„Wir versuchen, unsere Wiese zu verteidigen“
Dieses Problem gibt es bei der Teilnahme der Waldorfschule an der Landesgartenschau
- Die Landesgartenschau 2024 in Wangen wirft schon lange ihre Schatten voraus. Auch die Freie Waldorfschule Wangen bereitet sich auf das Ereignis vor. Welche Rolle der Schulgarten bei der Landesgartenschau spielt und warum es Probleme mit einem Wiesengrundstück gibt.
Der Schulgarten nimmt eine bedeutende Rolle im Schulalltag der 360 Waldorfschüler ein. Das Gartengelände besteht aus einem Kräutergarten mit Gemüse, Blumen und Kräutern; einer Wiese mit Schafen, einem Hühner- und Hasenstall und einem Gewächshaus, in dem unter anderem Tomaten und Kopfsalat angepflanzt werden.
„Die Schüler lernen bei uns das ganze Jahr die Herausforderungen des Gärtnerlebens kennen. Auch die tägliche Versorgung der Schafe, Hühner und Hasen kommt dazu“, sagt Lara Treiber, Lehrerin für Gartenbau. Die Tiere seien sehr begehrt bei den Kindern.
Bei der Arbeit im Garten würden die Schulkinder Holz hacken, Gras mähen und Unkraut jäten. „Wir machen richtige Gärtnerarbeit mit den Kindern – natürlich ohne wirtschaftlichen Druck. Da sehen die Kinder die Notwendigkeit der gärtnerischen Arbeit. Mit den Tieren und Pflanzen kann man nicht diskutieren, ob man die Arbeit machen will, da gehen die Schüler selbstverständlich an die Arbeit.“
Das geerntete Gemüse dürfe von den Schülern mitgenommen werden oder werde in der Schulküche für das Mittagessen verwendet. Treiber ist es wichtig zu zeigen, „wie man die Natur kultivieren kann – ohne sie auszubeuten“.
Auch die Kindergartenkinder wirken bereits bei der Gartenarbeit und Tierversorgung mit, wie Iris Bonneval, Leiterin der neuen Naturkindergartengruppe, berichtet. Der Kindergarten der Waldorfschule befindet sich ebenfalls auf dem Schulgelände.
Die Kindergartenkinder wirkten beim Anpflanzen, der Kompostarbeit, dem Zubereiten der Lebensmittel und der Versorgung der Tiere mit. „Die wertschätzende Haltung der Erzieher und Lehrer mit der Natur wirkt sich auf die Kinder aus. Die Waldorfpädagogik wird mit Hand, Kopf und Herz begriffen“, so Bonneval. Zusammen mit den Kindern würden die Erzieher auf alles in der Natur achten – bis hin zum kleinen Käfer. Durch die Gartenarbeit würden Selbstwirksamkeit, Selbstwahrnehmung und Selbstbewusstsein aufgebaut.
Die Corona-krise hat auch die Gartenarbeit stark eingeschränkt: „Normalerweise arbeiten 90 Schüler eineinhalb Stunden in der Woche im Garten. Während des Schul-lockdowns haben mir somit vier Vollzeitangestellte gefehlt“, berichtet die Gartenbau-lehrerin. Einige Schüler hätten dennoch ihre Hilfe angeboten.
Bei der Landesgartenschau 2024 will Treiber die Gartenkultur und Waldorfschulpädagogik vorstellen. Veranstaltungen im Festsaal und Führungen durch das Schulgelände seien geplant. Der Erstkontakt mit der Landesgartenschau Gmbh habe über die Architekten stattgefunden, berichtet Treiber. „Die Wiese an der Morfstraße, auf der unsere Schafe grasen und Kinder spielen, gehört der Stadt. Für die Landesgartenschau sollen dort Parkplätze entstehen, was wir verhindern wollen.“
Deshalb hätten sie die Architekten eingeladen, um ihnen die Gegebenheiten vor Ort zu zeigen. „Die Architekten haben gestaunt, aber die Verhandlungen sind leider nicht auf fruchtbaren Boden gefallen. Dann haben wir noch mal mit OB Michael Lang gesprochen, er will die Lage noch mal prüfen.“
Die Parkplätze sollen vor dem geplanten autofreien Quartier entstehen. „Wir können unsere Schafe nicht woanders hinbringen, weil die Schüler mit ihnen arbeiten. Kinder und Tiere, Autos und Straßen – das passt schlecht zusammen“, so Treiber. Generell sei die Kommunikation mit den Landesgartenschau-veranstaltern positiv. Dennoch: „Wir versuchen, unsere Wiese zu verteidigen“, erklärt die Lehrerin.
Die Stadt Wangen und die Landesgartenschau Gmbh wollen die Waldorfschule einbinden: „Zum ganzen Erba-areal gehört natürlich auch das Gelände der Waldorfschule. Gerade auch die alten Villen-gebäude, wo die Direktoren der Erba wohnten, aber auch die Gartenanlagen mit den (Früh-)beet- und Beerenanlagen zur Eigenversorgung sind noch sehr gut erhalten und sehr beeindruckend.“
Diese wollten sie in Abstimmung mit der Waldorfschule den Besuchern zeigen, indem Führungen über das gesamte Erba-gelände und auch spezielle Gartenführungen angeboten werden sollen. „Wir wünschen uns auch, dass die Waldorfschule sich auf unserem Ausstellungsgelände eventuell mit einem Schaugarten, Schafen und / oder Esel präsentiert, Ideen gibt es reichlich“, heißt es in der Erklärung von Stadt und Landesgartenschau Gmbh.
Die geplanten Parkplätze würden nicht für die Landesgartenschau benötigt, sondern sie seien notwendig, um Fahrzeuge aus dem Straßenraum zwischen der Wiese und dem Lindenhof mit den Vereinslokalen wegzubringen. Bisher sei es möglich gewesen, dass dort mehr oder weniger wild an der Straße geparkt wurde.
„Mit der gesamten Entwicklung des Erba-areals muss nun aber sichergestellt werden, dass Feuerwehrund Rettungsdienste ins Gebiet durchkommen können. Deshalb brauchen wir an dieser Stelle Parkplätze, die zur Andienung des Lindenhofs, des Hotels, aber auch des Waldorfkindergartens notwendig sind“, erklären sie auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“.
Für die Parkplätze, die als Rasenparkplätze angelegt werden sollen, benötigen sie jedoch nicht die ganze Wiese, sondern nur einen etwa zehn
Meter tiefen Streifen, welcher der Stadt gehört: „Diese Fläche wurde bewusst nie der Waldorfschule verkauft, weil die Stadt sie für eigene oder anderweitig notwendige Nutzungen sichern wollte.“
Dennoch würden die Veranstalter die Bedenken der Schule verstehen, da Weidefläche für die Schafe verloren geht. „Das haben wir im Gespräch mit der Schule auch bereits zum Ausdruck gebracht. Als Ausgleich haben wir der Waldorfschule Weideflächen auf dem zukünftigen Landesgartenschau-gelände angeboten.“
Den Wunsch, die Parkplätze unter den Linden anzulegen, könnten sie nicht erfüllen, da dort in den Wurzelbereich dieser alten Bäume eingegriffen werden müsste: „Damit würden wir aber diesen Bestand riskieren und das wollen wir auf jeden Fall vermeiden.“
Diese Planungen seien nochmals mit dem OB und der Stadtverwaltung besprochen worden. Sie basierten auf der vom Gemeinderat im Januar 2020 beschlossenen Gesamtplanung: „Im Zuge der Neuanlage haben wir der Waldorfschule auch eigene Parkplätze angeboten, damit sie ihre bisherigen Stellplätze aus der Grünfläche entfernen kann. Die Einpflanzung zur Wiese wollen wir mit der Waldorfschule, wie vereinbart, abstimmen“, so die Stadt und die Landesgartenschau Gmbh.