Mit allem Pipapo
In der letzten Glosse ging es zwar um Anglizismen, aber dazwischen wurde in einem Satz die lateinische Formulierung (sic!) bemüht: Andauernd gegen den Mainstream (sic!) anzuschwimmen, ist ermüdend. Da scheint ein Nachhaken ganz sinnvoll zu sein. Dieses (sic!) – in Klammern und meist mit einem Ausrufezeichen – ist die Abkürzung von sic erat scriptum, auf Deutsch: So stand es geschrieben, und es hat vor allem zwei Bedeutungen: Zum einen weist es auf die Korrektheit des zuvor Zitierten hin. Nennt sich zum Beispiel ein Chor im Rückgriff auf eine altertümliche Schreibweise Kantorey statt wie heute üblich Kantorei, so kann es sinnvoll sein, beim ersten Gebrauch des Wortes in einem Text über diese Kantorey dahinter ein (sic!) zu setzen – sprich: Ich weiß, wie man das schreibt, aber so wollen die das haben.
Zum anderen aber kann man dieses (sic!) auch einsetzen, um gezielt etwas herauszustreichen und zu kommentieren – wie in dem eingangs zitierten Satz: In einem Text, der sich kritisch mit Anglizismen auseinandersetzt, das Wort Mainstream unkommentiert zu gebrauchen, könnte auf den Autor zurückfallen. Also sorgt dieses sic! für die nötige ironische Distanz. Will heißen: Gerade der Einsatz dieses Wortes beweist, wie weit die kritisierte Anglisierung des Deutschen schon fortgeschritten ist. oder ohne Punkt: PP. zwischen einem Papstnamen und der Zahl – wie bei Johannes PP. XXXIII. – steht für Papa, ursprünglich das lateinische Wort für Vater, dann als Ehrentitel übertragen auf das Oberhaupt der Kirche. P.P. oder p.p. ist die Abkürzung von praemissis praemittendis, auf Deutsch: unter Voraussetzung des Vorauszusetzenden, was wir vor allem in der Verbindung p.p. Publikum kennen. Früher war es üblich, bei einer Anrede alle Titel zu erwähnen – sehr verehrter, hochwohlgeborener, allergnädigster etc. Später schenkte man sich das, und der Leser oder Hörer sollte bei p.p. die Ehrbezeugungen mitdenken. In der Musik steht pp für pianissimo; ein pp. hinter einem Namen im Geschäftsverkehr meint per procura, weist also auf die dem Unterzeichner erteilte Vollmacht hin; und pp. in der Form etcetera pp. hat wieder eine andere Bedeutung: Es heißt perge, perge, auf Deutsch: fahre fort, fahre fort – wie wenn wir verstärkend sagen: und so weiter, und so fort. Das stand letztlich wohl auch Pate für die beliebte Wendung
Unsere Sprache ist immer im Fluss. Wörter kommen, Wörter gehen, Bedeutungen und Schreibweisen verändern sich. Jeden Freitag greifen wir hier solche Fragen auf.
mit allem Pipapo, also mit allem Drum und Dran.
In Michael Endes „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“heißt sogar der chinesische Oberbonze Pi Pa Po. Da denkt man dann allerdings noch eher an ein gewisses umgangssprachliches Wort. Aber wie heißt es so treffend? Honni soit qui mal y pense. Zur Abwechslung mal französisch – und damit nicht im Mainstream.
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