Begeisterung für Digitallabor, aber Zwist um Standort
Grüne und Anwohner warnen vor Bebauung des Coswiger Platzes – Stadt: Projekt könnte Park überhaupt sichern
- Die Stadt Ravensburg will mit millionenschwerer Unterstützung der Mossakowskistiftung ein Digitallabor bauen, sieht sich aber nach Bekanntwerden des Projektes schon Bürgerprotest ausgesetzt. Es wird kritisiert, dass damit die Freifläche auf dem Coswiger-platz zwischen Realschule und Parkhaus Rauenegg verloren geht. Dabei könnte der Kauf und das Bauprojekt den dortigen kleinen Park überhaupt erst sichern, wie die Stadt in der jüngsten Sitzung des Bildungs-, Sport- und Kulturausschusses argumentierte.
Eine Digitalwerkstatt, in der Jugendliche abseits des Unterrichts an der Schule ihre Fähigkeiten in Sachen Digitalisierung ausbauen und mit neuen Technologien experimentieren können: Dass so etwas in Ravensburg entstehen soll, stieß bei allen Fraktionen des Ravensburger Gemeinderates auf Begeisterung. Sie dankten allesamt schon im Voraus den Stiftern, dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des Technologieunternehmens Chg-meridian in Weingarten, Jürgen Mossakowski, und seiner Ehefrau Vera, für ihre Zusage, das zukunftsweisende Projekt mit 1,8 Millionen Euro zu unterstützen. Doch die Grünen sind gegen den von der Verwaltung vorgeschlagenen Standort. Das Bürgerforum Altstadt schloss sich dieser Kritik an.
Der Coswiger Platz sei „die letzte größere Grünanlage im Stadtinneren, die uns erhalten geblieben ist“, schreibt das Bürgerforum Altstadt in einer Stellungnahme. Sie diene dem Stadtklima und sei Erholungsfläche für Bewohner des benachbarten Pflegeheimes, Passanten und Schulkinder. Auch die „Parents for Future“schreiben in einem Offenen Brief an die Adresse der Stadtverwaltung und des Gemeinderats: „Machen Sie ernst mit Klimaschutz und Klimagerechtigkeit in unserer Stadt, indem sie diese Fläche als Ganzes erhalten.“
Die Stadtverwaltung jedoch sieht keine Gefahr, dass eine Grünfläche verloren geht, sondern ist der Ansicht, dass der Park durch das Projekt überhaupt erst langfristig gesichert werden könnte. Das Grundstück gehört derzeit dem Land Baden-württemberg, das aufgrund des bestehenden Baurechts dort jederzeit etwas bauen könnte, wie in der Sitzung erklärt wurde – wohl eine rein theoretische Überlegung, ein konkretes Bauprojekt für den Platz ist derzeit nicht bekannt. Die Stadt würde als künftiger Eigentümer des Coswiger Platzes nur 15 Prozent davon mit einem pavillonartigen Gebäude bebauen, der Rest bliebe Grün- oder Freifläche, wie es heißt.
Andere Standorte seien untersucht worden – für die geforderte Nähe zu den weiterführenden Schulen wäre auch die Bebauung des Parkplatzes am Fuße der Gymnasien infrage gekommen. Dort aber müsste für das Projekt erst das Baurecht geschaffen werden. Man habe auch überlegt, das Haus der Musikschule, die in die Bauhütte umziehen wird, zu nutzen. Doch die Raumzuschnitte passten nicht, das Haus müsste zum Teil oder ganz abgebrochen werden. Das Digitallabor wäre an diesen Standorten nicht vor Mitte 2025 fertig. Am Coswiger Platz rechnet die Stadt mit einer Eröffnung Ende 2023.
So diskutierten die Fraktionen über das Projekt: Die Grünen blieben bei ihrer schon im Vorfeld geäußerten Kritik am Standort: Dass ein öffentlichkeitswirksamer, gut sichtbarer Platz für das Projekt gesucht werde, dürfe nicht über Ökologie gestellt werden. Die CDU erhofft sich durch den Bau des Digitallabors eine Aufwertung des Coswiger Platzes, was auch den Realschülern zugutekommen würde. Die Bürger für Ravensburg (BFR) sehen wie die Stadt die Chance, durch das Projekt „Bauland“in einen Park umzuwidmen. Die SPD fordert, bei dem Pavillon höchste ökologische Standards anzulegen. Freie Wähler und FDP lobten das Projekt. Oliver Schneider (FDP) äußerte die Hoffnung, dass die Grünen angesichts der nur teilweisen Bebauung des Platzes und der ökologischen Anforderungen an den Bau noch einlenken werden.
Kritik gab es auch an den geplanten 1,5 städtischen Personalstellen, die voraussichtlich 95 000 Euro pro Jahr kosten, und für den Betrieb der neuen Einrichtung gebraucht werden, dafür aber wohl langfristig auch nicht ausreichen. Michael Lopez-diaz (BFR) erinnerte an die Anmerkungen des Regierungspräsidiums (RP) zu den jüngsten Ravensburger Finanzplanungen: Das Regierungspräsidium hatte die Stadt dazu aufgefordert, ihren Konsolidierungskurs entschieden fortzusetzen. Das hieße also eher, Geld zu sparen als auszugeben.
Die Grünen stimmten gegen den Kauf des Geländes, die BFR gegen den Stellenaufbau ohne Gegenfinanzierung. Doch mehrheitlich ist die Stadt vom Ausschuss beauftragt worden, das Projekt weiterzuverfolgen. Am 19. Juli berät der Gemeinderat über das Digitallabor.