Schwäbische Zeitung (Wangen)

Alle drei Heinzl-insolvenze­n laufen noch

Es gibt viele Gläubiger und es geht um Forderunge­n in Millionenh­öhe – Das ist der aktuelle Stand

- Von Wolfgang Heyer

- Vor rund zwei Jahren ist der Bad Waldseer Unternehme­r Christian Heinzl überrasche­nd verstorben und noch immer wirft sein Firmengefl­echt Fragen auf. Gleich drei Insolvenzv­erfahren sind im Anschluss eröffnet worden – und wohl noch lange nicht abgeschlos­sen. Das ist der aktuelle Stand.

Sie sind nur schwer zu durchschau­en, die unternehme­rischen Tätigkeite­n des Christian Heinzl. Seine Arbeit war vielfältig, weit verstreut und reichte oftmals bis ins Ausland. Dadurch wird die rechtliche Einordnung erschwert, wie auch der zuständige Ravensburg­er Amtsgerich­tsdirektor Matthias Grewe auf Sz-nachfrage erklärt. Er und weitere Prozessbeo­bachter gehen davon aus, dass die Verfahren allesamt noch länger andauern werden.

Zum besseren Verständni­s: Zwei Insolvenzv­erfahren sind über die Vermögen der Firma Ch-consulting Gmbh sowie der LHP Dienstleis­tungsund Bildungsge­sellschaft mbh anhängig. Neben diesen beiden Insolvenzv­erfahren wurde vor rund einem Jahr ein Nachlassin­solvenzver­fahren beantragt und vom Gericht eröffnet.

Zuletzt berichtete die „Schwäbisch­e Zeitung“im Oktober über die Insolvenze­n. Insgesamt 40 Gläubiger, darunter einige Banken, Handwerker und öffentlich­e Stellen, wie das Finanzamt oder die Stadt Bad Waldsee und die Stadt Bad Schussenri­ed, haben Forderunge­n in

Höhe von 12,5 Millionen Euro angemeldet.

Vom zuständige­n Ravensburg­er Insolvenzv­erwalter Matthäus Rösch wurden 10,5 Millionen Euro anerkannt. Wie Rösch berichtet, ist es bei den 40 Gläubigern geblieben. „Ansonsten hat sich im Vergleich zum Oktober 2020 nicht viel verändert. Bis auf den Umstand, dass wir zwei Immobilien inzwischen verwerten konnten“, so Rösch.

Die Insolvenzm­asse umfasst in erster Linie zehn Grundstück­e, die zumeist bebaut sind, und sechs Photovolta­ikanlagen. Dass zwei Immobilen verkauft werden konnten, dürfte bereits als Teilerfolg angesehen werden. Schließlic­h hat jede Immobilie eine ganz eigene Geschichte und weist spezielle Konstellat­ionen auf. Rösch berichtete im Sz-interview im Oktober, dass mal eine Garage auf dem Nachbargru­ndstück gebaut wurde und mal Genehmigun­gen fehlen. So wurden beispielsw­eise Ferienwohn­ungen angeboten, die gar nicht angemeldet waren. Über einzelne Immobilien sind zudem Klageverfa­hren anhängig. „Vereinzelt ist das ein großes Chaos. Das sind komplexe Sachverhal­te, die man in einem normalen Verfahren nicht hat“, sagte Rösch damals. Aktuell werde bei diesem Nachlassin­solvenzver­fahren gemeinsam mit dem Nachlassin­solvenzver­walter an einer Gläubigerb­efriedigun­g gearbeitet, wie Johannes Glaser, Anwalt der Familie, erklärt.

Etwas mehr Gläubiger sind beim Insolvenzv­erfahren der Firma Chconsulti­ng Gmbh im Spiel, nämlich 47 Gläubiger. Sie haben rund 3,5 Millionen Euro an Forderunge­n zur Insolvenzt­abelle angemeldet. „Davon wurden rund eine Million Euro vorläufig und 1,1 Millionen Euro endgültig bestritten“, wie der zuständige Rechtsanwa­lt Klaus Tappmeier der „Schwäbisch­en Zeitung“erläutert. Die wesentlich­en Gläubiger sind in diesem Falle Banken und die Agentur für Arbeit.

Wie Tappmeier berichtet, sind die Verwertung­sverhandlu­ngen weitestgeh­end abgeschlos­sen. „Aktuell verfolge ich noch Ansprüche auf Rückzahlun­g von Umsatzsteu­ern

„Vereinzelt ist das ein großes Chaos. Das sind komplexe Sachverhal­te, die man in einem normalen Verfahren nicht hat.“

Insolvenzv­erwalter Matthäus Rösch

gegen den Staat Österreich in sechsstell­iger Höhe. Hier ist zu befürchten, dass sich eine Klärung dieser Ansprüche wegen schwierige­r steuerlich­er Rechtsfrag­en noch länger hinziehen wird“, beschreibt der Fachanwalt für Insolvenzr­echt die schwierige Arbeit und zeigt sogleich eine weitere Herausford­erung auf. Schließlic­h werden darüber hinaus noch Anfechtung­sansprüche geltend gemacht. Die Quotenerwa­rtung hänge hierbei wesentlich von der Realisieru­ng der Steuerrück­erstattung­sansprüche in Österreich sowie den Anfechtung­sansprüche­n

ab. „Deshalb lassen sich hierzu gegenwärti­g keine seriösen Auskünfte geben“, so Tappmeier.

Die meisten Gläubiger werden beim Insolvenzv­erfahren der LHP Dienstleis­tungs- und Bildungsge­sellschaft mbh ausgewiese­n. Dort sind es rund 100, wie Rechtsanwä­ltin Simone Kaldenbach im Sz-gespräch berichtet. „Die festgestel­lten Forderunge­n belaufen sich auf rund 2,5 Millionen Euro. Das ist der Betrag, der von uns und vom Gericht anerkannt wurde“, erklärt die Fachanwält­in für Insolvenzr­echt. Dieser Betrag könnte sich im Laufe des Verfahrens

aber weiter erhöhen, sofern entspreche­nde Nachweise vorgelegt werden. Hierbei wollen wiederum Banken, die Agentur für Arbeit, aber auch Leasingfir­men ihr Geld zurück.

Derzeit ist Kaldenbach noch mit der Abwicklung der Subsidiärh­aftung beschäftig­t. Was es damit auf sich hat? „Aufgrund des Insolvenzv­erfahrens kommt es zur Haftung der Entleiher aufgrund nicht abgeführte­r Sozialvers­icherungsb­eiträge für den Zeitraum des vorläufige­n Insolvenzv­erfahrens. Wir haben mit einem Großteil der Kunden Vereinbaru­ngen

getroffen und ein Treuhandko­nto eingericht­et“, verdeutlic­ht Kaldenbach den aktuellen Verfahrens­stand und zeigt ein gewisses Risiko für Unternehme­n, die auf Zeitarbeit­er setzen, auf. Die erfahrene Anwältin geht davon aus, dass sich das Insolvenzv­erfahren mindestens noch 1,5 Jahre hinziehen wird. Positiv ist, dass mit der Tempton Personaldi­enstleistu­ngen Gmbh aus Essen bereits früh ein Investor für die Firma gefunden werden konnte, und damit waren rund drei Monate nach dem Insolvenza­ntrag alle 150 Arbeitsplä­tze gerettet.

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FOTO: HEY Im Sommer 2019 ist Christian Heinzl überrasche­nd verstorben. Kurz darauf wurden Insolvenzv­erfahren eröffnet, die wohl noch einige Zeit andauern werden.

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