Ein Blick ins Persönliche
Ein Welttag feiert das Tagebuch – Welche Prominenten darin ihre Gefühle und Erlebnisse dokumentierten
(dpa) - „Ich reise niemals ohne mein Tagebuch. Man sollte immer etwas Aufregendes zu lesen bei sich haben“, schreibt Oscar Wilde 1895. Es gibt unzählige Tagebücher – bekannte, unbekannte und bereits vergessene. In der Regel sind die Aufzeichnungen sehr persönlich, veröffentlicht werden sie meist nur in Ausnahmefällen. Neben berühmten Autoren haben sich auch Rockmusiker und Seefahrer Notizen gemacht. Ihnen gebührt eine Erinnerung anlässlich des Welttags des Tagebuchs am Samstag.
Anne Frank
(1929 bis 1945): Sie schreibt das wohl bekannteste Tagebuch. Das jüdische Mädchen versteckt sich von 1942 bis 1944 mit seiner Familie in Amsterdam vor den deutschen Nationalsozialisten. Anne beschreibt dabei sehr persönlich, wie sie die Schreckensherrschaft der Nazis erlebt. „… werde ich jemals Journalistin und Schriftstellerin werden? Ich hoffe es, ich hoffe es so sehr! Mit Schreiben kann ich alles ausdrücken, meine Gedanken, meine Ideale und meine Phantasien“, trägt sie am 5. April 1944 ein. Die Familie wird entdeckt. Im Februar 1945 stirbt Anne im Alter von 15 Jahren im Konzentrationslager Bergen-belsen. Der Welttag des Tagebuchs am 12. Juni geht auf ihren Geburtstag zurück. Es ist zugleich der Tag, an dem sie 1942 von ihrem Vater ein Notizbuch geschenkt bekommt.
Astrid Lindgren
(1907 bis 2002): Die schwedische Kinderbuchautorin beweist schon früh ihr Schreibtalent. Mit den Worten „Oh! Heute hat der Krieg begonnen. Niemand wollte es glauben“, beginnt im September 1939 ihr Kriegstagebuch. Mit der Hilfe von Zeitungsartikeln, Briefen und Zeitdokumenten belegt Lindgren die Ereignisse während des Zweiten Weltkriegs. Anfangs fürchtet sie eine Invasion der Sowjetunion - später wandelt sich auch ihr Bild von Deutschland. „Die Menschheit hat den Verstand verloren. Verbesserung ist nicht in Sicht.“Die damals 32-jährige Mutter zweier Kinder hatte erst einige Kurzgeschichten in Zeitschriften veröffentlicht.
Franz Kafka
(1883 bis 1924): Der Schriftsteller führt von 1909 bis 1923 Tagebuch. Darin vermischt er autobiografische und literarische Texte. „Ich werde das Tagebuch nicht mehr verlassen. Hier werde ich mich festhalten“, schreibt er am 16. Dezember 1910. Neben diesen Einträgen hält Kafka auch auf vier Reisen zwischen den Jahren 1911 und 1913 seine Eindrücke fest. „In nahezu jedem Brief und jedem Tagebuchblatt taucht vor dem Leser das Bild des genialen Menschen auf, der das Leben als Qual empfindet“, schreibt Ludwig Winter über Kafkas Tagebuch. Beide waren Autoren des „Prager Kreises“. Besonders ergreifend sind für Winter die Aufzeichnungen aus den letzten Lebensjahren. „Der grausige Humor, der zuweilen durchbricht, macht vieles in Kafkas Dichtungen erst recht verständlich.“
Kurt Cobain
(1967-1994): 2002 werden postum die privaten Aufzeichnungen des Nirvana-sängers veröffentlicht. In 23 Notizbüchern hinterlässt der Wegbegründer des Grunge rund 800 eng beschriebene Seiten. Unter den Schriftstücken befinden sich auch zahlreiche Briefe an Cobains verschiedene Geliebte, Zeichnungen, Grafiken, Fotos und Liedtexte. „Lesen Sie bitte mein Tagebuch, sehen Sie meine Sachen und lernen Sie mich kennen“, heißt es von Cobain.
Erich Kästner
(1899 bis 1974): Seine Erlebnisse im zusammenbrechenden „Dritten Reich“beschreibt der Kinderbuchautor in „Notabene 45“. Die Aufzeichnungen beginnen im Februar 1945 kurz vor den Luftangriffen auf seine Heimatstadt Dresden. Obwohl Kästner in Nazi-deutschland mit einem Schreibverbot belegt, seine Texte bei der Bücherverbrennung 1933 vernichtet und er wiederholt verhört wurde, gilt „Notabene 45“nicht ausschließlich als Abrechnung mit dem Ns-regime. Ironisch kommentiert er den alltäglichen Wahnsinn, etwa die bis zuletzt unermüdlich arbeitende Bürokratie der Deutschen. Die Angriffe alliierter Truppen in der Endphase des Krieges benennt er ebenfalls eindrücklich.
Christoph Kolumbus
(1451 bis 1506): Eine Art Tagebuch führt auch der italienische Seefahrer und Entdecker. „Um zwei Uhr morgens kam Land in Sicht“, schreibt er am 12. Oktober 1492 in sein privates Logbuch über die Ankunft in Amerika. „Dort entfaltete ich die königliche Flagge. Unseren Blicken bot sich eine Landschaft dar, die mit grün leuchtenden Bäumen bepflanzt und reich an Gewässern und allerhand Früchten war.“Kolumbus verfasst das Logbuch nicht für sich selbst, sondern für das spanische Königspaar. So könne er die ihm neue Welt eindrucksvoller beschreiben, als es ihm in mündlicher Form möglich sei.