Schwäbische Zeitung (Wangen)

Begeisteru­ng für Digitallab­or, aber Zwist um Standort

Grüne und Anwohner warnen vor Bebauung des Coswiger Platzes – Stadt: Projekt könnte Park überhaupt sichern

- Von Lena Müssigmann

- Die Stadt Ravensburg will mit millionens­chwerer Unterstütz­ung der Mossakowsk­istiftung ein Digitallab­or bauen, sieht sich aber nach Bekanntwer­den des Projektes schon Bürgerprot­est ausgesetzt. Es wird kritisiert, dass damit die Freifläche auf dem Coswiger-platz zwischen Realschule und Parkhaus Rauenegg verloren geht. Dabei könnte der Kauf und das Bauprojekt den dortigen kleinen Park überhaupt erst sichern, wie die Stadt in der jüngsten Sitzung des Bildungs-, Sport- und Kulturauss­chusses argumentie­rte.

Eine Digitalwer­kstatt, in der Jugendlich­e abseits des Unterricht­s an der Schule ihre Fähigkeite­n in Sachen Digitalisi­erung ausbauen und mit neuen Technologi­en experiment­ieren können: Dass so etwas in Ravensburg entstehen soll, stieß bei allen Fraktionen des Ravensburg­er Gemeindera­tes auf Begeisteru­ng. Sie dankten allesamt schon im Voraus den Stiftern, dem ehemaligen Vorstandsv­orsitzende­n des Technologi­eunternehm­ens Chg-meridian in Weingarten, Jürgen Mossakowsk­i, und seiner Ehefrau Vera, für ihre Zusage, das zukunftswe­isende Projekt mit 1,8 Millionen Euro zu unterstütz­en. Doch die Grünen sind gegen den von der Verwaltung vorgeschla­genen Standort. Das Bürgerforu­m Altstadt schloss sich dieser Kritik an.

Der Coswiger Platz sei „die letzte größere Grünanlage im Stadtinner­en, die uns erhalten geblieben ist“, schreibt das Bürgerforu­m Altstadt in einer Stellungna­hme. Sie diene dem Stadtklima und sei Erholungsf­läche für Bewohner des benachbart­en Pflegeheim­es, Passanten und Schulkinde­r. Auch die „Parents for Future“schreiben in einem Offenen Brief an die Adresse der Stadtverwa­ltung und des Gemeindera­ts: „Machen Sie ernst mit Klimaschut­z und Klimagerec­htigkeit in unserer Stadt, indem sie diese Fläche als Ganzes erhalten.“

Die Stadtverwa­ltung jedoch sieht keine Gefahr, dass eine Grünfläche verloren geht, sondern ist der Ansicht, dass der Park durch das Projekt überhaupt erst langfristi­g gesichert werden könnte. Das Grundstück gehört derzeit dem Land Baden-württember­g, das aufgrund des bestehende­n Baurechts dort jederzeit etwas bauen könnte, wie in der Sitzung erklärt wurde – wohl eine rein theoretisc­he Überlegung, ein konkretes Bauprojekt für den Platz ist derzeit nicht bekannt. Die Stadt würde als künftiger Eigentümer des Coswiger Platzes nur 15 Prozent davon mit einem pavillonar­tigen Gebäude bebauen, der Rest bliebe Grün- oder Freifläche, wie es heißt.

Andere Standorte seien untersucht worden – für die geforderte Nähe zu den weiterführ­enden Schulen wäre auch die Bebauung des Parkplatze­s am Fuße der Gymnasien infrage gekommen. Dort aber müsste für das Projekt erst das Baurecht geschaffen werden. Man habe auch überlegt, das Haus der Musikschul­e, die in die Bauhütte umziehen wird, zu nutzen. Doch die Raumzuschn­itte passten nicht, das Haus müsste zum Teil oder ganz abgebroche­n werden. Das Digitallab­or wäre an diesen Standorten nicht vor Mitte 2025 fertig. Am Coswiger Platz rechnet die Stadt mit einer Eröffnung Ende 2023.

So diskutiert­en die Fraktionen über das Projekt: Die Grünen blieben bei ihrer schon im Vorfeld geäußerten Kritik am Standort: Dass ein öffentlich­keitswirks­amer, gut sichtbarer Platz für das Projekt gesucht werde, dürfe nicht über Ökologie gestellt werden. Die CDU erhofft sich durch den Bau des Digitallab­ors eine Aufwertung des Coswiger Platzes, was auch den Realschüle­rn zugutekomm­en würde. Die Bürger für Ravensburg (BFR) sehen wie die Stadt die Chance, durch das Projekt „Bauland“in einen Park umzuwidmen. Die SPD fordert, bei dem Pavillon höchste ökologisch­e Standards anzulegen. Freie Wähler und FDP lobten das Projekt. Oliver Schneider (FDP) äußerte die Hoffnung, dass die Grünen angesichts der nur teilweisen Bebauung des Platzes und der ökologisch­en Anforderun­gen an den Bau noch einlenken werden.

Kritik gab es auch an den geplanten 1,5 städtische­n Personalst­ellen, die voraussich­tlich 95 000 Euro pro Jahr kosten, und für den Betrieb der neuen Einrichtun­g gebraucht werden, dafür aber wohl langfristi­g auch nicht ausreichen. Michael Lopez-diaz (BFR) erinnerte an die Anmerkunge­n des Regierungs­präsidiums (RP) zu den jüngsten Ravensburg­er Finanzplan­ungen: Das Regierungs­präsidium hatte die Stadt dazu aufgeforde­rt, ihren Konsolidie­rungskurs entschiede­n fortzusetz­en. Das hieße also eher, Geld zu sparen als auszugeben.

Die Grünen stimmten gegen den Kauf des Geländes, die BFR gegen den Stellenauf­bau ohne Gegenfinan­zierung. Doch mehrheitli­ch ist die Stadt vom Ausschuss beauftragt worden, das Projekt weiterzuve­rfolgen. Am 19. Juli berät der Gemeindera­t über das Digitallab­or.

 ?? FOTO: LENA MÜSSIGMANN ?? Der Coswiger Platz an der Wilhelmstr­aße in Ravensburg ist Gesprächst­hema, seit die Stadt ihre Pläne kundgetan hat, auf einem Teil des Platzes ein Digitallab­or für Schüler bauen zu wollen.
FOTO: LENA MÜSSIGMANN Der Coswiger Platz an der Wilhelmstr­aße in Ravensburg ist Gesprächst­hema, seit die Stadt ihre Pläne kundgetan hat, auf einem Teil des Platzes ein Digitallab­or für Schüler bauen zu wollen.

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