Berktold. Der 43-jährige Wertacher ist Berufsjäger und erzieht seine Jagdhunde selber. Doch dafür braucht es Zeit, viel Zeit. Die müsse jeder investieren, der einen richtigen Jagdhund haben will, sagt Berktold: „Aber das zahlt sich dann bei der Arbeit auch aus.“So findet Artos jedes Tier, das durch einen Autounfall oder einen Schuss verletzt wird und danach flüchtet.
Denn das zählt – neben der Betreuung zweier Reviere mit 4500 Hektar – auch zu den Aufgaben von Berktold. Bei etwa 100 Tieren im Jahr (nicht nur in seinen Revieren) müsse er auf „Nachsuche“gehen, also ein verletztes Tier finden. Der allergrößte Teil des Wildes werde von einem Auto angefahren. Danach flüchten beispielsweise Rehe, bis sie einen sicheren Ort erreichen. Und der kann weit entfernt sein. „Das Wichtigste ist, das Tier von seinem Leiden zu erlösen“, erklärt der 43-Jährige, seit 25 Jahren Jäger. Durch den Aufprall hätten sie oft innere Verletzungen oder Brüche und würden sonst qualvoll verenden.
Artos nimmt am Unfallort die Fährte auf und folgt ihr, bis er das Reh gefunden hat. Das hört sich leichter an, als es ist. Denn oftmals kreuzt ein verletztes Reh Fährten anderer Tiere oder ein Rehrudel läuft über dessen Fährte. Artos riecht dabei nicht nur den Schweiß des Rehs, sondern orientiert sich vor allem auch am Abdruck seiner Hufe. Berktold: „Das erfordert beim Hund allerhöchste Konzentration.“Artos ist mit seinen elf Jahren aber so erfahren, dass er nur der Fährte des verletzten Tieres folgt.
Auch der Hundeführer, der den Hund an der Leine hält, ist gefordert. „Das geht im hohen Tempo manchmal kilometerweit durch den Wald, auf und ab. Da musst du gut beieinander sein.“Außerdem muss er seinen Hund durch und durch kennen. Lässt sich der Vierbeiner von irgendwas ablenken, gilt es, ihn wieder auf die Fährte zu bringen. Entdeckt das Jagdgespann ein „warmes Wundbett“, also einen Platz, wo sich das verletzte Tier abgelegt hat, lässt der Jäger Artos von der Leine. Ab dann muss der Hund selbst Entscheidungen treffen. „Damit er das kann, braucht er seinen eigenen Willen.“Allerdings zeigt ein Gps-sender am Halsband des Tieres Berktold immer an, wo Artos gerade ist. Und so findet er den Jagdhund sofort, wenn er das Reh gestellt hat.
Wie bringt man einen Hund zu dieser Leistung? Voraussetzung sei, dass das Tier eine Veranlagung dazu hat, einen ausgeprägten Finderwillen
und eine hervorragende Nase. Dafür gebe es spezielle Hunderassen, die für die Fährtensuche gezüchtet werden: neben dem Bayerischen Gebirgsschweißhund der Hannoversche Schweißhund oder die Alpenländische Dachsbracke. Aber auch viele andere Rassen könnten dazu erzogen werden.
Beim Welpen geht es zunächst um Gehorsam, „wie bei der Erziehung aller Hunde“, sagt der Wertacher. Das Tier müsse wissen, dass es stets an zweiter Stelle stehe. Es gelte konsequent und, falls nötig, streng zu sein. Schon früh werde der Welpe an den Kontakt zum Wild gewöhnt, indem er Teile von Tieren erhält. Ist der Hund älter, führt ihn Berktold spielerisch ans Suchen heran. „Dabei darf man ihn nicht überfordern, sonst hat er keine Lust mehr.“Damit der Hund Freude am Stöbern hat, muss man ihn kräftig loben. „Hunde, die zu wenig gelobt werden, verlieren das Interesse an der Suche.“Die Tiere freuen sich aber auch, wenn der Mensch sich freut.
Nach zwölf Monaten kann er die Brauchbarkeitsprüfung ablegen – Voraussetzung für jeden guten Jagdhund. Die Herausforderung für den Hund wird schwerer bei Spezialprüfungen. Berktold, selbst Verbandsprüfer für Schweißhunde, legt dabei die Fährten. Und wenn der Hund versagt? „Dann ist meistens der Hundeführer verantwortlich.“