Erneute Kampfansage gegen Bahnübergang
Kißleggs Gemeinderat steht geschlossen hinter einem Spd-antrag
- Eine halbe Stunde. So lange stand im März ein Einsatzfahrzeug der Johanniter aufgrund einer Störung der Schrankenanlage am Bahnübergang. Drei Monate lang haben die Johanniter, die rund 110 Einsätze im Monat haben, alle Fahrten akribisch dokumentiert, bei denen sie während der Anfahrt zum Einsatzort an den Schranken standen.
Spd-gemeinderat Jakob Frey stellte nun bei der jüngsten Sitzung des Gemeinderates einen Antrag, der beinhaltet, den politischen Druck zur Planung und Realisierung einer Bahnunterführung zu erhöhen – und dies mit den jüngsten Erfahrungen und Beobachtungen der Rettungskräfte und den daraus resultierenden, möglichen gesundheitlichen Gefahren zu begründen.
Es sind bemerkenswerte Zahlen, die Spd-gemeinderat Jakob Frey zusammengestellt hat. Von der jährlichen Zahl der Herzinfarkttoten in Deutschland über die durchschnittlichen Eintreffzeiten des Rettungsdienstes am Einsatzort bis hin zur Tatsache, dass täglich knapp 70 Züge das Kißlegger Nadelöhr zu passieren haben, reichten seine Ausführungen. Ab Dezember werde sich die Zugfrequenz mit dem Fahrplanwechsel noch einmal um 20 Züge pro Tag erhöhen.
Im Beobachtungszeitraum von drei Monaten wurden 28 Einsätze der Johanniter dokumentiert, die durch verschlossene Schranken unterbrochen wurden. „Im Schnitt sind das vier Minuten Wartezeit“, sagte Frey. Vier Minuten, die die Anfahrtszeit zusätzlich und auf dann insgesamt 10,48 Minuten gegenüber der durchschnittlichen Zeit in Badenwürttemberg verlängern. Viel Zeit, wenn man weiß, dass zum Beispiel ein unterversorgtes Gehirn nach drei bis fünf Minuten unwiederbringlich zu sterben beginnt.
Aus alldem formulierte Frey seinen Antrag, der von der Verwaltung ausdrücklich begrüßt wird. Zusammen mit der Bevölkerung will er laut Beschlussvorlage „Maßnahmen entwickeln, die die Dringlichkeit des Projekts Bahnunterführung gegenüber der Landespolitik und der DB Netz AG deutlich machen“.
Die Gemeinde Kißlegg sei aus Sicht des Gesundheitsschutzes nicht länger bereit, Verzögerungen beim Planungsprozess zur Unterführung im Zuge der L 265 zu akzeptieren, heißt es in der Vorlage: „Deshalb fordert der Gemeinderat von der neuen Landesregierung, die Planungen und den Bau für die Bahnunterführung mit höchster Priorität voranzubringen, die Finanzierung zu sichern und innerhalb von einem Jahr das Planfeststellungsverfahren zu starten.
„Es nützt nicht viel, Briefe zu schreiben und irgendwo anzurufen. So richtig vorwärts kommen wir so nicht“, berichtete Bürgermeister Dieter Krattenmacher (CDU) über seine Erfahrungen, die auch ein Stück weit Ohnmacht signalisieren.
Immerhin kämpft Kißlegg laut Gemeinderat Detlef Radke (Freie Wählervereinigung) seit mehr als 40 Jahren für eine Verkehrsentlastung am Bahnübergang.
Die durchtrennende Schranke – mit der Rettungswache auf der einen und dem Kernort auf der anderen Seite – sei „gefährlich für Leib und Leben“, sagte Krattenmacher: „Das gilt auch für die Feuerwehr.“Frey schlug einen „Brandbrief an die Landesregierung und das Initiieren einer Petition“vor.
Krattenmacher plädierte dafür, die bisherige Kommunikationsstrategie zu überdenken und sich bemerkbar(er) zu machen. Auch aus der Bevölkerung heraus müsse, so Krattenmacher, „richtig Druck entstehen“. Seine Sicht der Dinge äußerte auch Gol/elk-gemeinderat Hubert Braun: „Meines Erachtens müssen wir massiver auftreten und aggressiver vorgehen.“
Gol-elk-fraktionsvorsitzender Andreas Kolb fragte trotz grundsätzlicher Zustimmung zum Protest nach, ob die Johanniter nicht auf der anderen Seite des Bahnübergangs eine Heimat finden könnten. Der Standort sei gekoppelt an Kreisverbands-genehmigungen, sagte Jakob Frey. Zudem müsste dann auch ein neues Gebäude errichtet werden. Krattenmacher machte deutlich, dass der heutige Standort sehr wohl mit Bedacht gewählt worden sei – und auch die Bereiche Wolfegg und Immenried abdecken müsse: „Es gibt keine Alternative dazu.“
Detlef Radke, Fwv-fraktionsvorsitzender, ermahnte die im Gemeinderat vertretenen und auch landesweit organisierten Parteien: „Sie müssen an Ihre Abgeordneten ran.“Bürgermeister Dieter Krattenmacher schlug vor, aus jeder Fraktion einen oder zwei Vertreter zu benennen, die sich in Kürze treffen, Ideen sammeln und eine Mobilisierungsstrategie entwickeln möchten: „Vielleicht können wir dann schon in der Julisitzung Ergebnisse präsentieren.“Für den Grundsatzbeschluss gab es ein klares und einstimmiges Votum – für den Beschlussvorschlag der Verwaltung.