Bundestag verlängert Corona-sonderrechte bis Herbst
Gesundheitsminister Spahn bekräftigt Impfangebot an Jugendliche ab zwölf Jahren
- Trotz deutlich gesunkener Corona-neuinfektionszahlen hat die Mehrheit der Abgeordneten im Bundestag auf Antrag von Union und SPD das Fortbestehen einer „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“um weitere drei Monate beschlossen. Damit hat der Bund anders als in Zeiten ohne Epidemie das Recht, ohne Zustimmung des Bundesrates Verordnungen zu erlassen, etwa zu Tests, Impfungen, zum Arbeitsschutz oder zur Einreise.
Für Stephan Pilsinger (CSU) ging es dabei darum, „die Erfolge nicht leichtfertig zu verspielen“. Das Virus sei noch nicht weg, die Mutationen seien gefährlich. Auch Rudolf Henke (CDU) hält die Lage noch immer für „fragil“. Und Sabine Dittmar (SPD) sagte, „das Virus ist in Lauerstellung“. Allerdings hoffe sie, dass die Verlängerung zum letzten Mal erfolgen müsse.
Die epidemische Lage war erstmals am 25. März 2020 festgestellt und zuletzt am 4. März 2021 verlängert worden. Eine „epidemische Lage“liegt laut Infektionsschutzgesetz vor, „wenn eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik Deutschland besteht“.
Heftige Kritik an der Verlängerung kam aus der Opposition. Man dürfe, so Christine Aschenberg-dugnus (FDP), „den Ausnahmezustand nicht als Dauerschleife fortführen“. Eine derartige Pauschalvollmacht für die Regierung brauche man nicht. Gesine Lötzsch (Linke) forderte, „den rigiden Zentralismus zu beenden“und dem Parlament alle Rechte zurückzugeben. Detlev Spangenberg (AFD) hielt die Verlängerung für „abenteuerlich“. Und Manuela Rottmann (Grüne) beklagte, dass Gesundheitsminister Jens Spahn nun weiterhin „Geld säckeweise aus dem Fenster werfen“könne.
Unterdessen sind laut Bundesgesundheitsministerium inzwischen 20,6 Millionen Menschen, und damit 24,8 Prozent der Gesamtbevölkerung, vollständig gegen Corona geimpft. Mehr als 39,5 Millionen Deutsche, 47,5 Prozent der Bevölkerung, haben mindestens eine Impfdosis erhalten.
Das Ministerium bekräftigte, ungeachtet der zurückhaltenden Linie der Ständigen Impfkommission (Stiko) weiterhin auch die Impfung von älteren Kindern und Jugendlichen zu befürworten. Man begrüße es, „wenn Kinder in die Impfkampagne miteinbezogen werden", sagte ein Sprecher am Freitag. Grundlage dafür sei die Zulassung des Impfstoffs von Biontech ab zwölf Jahren durch die Eu-arzneimittelbehörde.
Die Stiko hatte am Donnerstag lediglich die Impfung von Kindern und Jugendlichen bei bestimmten Vorerkrankungen oder anderen Risikofaktoren empfohlen. Impfungen sind trotzdem nach ärztlicher Beratung für alle möglich. Kanzleramtschef Helge Braun (CDU), von Beruf Arzt, riet denn auch, Kinder und Jugendliche sollten „individuell mit ihren Eltern und ihrem Impfarzt entscheiden, ob sie sich jetzt schon impfen lassen wollen“. Wichtig sei dabei allerdings, weder auf die Kinder noch auf die Eltern Druck auszuüben – „weder in die eine noch in die andere Richtung“.