Schwäbische Zeitung (Wangen)

Von der Hantelbank ins Gefängnis

Gericht verurteilt 48-jährigen Bodybuilde­r – Er hatte Anabolika und andere verbotene Präparate konsumiert

- Von Bastian Hörmann

- Den Tag seiner geplanten Hochzeit wird er wohl im Gefängnis verbringen: Zu acht Monaten Haft hat das Amtsgerich­t Kempten einen 48-Jährigen verurteilt, weil er Anabolika und andere Doping-mittel sowie einen Schlagring und zwei Marihuanap­flanzen besessen hat. Die Präparate nutzte er, um sich sportlich voranzubri­ngen – in seinem Fall im Bodybuildi­ng. Auch unter Amateuren in anderen Sportarten sei das keine Seltenheit, sagt der Oberallgäu­er Sportmediz­iner Florian Porzig.

Die Dopingpräp­arate, die die Polizei während einer Durchsuchu­ng bei dem Angeklagte­n fand, umfassen etwa Testostero­n-tropfen und Anabolika-pillen.

Ihr Wirkstoff übersteigt eine therapeuti­sche Dosis um das knapp 50-fache.

Mit ihrer Hilfe habe er an nationalen Bodybuildi­ng-wettbewerb­en teilgenomm­en, sagte der Verteidige­r über den Angeklagte­n. Seit der Durchsuchu­ng im August 2020 habe dieser allerdings keine Doping-mittel mehr genommen, seit dem ersten Lockdown nicht mehr trainiert. An Wettkämpfe­n habe er nach einem Motorradun­fall verletzung­sbedingt ohnehin nicht mehr teilgenomm­en, sagte der Verteidige­r.

Milde stimmte das die Staatsanwä­ltin nicht. Acht Vorstrafen – darunter einschlägi­ge – hätten den Mann anscheinen­d nicht an weiteren Straftaten gehindert. Aus der aktuellen Verlobung folgerte sie keine pokraftspo­rt, sitive Sozialprog­nose, die zu einer (milderen) Bewährungs­strafe hätte führen können: Dass er fünf Kinder von drei Frauen hat, habe ihn in der Vergangenh­eit ebenfalls nicht von Straftaten abgehalten. Dass darunter auch Körperverl­etzungen waren, mache den nun gefundenen Schlagring besonders heikel.

Sportmediz­iner Dr. Florian Porzig erklärt auf Anfrage der Allgäuer Zeitung , dass als Doping genutztes Testostero­n zu höherer Aggressivi­tät führen kann – auch, wenn es mittlerwei­le Daten gebe, die diesen Zusammenha­ng weniger eindeutig erscheinen ließen.

Insgesamt glaube er, dass je nach Sportart mehr Dopingmitt­el genutzt werden, „als wir uns denken“. Die höchsten Zahlen gebe es wohl im wo das „recht etabliert“sei. Anabolika seien online einfach zu beschaffen.

Im Ausdauersp­ort seien dagegen Epo- und Wachstums-hormone interessan­ter. „Ich glaube, da wird unter Amateuren viel genommen.“Diese unterschei­det der Mediziner, der auch die deutschen Mannschaft­en in Nordischer Kombinatio­n sowie die Skispringe­r betreut, jedoch von den Hobby- und Breitenspo­rtlern, die nicht Wochenende für Wochenende an Wettkämpfe­n teilnehmen. Die Oberallgäu­er Sportszene schätzt er als sehr bodenständ­ig ein. Eine Stufe profession­eller – da werde dagegen „schnell mal“zur chemischen Hilfe gegriffen. Ein Massenphän­omen sei das jedoch nicht.

Mit gutem Grund: Neben der Ehrlichkei­t

des fairen Wettkampfs sprechen gefährlich­e Nebenwirku­ngen gegen Doping, erklärt Porzig: Anabolika verursacht­en schwere Herzschäde­n bis zum plötzliche­n Herztod, Testostero­n unter anderem schwere Leberfunkt­ionsstörun­gen bis hin zu Lebertumor­en. Epo könne Blutgerinn­sel, Lungenembo­lien und Herzinfark­te verursache­n.

Der Angeklagte dagegen gab während der Verhandlun­g an, keine gesundheit­lichen Probleme davongetra­gen zu haben.

Dass er einen Schlagring besaß, will er nicht mehr gewusst haben. Den Besitz der zwei Cannabispf­lanzen gab er zu – auch wenn sein Verteidige­r betonte, dass der Wirkstoffg­ehalt von 0,061 Gramm THC etwa in Berlin „keinen Menschen interessie­ren würde“. Dass der Angeklagte während der Durchsuchu­ng gesagt haben soll, Marihuana gehöre zu seinem „Lifestyle“und er werde nicht damit aufhören, durfte ins Urteil nicht einfließen: weil unklar war, ob er das vor oder nach der Belehrung über sein Schweigere­cht gesagt hatte.

Am Ende befand Richter Stefan Peter den 48-Jährigen für schuldig: des Besitzes von Doping-mitteln, des fahrlässig­en Besitzes einer verbotenen Waffe sowie des unerlaubte­n Anbaus von Betäubungs­mitteln.

Dafür muss er acht Monate ins Gefängnis. Gegen eine Bewährung sprachen mitunter die vielen Vorstrafen, bei denen er zudem bereits mehrfach gegen Bewährungs­auflagen verstoßen hatte.

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