Rinkerareal nimmt wichtige Hürde
Warum manche Kommunalpolitiker dennoch einen Verkehrskollaps befürchten
- Die Bebauung des Rinkerareals in der östlichen Vorstadt von Ravensburg hat eine weitere Hürde genommen. In einer virtuellen Sondersitzung billigte der Ravensburger Gemeinderat einstimmig einen sogenannten „vorhabenbezogenen Bebauungsplan“. Er ermöglicht den Bau von 330 Wohnungen in zwölf Gebäuden zwischen Holbeinstraße und Wangener Straße. Das Neubaugebiet auf dem früheren Firmengelände von Vetter und Grieshaber wird sich deutlich von anderen Wohnquartieren unterscheiden: Die Bebauung wird zwar hochwertig, aber relativ dicht, um weniger Fläche zu verschwenden. Zudem soll es pro Wohnung nur einen Autostellplatz in der Tiefgarage geben, dafür 800 Fahrradstellplätze für das gesamte Areal. Durch Carsharing- und Leihräderangebote (auch Lastenräder) sollen die zukünftigen Bewohner ermuntert werden, auf das Zweitauto zu verzichten. Die Frage, wo autofahrende Besucher parken sollen, scheint jedoch noch ungelöst.
Aber auch abgesehen von der Stellplatzfrage beschreitet man im Rinkerareal neue Wege: Neben der Kita mit vier Gruppen soll es dort beispielsweise Pflege-wgs geben: Von der Wiege bis zur Bahre könnten Bewohner theoretisch im Quartier wohnen bleiben. Die möglichst großen Spielflächen im Wohngebiet sollen laut Stadtplanungsamtsleiter Christian Herrling auch Nachbarskindern offen stehen. Erschlossen wird das riesige Neubaugebiet über die Wangener Straße (B 32).
Im Gemeinderat gab es einhellige Zustimmung für das Projekt. Maria Weithmann, Fraktionsvorsitzende der sagte, es handele sich um den „wichtigsten Beitrag gegen den Wohnungsdruck insgesamt“in Ravensburg. Die stadtnahe Lage sei für Wohnungsbau geeignet, der Anschluss an Nahversorgung und ÖPNV gut. Was die Gebäudehöhen und Bebauungsdichte angeht, sei das Viertel sicher „eine Herausforderung für die Oststadt“. Sie plädierte dafür,
Grünen,
auch über ein Jugendangebot in dem Areal nachzudenken.
August Schuler ist nach eigenen Worten „froh, dass es jetzt losgeht“. Er schätzt, dass die letzte der 330 Wohnungen in fünf bis sieben Jahren fertig sein könnte. Rechtzeitig vorher sollte seiner Meinung nach auch der Fußgängerüberweg über die Wangener Straße fertig werden. Derzeit läuft ein Architektenwettbewerb. Die Brücke ist in der Stadt aber wegen ihrer hohen Kosten von geschätzt 2,7 Millionen Euro umstritten.
„Die Transformation vom Dreischicht-betrieb über eine Industriebrache hin zu einem wuseligen Geschehen ist gelungen“, sagte
Hans-dieter Schäfer. „Das stärkt die Attraktivität der Oststadt.“Auch Joachim Arnegger
befand: „Das sieht alles sehr gut aus.“Bei der Detailplanung regte er helle Fassadenfarben an, „damit sich
(CDU) Spdstadtrat (Freie Wähler)
das Gebiet nicht so aufheizt. So etwas wie das Chg-gebäude wäre sicher fehl am Platz.“
Gedanken machen sich manche Kommunalpolitiker allenfalls über die zukünftige Verkehrssituation. „Fakt ist, dass derzeit jede Familie zwei Autos hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das gutgeht, und fürchte einen Verkehrskollaps“, sagte etwa Oliver Schneider. Und auch Jürgen Hutterer für Ravensburg), der selbst in der östlichen Vorstadt wohnt, meinte, es sei „naiv zu glauben, dass alle aufs Fahrrad umsteigen“. Er ist der Ansicht, man brauche „mindestens einen Stellplatz pro Wohnung und ausreichend Besucherparkplätze, sonst wird der Verkehr zusammenbrechen“.
Letztendlich stimmten alle Räte für das Projekt. Der Satzungsbeschluss soll am 28. Juni im Gemeinderat
Fdp-stadtrat (Bürger
fallen. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan unterscheidet sich vom normalen Bebauungsplan dadurch, dass ein einzelner Investor, hier die H2R Gmbh und Co. KG (dahinter stehen die Bauträger Reisch aus Ravensburg und Rhomberg aus Lindau) ein Vorhaben umsetzt. Bei normalen Bebauungsplänen werden Festsetzungen für ein Gebiet getroffen, in dem mehrere Bauherren (meist Privatpersonen) zum Beispiel Einfamilienhäuschen oder Doppelhäuser errichten. H2r-geschäftsführer Ingo Traub sagte in der Sitzung des Gemeinderats, dass es vermutlich einfacher sei, das Projekt nur durch einen Bauträger, also in dem Fall Reisch, verwirklichen zu lassen. „Wir sind näher dran.“Um ein zu monotones Erscheinungsbild des neuen Baugebiets zu verhindern, sind bei den zwölf Häusern aber mehrere Architekten am Werk.