Alle drei Heinzl-insolvenzen laufen noch
Es gibt viele Gläubiger und es geht um Forderungen in Millionenhöhe – Das ist der aktuelle Stand
- Vor rund zwei Jahren ist der Bad Waldseer Unternehmer Christian Heinzl überraschend verstorben und noch immer wirft sein Firmengeflecht Fragen auf. Gleich drei Insolvenzverfahren sind im Anschluss eröffnet worden – und wohl noch lange nicht abgeschlossen. Das ist der aktuelle Stand.
Sie sind nur schwer zu durchschauen, die unternehmerischen Tätigkeiten des Christian Heinzl. Seine Arbeit war vielfältig, weit verstreut und reichte oftmals bis ins Ausland. Dadurch wird die rechtliche Einordnung erschwert, wie auch der zuständige Ravensburger Amtsgerichtsdirektor Matthias Grewe auf Sz-nachfrage erklärt. Er und weitere Prozessbeobachter gehen davon aus, dass die Verfahren allesamt noch länger andauern werden.
Zum besseren Verständnis: Zwei Insolvenzverfahren sind über die Vermögen der Firma Ch-consulting Gmbh sowie der LHP Dienstleistungsund Bildungsgesellschaft mbh anhängig. Neben diesen beiden Insolvenzverfahren wurde vor rund einem Jahr ein Nachlassinsolvenzverfahren beantragt und vom Gericht eröffnet.
Zuletzt berichtete die „Schwäbische Zeitung“im Oktober über die Insolvenzen. Insgesamt 40 Gläubiger, darunter einige Banken, Handwerker und öffentliche Stellen, wie das Finanzamt oder die Stadt Bad Waldsee und die Stadt Bad Schussenried, haben Forderungen in
Höhe von 12,5 Millionen Euro angemeldet.
Vom zuständigen Ravensburger Insolvenzverwalter Matthäus Rösch wurden 10,5 Millionen Euro anerkannt. Wie Rösch berichtet, ist es bei den 40 Gläubigern geblieben. „Ansonsten hat sich im Vergleich zum Oktober 2020 nicht viel verändert. Bis auf den Umstand, dass wir zwei Immobilien inzwischen verwerten konnten“, so Rösch.
Die Insolvenzmasse umfasst in erster Linie zehn Grundstücke, die zumeist bebaut sind, und sechs Photovoltaikanlagen. Dass zwei Immobilen verkauft werden konnten, dürfte bereits als Teilerfolg angesehen werden. Schließlich hat jede Immobilie eine ganz eigene Geschichte und weist spezielle Konstellationen auf. Rösch berichtete im Sz-interview im Oktober, dass mal eine Garage auf dem Nachbargrundstück gebaut wurde und mal Genehmigungen fehlen. So wurden beispielsweise Ferienwohnungen angeboten, die gar nicht angemeldet waren. Über einzelne Immobilien sind zudem Klageverfahren anhängig. „Vereinzelt ist das ein großes Chaos. Das sind komplexe Sachverhalte, die man in einem normalen Verfahren nicht hat“, sagte Rösch damals. Aktuell werde bei diesem Nachlassinsolvenzverfahren gemeinsam mit dem Nachlassinsolvenzverwalter an einer Gläubigerbefriedigung gearbeitet, wie Johannes Glaser, Anwalt der Familie, erklärt.
Etwas mehr Gläubiger sind beim Insolvenzverfahren der Firma Chconsulting Gmbh im Spiel, nämlich 47 Gläubiger. Sie haben rund 3,5 Millionen Euro an Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet. „Davon wurden rund eine Million Euro vorläufig und 1,1 Millionen Euro endgültig bestritten“, wie der zuständige Rechtsanwalt Klaus Tappmeier der „Schwäbischen Zeitung“erläutert. Die wesentlichen Gläubiger sind in diesem Falle Banken und die Agentur für Arbeit.
Wie Tappmeier berichtet, sind die Verwertungsverhandlungen weitestgehend abgeschlossen. „Aktuell verfolge ich noch Ansprüche auf Rückzahlung von Umsatzsteuern
„Vereinzelt ist das ein großes Chaos. Das sind komplexe Sachverhalte, die man in einem normalen Verfahren nicht hat.“
Insolvenzverwalter Matthäus Rösch
gegen den Staat Österreich in sechsstelliger Höhe. Hier ist zu befürchten, dass sich eine Klärung dieser Ansprüche wegen schwieriger steuerlicher Rechtsfragen noch länger hinziehen wird“, beschreibt der Fachanwalt für Insolvenzrecht die schwierige Arbeit und zeigt sogleich eine weitere Herausforderung auf. Schließlich werden darüber hinaus noch Anfechtungsansprüche geltend gemacht. Die Quotenerwartung hänge hierbei wesentlich von der Realisierung der Steuerrückerstattungsansprüche in Österreich sowie den Anfechtungsansprüchen
ab. „Deshalb lassen sich hierzu gegenwärtig keine seriösen Auskünfte geben“, so Tappmeier.
Die meisten Gläubiger werden beim Insolvenzverfahren der LHP Dienstleistungs- und Bildungsgesellschaft mbh ausgewiesen. Dort sind es rund 100, wie Rechtsanwältin Simone Kaldenbach im Sz-gespräch berichtet. „Die festgestellten Forderungen belaufen sich auf rund 2,5 Millionen Euro. Das ist der Betrag, der von uns und vom Gericht anerkannt wurde“, erklärt die Fachanwältin für Insolvenzrecht. Dieser Betrag könnte sich im Laufe des Verfahrens
aber weiter erhöhen, sofern entsprechende Nachweise vorgelegt werden. Hierbei wollen wiederum Banken, die Agentur für Arbeit, aber auch Leasingfirmen ihr Geld zurück.
Derzeit ist Kaldenbach noch mit der Abwicklung der Subsidiärhaftung beschäftigt. Was es damit auf sich hat? „Aufgrund des Insolvenzverfahrens kommt es zur Haftung der Entleiher aufgrund nicht abgeführter Sozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum des vorläufigen Insolvenzverfahrens. Wir haben mit einem Großteil der Kunden Vereinbarungen
getroffen und ein Treuhandkonto eingerichtet“, verdeutlicht Kaldenbach den aktuellen Verfahrensstand und zeigt ein gewisses Risiko für Unternehmen, die auf Zeitarbeiter setzen, auf. Die erfahrene Anwältin geht davon aus, dass sich das Insolvenzverfahren mindestens noch 1,5 Jahre hinziehen wird. Positiv ist, dass mit der Tempton Personaldienstleistungen Gmbh aus Essen bereits früh ein Investor für die Firma gefunden werden konnte, und damit waren rund drei Monate nach dem Insolvenzantrag alle 150 Arbeitsplätze gerettet.