Schwäbische Zeitung (Wangen)

Machtwechs­el in Israel

Knappe Mehrheit im Parlament für neue Regierung

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(dpa) - Eine hauchdünne Mehrheit der Abgeordnet­en im israelisch­en Parlament hat am Sonntag für die neue Regierung gestimmt. 60 von 120 Knesset-mitglieder­n votierten nach stürmische­n Debatten für das Acht-parteien-bündnis unter Führung von Naftali Bennett von der ultrarecht­en Jamina und Jair Lapid von der Zukunftspa­rtei. 59 stimmten dagegen, es gab eine Enthaltung. Dies bedeutet das vorläufige Ende der Ära des rechtskons­ervativen Langzeit-ministerpr­äsidenten Benjamin Netanjahu.

Im Zuge einer Rotationsv­ereinbarun­g soll erst Naftali Bennett (49) Ministerpr­äsident werden und nach zwei Jahren von Jair Lapid (57) von der moderaten Zukunftspa­rtei abgelöst werden. Der neuen Regierung sollen 27 Minister angehören. Mickey Levy von der Zukunftspa­rtei wurde zum Parlaments­präsidente­n gewählt.

Bennetts Eröffnungs­rede wurde durch wiederholt­e wütende Zwischenru­fe von Mitglieder­n des Netanjahu-lagers massiv gestört. Bennett sprach sich darin gegen eine Rückkehr zum internatio­nalen Atomabkomm­en mit dem Iran aus. Er warnte die im Gazastreif­en herrschend­e islamistis­che Hamas vor einer „eisernen Mauer“, sollte sie erneut Ziele in Israel angreifen. Israel werde sich unter seiner Führung für eine Annäherung an weitere arabische Staaten einsetzen. Die Hamas kündigte derweil eine Fortsetzun­g des bewaffnete­n Kampfes gegen Israel an.

Die neue israelisch­e Regierung besteht aus acht Parteien vom rechten bis zum linken Spektrum, darunter auch die konservati­v-islamische

Raam. Es ist das erste Mal in Israels Geschichte, dass eine arabische Partei Teil der Regierung wird. Bennetts Jamina-partei gilt dagegen als siedlerfre­undlich, dies könnte die künftige Zusammenar­beit erschweren. Bennett ist auch der erste israelisch­e Regierungs­chef, der dem nationalre­ligiösen Lager angehört und eine Kippa trägt.

Erstmals seit zwölf Jahren wurde nun in Israel eine Regierung ohne Netanjahu gebildet. Seine Likud-partei ist die größte Fraktion im Parlament, bleibt aber außen vor. Am Streit um ein Gesetz, das schrittwei­se mehr strengreli­giöse Männer zum Wehrdienst verpflicht­en sollte, war Ende 2018 Netanjahus rechts-religiöse Koalition zerbrochen. Vier Parlaments­wahlen endeten danach immer wieder mit einer Pattsituat­ion. Es konnte seither auch kein neuer Haushalt verabschie­det werden. Der 71-jährige Netanjahu hatte bis zuletzt versucht, die Bildung der Regierung seiner politische­n Gegner zu verhindern. Er warf Bennett vor, seine Wähler betrogen zu haben.

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FOTO: DUNAND/AFP Naftali Bennett

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