EZB lässt Zinsen bei Null und kauft weiter Anleihen
(AFP) - Die Europäische Zentralbank (EZB) hält auch vor dem Hintergrund erster wirtschaftlicher Entspannungen und einer steigenden Inflationsrate an ihrer lockeren Geldpolitik fest. „Wir werden die zentralen Ezb-leitzinsen unverändert lassen“, sagte Ezbpräsidentin Christine Lagarde am Donnerstag. Auch das Corona-notprogramm werde unverändert fortgesetzt, sagte Lagarde weiter. Eine Reduzierung des Pandemie-notprogramms wäre „verfrüht“und ein „Risiko für die derzeitige Erholung der Wirtschaft und die Entwicklung der Inflation“.
Lagarde bezeichnete die Entscheidung des EZB-RATS als eine Geldpolitik der „ruhigen Hand“. Die Fortführung der lockeren Geldpolitik sei „essenziell, um Unsicherheiten zu reduzieren und das Vertrauen zu stärken“.
Die EZB hob die Wirtschaftsprognose für die Eurozone aufgrund sinkender Corona-fallzahlen und erfolgreicher Impfprogramme deutlich an. Für das Jahr 2021 werde ein Wirtschaftswachstum von 4,6 Prozent erwartet, für das Jahr 2022 eine Wachstumsrate von 4,7 Prozent. Die vorherigen Prognosen lagen bei vier beziehungsweise 4,1 Prozent. Die Prognose für 2023 beließ die EZB bei 2,1 Prozent, sagte Lagarde. Für „Gegenwind“sorgten jedoch Lieferengpässe in der Industrie.
- Das Land Baden-württemberg will beim Ausbau der Windkraft im Südwesten Gas geben und dafür auch die kommunalen Entscheidungsträger sowie die Naturschutzverbände stärker in die Pflicht nehmen. Das kündigte Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) auf einer digitalen Konferenz der Windkraftbranche am Donnerstag an. „Die Windenergie ist das Herzstück der Energiewende. Deshalb brauchen wir in den kommenden fünf Jahren eine deutliche Beschleunigung im Ausbau gegenüber der vergangenen Legislaturperiode“, sagte Walker.
Die grün-schwarze Landesregierung hat sich im Koalitionsvertrag vorgenommen, in den kommenden Jahren bis zu 1000 neue Windräder aufzustellen. Dazu soll der Staatswald stärker für den Ausbau geöffnet und dort jede zweite Anlage errichtet werden. Zudem wurde beschlossen, zwei Prozent der Landesfläche für erneuerbare Energien zur Verfügung zu stellen. Dieses Ziel soll laut Walker in das Klimaschutzgesetz des Landes aufgenommen werden und die Verfügbarkeit von Flächen für den Bau von Windkraftanlagen „kurz- und langfristig deutlich verbessern“. Die Ministerin kündigte darüber hinaus den Aufbau einer Taskforce auf Landesebene an, deren Ziel die rasche Umsetzung der ehrgeizigen Ausbaupläne sein soll.
In den vergangenen Jahren ist der Zubau von Windenergiekapazitäten in Baden-württemberg fast vollständig zum Erliegen gekommen. Dabei hatten die Grünen noch 2012 gemeinsam mit der damals mitregierenden SPD das Ziel ausgegeben, 1200 Windkraftanlagen zu bauen, um bis 2020 mindestens zehn Prozent des Energiebedarfs aus heimischer Windenergie zu erzeugen. Doch aktuell sind im Südwesten nicht einmal 800 Windkraftanlagen in Betrieb. Als wesentliche Gründe gelten lange Genehmigungsverfahren, viele Klagen betroffener Bürger und Vorgaben des Bundes, die Baden-württemberg im Vergleich zu Norddeutschland benachteiligen. Außerdem müssen Artenschutz und Windkraft aufeinander abgestimmt werden.
Dieses komplexe Geflecht widerstreitender Interessen will Walker aufknoten. Und zwar mit einer Neujustierung von Natur-, Arten- und Klimaschutz – und das möglichst bundeseinheitlich. Der Ministerin schwebt dabei ein „Windenergiebeschleunigungsgesetz“vor, mit dem der stockende Ausbau in Fahrt kommen soll. Und klar ist: Der Ausbau muss in Fahrt kommen, wenn Deutschland, wenn Baden-württemberg, die selbst gesteckten Klimaziele erreichen will, und wenn auch in zehn, 15 Jahren noch eine nennenswerte industrielle Wertschöpfung im Südwesten stattfinden soll.
In den kommenden Jahren steigt Deutschland nämlich nicht nur aus der Kernkraft, sondern auch aus der Kohleverstromung aus – Energieträger die aktuell für mehr als die Hälfte der Bruttostromerzeugung in Badenwürttemberg verantwortlich zeichnen. Sich danach allein auf Stromimporte zu verlassen – sei es vom Ausland oder von den windhöffigen Bundesländern im Norden der Republik – ist keine Option. „Vor diesem Hintergrund müssen wir die Ausbauziele für Windkraft nicht nur erreichen, wir müssen sie sogar übertreffen“, sagt Georg Nikolaus Stamatelopoulus, Vorstandsmitglied beim Energiekonzern ENBW.
Das Unternehmen hat aktuell Onshore-windkraftkapazitäten von knapp einem Gigawatt am Netz, davon jedoch nur 170 Megawatt in Baden-württemberg. Stamatelopoulus zufolge will ENBW seine Onshorewindkraftkapazitäten bis 2025 noch einmal verdoppeln – und das nach Möglichkeit vor allem im „Stammland Baden-württemberg“– doch dafür müssten die Rahmenbedingungen stimmen.
Auf einen raschen Ausbau erneuerbarer Energien pocht auch Ines Lang, die beim Ludwigshafener Chemiekonzern BASF für die Energieund Klimapolitik mitverantwortlich ist. Klimaneutralität, also den Ersatz fossiler Energieträger wie Erdöl oder Erdgas, sagt Lang, gehe nur über erneuerbare Energien. Und Windkraft spiele dabei die größte Rolle. Allein für den Stammsitz Ludwigshafen rechnet die Managerin vor: „Unser Strombedarf steigt dadurch von heute sechs Terrawattstunden auf 20 Terrawattstunden im Jahr 2035.“
Lang zufolge könne es sich das Land daher gar nicht leisten, Potenziale zum Ausbau erneuerbarer Energien liegen zu lassen, wenn große, energieintensive Industriestandorte wie BASF Ludwigshafen langfristig bestehen sollen. Die Bereitschaft der BASF, solche Projekte mitzufinanzieren, sei da.
In der Windkraftbranche selbst nimmt man die Signale aus Stuttgart mit Wohlwollen auf, und drängt auf Eile. Julia Wolf, Landesvorsitzende des Bundesverbands Windenergie (BWE) in Baden-württemberg, mahnte am Donnerstag die Schaffung der Rechtsgrundlagen an, damit das Zwei-prozent-flächenziel auch durchgesetzt werden kann. Heute weise nur eine von fünf Gemeinden im Südwesten Flächen für Windkraft aus.
Das sei viel zu wenig. „Windenergie ist keine freiwillige Option mehr, sondern muss endlich zur Selbstverständlichkeit werden – in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft“, sagte Wolf.
Zudem müsse die Landespolitik bei den zuständigen Behörden mit Nachdruck einfordern, dass Genehmigungsverfahren
in akzeptablen Zeiträumen abgeschlossen würden. Immerhin gäbe es einige vorbildliche Landratsämter, die binnen sechs bis zwölf Monaten eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz erteilen, berichtete die Bwe-landesvorsitzende. Doch viel zu oft würden die Genehmigungen verschleppt.
Das hat viel mit dem Protest örtlicher Bürgerinitiativen zu tun, die immer öfter gegen die „Verspargelung“der Landschaft, gegen Lärm- und Infraschallbelästigungen auf die Barrikaden steigen. Die Branche wünscht sich deshalb auch „mehr Rückendeckung für die Bürgermeister vor Ort von der Politik“. Das, so Bwedeutschland-geschäftsführer Wolfram Axthelm, würde es den Entscheidungsträgern leichter machen.
Mehr Pragmatismus forderte Wolf darüber hinaus beim Artenschutz ein. So müsse es vorrangig um den Schutz von Populationen gehen, nicht um den Schutz von Individuen, wie es Stand heute der Fall sei. Das hat beispielsweise zur Folge, dass schon einzelne Rotmilan-horste ein Windkraftprojekt kippen können. „Klimaschutz muss künftig stärker gewichtet werden als bisher, denn Klimaschutz ist Artenschutz“, erklärte Wolf.
Das mahnte jüngst auch Peter Hauk an, der für den Staatswald verantwortliche Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden-württemberg. „Wenn es derzeit zu Verboten beim Ausbau der Windkraft kommt, liegt es häufig an Konflikten mit dem Artenschutz, hier müssen Lösungen gefunden werden, denn wir brauchen beides“, sagte der Cdu-politiker. Hauk forderte eine Reform des Artenschutzes, um den Ausbau der Windkraft zu forcieren.
Naturschützer zeigen sich offen für solche Gespräche. Es könnten Ausnahmen erteilt werden, um Windenergieanlagen zu erlauben, sagte die neue Bund-landesvorsitzende Sylvia Pilarsky-grosch vor einigen Tagen. „Aber dafür braucht es Artenstützungsprogramme, ein Konzept also, wie diese Art außerhalb der Windenergiegebiete gestützt werden kann.“Es könne auf einzelnen Flächen auch Windenergie ermöglicht werden, ohne den Artenschutz aufzugeben. „Wir akzeptieren, wenn das Recht flexibler angewendet wird, wir wollen es aber nicht ändern.“
Umweltministerin Walker zeigte sich am Donnerstag optimistisch, Windkraftausbau und Artenschutz unter einen Hut zu bekommen. Auch die Vergaben von Flächen im Staatswald soll „so schnell wie möglich“starten. Die dafür notwendigen Stellen würden gerade aufgebaut.