Für die Liebe – und zwar jeder Art
Wie der Verein „Bonito“junge Menschen stärkt und welche Anfeindungen zum Alltag gehören
- „Ich will auch endlich meine Gruppe finden.“Mit diesem Gedanken kam der 21-jährige Raphael Lang vor fast vier Jahren zu „Bonito“. Noch während der Schulzeit outete er sich als schwul und hatte mit Anfeindungen zu kämpfen. Mittlerweile ist er einer der Gruppenleiter des „queeren“Jugendvereins: Hier finden junge Menschen aus Kempten und Umgebung einen Raum, um über Sexualität und Liebe zu sprechen. Mit dabei sind schwule, lesbische, bisexuelle, transsexuelle Menschen, aber auch heterosexuelle Unterstützer.
„Letztlich geht es für uns darum, sich gegenseitig zu unterstützen und dem Thema Sichtbarkeit zu geben“, sagt Vorstandsmitglied Joey Jäger aus Wildpoldsried.
Als er vor drei Jahren zu „Bonito“kam, sei er sich noch nicht im Klaren über seine Sexualität und Identität gewesen. Das gehe vielen Menschen so, die zu einem ersten Treffen kommen. „Es ist aber auch gar nicht wichtig, sich in eine Schublade zu stecken“, sagt Jäger. Oft ergebe sich das über die Zeit ganz von selbst. Dann sei es wichtig, Menschen zu haben, mit denen man darüber sprechen kann. So sei es auch bei Jäger selbst gewesen.
Der 23-Jährige kam als Frau zur Welt. Schon als Kind habe er gespürt, dass das nicht zu ihm passe. In seiner Jugend sei das aber in den Hintergrund gerückt.
„Ich hatte keine Berührungspunkte mit anderen transgender Menschen“, sagt er. Bei „Bonito“habe sich das geändert. „Für mich war das ein Prozess, weil ich selbst nur wenig über dieses Thema wusste.“
Generell könne in der Jugendgruppe alles besprochen und geteilt werden, was den Mitgliedern wichtig ist. Neben Vorträgen zu Themen wie dem Leben mit Aids oder dem Outing vor den Eltern stehen auch Ausflüge auf dem Programm. Gemeinsam feiern die jungen Menschen ihre Sexualität beim Christopher-street-day in München, machen Wanderungen mit anderen queeren Jugendgruppen aus Bayern oder veranstalten gemeinsame Spiele- oder Filmabende.
Vor 15 Jahren gründete sich der Verein auf Initiative eines schwulen Pärchens aus Kempten. Zunächst war die Jugendgruppe in einem Café zu Hause, wenig später zog sie in die Bäckerstraße in das Haus des Stadtjugendrings Kempten um.
„Am Anfang stand der Schutz noch mehr im Vordergrund, aber auch heute noch ist es wichtig, dass wir einen sicheren Raum bieten können“, sagt Vorstandsmitglied Timo Kolitsch. Noch immer würden „queere“Menschen im Allgäu unter Vorurteilen und Gewalt leiden. Das berichtete auch die Organisation „Access Allgäu Area“nach ihrer Regenbogenflaggen-aktion in Kempten (wir berichteten). Dabei sei es immer wieder zu Anfeindungen gekommen und einen Großteil der Fahnen hätten Unbekannte nachts abgerissen.
Auch die drei Männer von „Bonito“haben schon solche Erfahrungen gemacht. Auch wenn diese glücklicherweise sagt Joey Jäger, Vorstandsmitglied bei „Bonito“über seine Sexualität. nicht die Regel seien. Gerade Worte wie „Schwuchtel“oder Beleidigungen in der Schule hätten sie verletzt und verunsichert. „Aber wir bemerken auch, dass sich Sprache und Verhalten wandeln“, sagt Kolitsch. Vor allem in den vergangenen Monaten hätten sich immer mehr und immer jüngere Menschen gemeldet. „Das muss man sich erst einmal trauen“, sagt Lang. Die jüngsten Mitglieder sind 14 Jahre alt, die Gruppenältesten 27.
Was auffalle: Oft spielt die Situation in der Familie für die Jugendlichen eine wichtige Rolle. Nicht immer würden die Eltern ihre Kinder unterstützen. „Wir hatten auch schon einen Vater vor der Tür stehen, der sein Kind aus dem Treffen holen wollte“, erzählt Jäger. Dann versuchen die Gruppenleiter zu vermitteln. Oft würde nach so einer Erfahrung ein regelrechtes Aufblühen stattfinden. „Weil man weiß, dass die Gruppe hinter einem steht“, sagt Lang. „Ohne Bonito hätte ich mich vieles nicht getraut.“
„Für mich war das ein Prozess, weil ich selbst nur wenig über dieses Thema wusste,“
Infos zu Treffen und Mitglieschaft gibt es unter www.bonito-allgaeu.de