Diskussion um autofreie Altstadt startet
Gegen die Verwaltungspläne formiert sich Widerstand bei CDU und Freien Wählern
- Nach den Einzelhändlern kommt jetzt auch aus dem Gemeinderat massive Kritik an den Verwaltungsplänen zu Tests für eine autofreie Altstadt – vor allem von CDU und Freien Wählern. Als Reaktion auf die Proteste hatte die Stadt am Mittwoch die an den kommenden vier Wochenenden geplante Versuchsreihe um mindestens eine Woche verschoben, um das Thema zunächst in der Ratssitzung am Montag, 19. Juli, zu behandeln. Die SZ hat sich vorab bei den größten drei Ratsfraktionen umgehört.
„Leider können wir die Maßnahme nicht ganz nachvollziehen, da die Sperrung der Altstadt für Pkw beginnend mit Freitagnachmittag nicht durch die Beschlusslage des Gemeinderats gedeckt ist.“So beginnt die Mail, die Cdu-fraktionschef Mathias Bernhard am Dienstagabend an Wangens OB Michael Lang schickte – als Reaktion auf dessen montägliche Ankündigung zu den Testwochenenden zur autofreien Altstadt. Und in der Tat: Im Herbst 2020 hatte der Rat nur beschlossen, die Testphase für eine Sperrung des Stadtzentrums zu planen. Und zwar so, wie es der damalige Gol-vorschlag vorsah: werktags zwischen 19 und 7 Uhr sowie am Wochenende, samstags von 14 Uhr bis montags um 7 Uhr – und damit außerhalb der Öffnungszeiten des Einzelhandels.
Und so zeigt sich Bernhard auf Sz-nachfrage nicht nur „verwundert, dass die Verwaltung gleich in die Umsetzung geht“, sondern auch darüber, dass der Test auch während der Einkaufszeit laufen soll. „Daher fordern wir Sie auf, von dieser Maßnahme – auch als Feldversuch – unbedingt abzusehen“, so der Cdu-sprecher zu Lang. Die besten Tage des Einzelhandels seien der Samstagvormittag sowie der Freitagnachmittag. Dies solle auch in Zukunft so bleiben, sagt Bernhard: „Die Stadt braucht diese Durchfahrtsschleifen als Lebensader für den lokalen Handel. Wird nun etwas anderes ausprobiert als beschlossen, können wir dies nicht unterstützen.“Und, ergänzt der Cdu-fraktionschef gegenüber der SZ: „In dieser sensiblen Zeit der Corona-krise sind wir bei solchen Spielereien sehr vorsichtig und wollen nicht schuldig sein, wenn der Einzelhandel zusätzlichen wirtschaftlichen Schaden nimmt.“
In dieselbe Richtung zielt Ursula Loss. Man habe den Beschluss zur Planung der Testphase mitgetragen, weil diese außerhalb der Geschäftszeiten sein sollten und „wir hinter unseren Händlern stehen“, sagt die Fraktionschefin der Freien Wähler. Die kurzfristige Ankündigung der Tests findet Loss „so nicht korrekt, man hätte vorher drüber sprechen müssen“. Sie hätte sich aber dennoch vorstellen können, dass man den
Händlerflohmarkt am Freitag nutzt und die Sperrung am kommenden Wochenende „ausprobiert und dann am Montag im Rat darüber diskutiert“. Die Fw-sprecherin stellt aber klar: „Für die anderen Wochenenden hätten wir ein Veto eingelegt. Eine autofreie Altstadt während der Geschäftszeiten geht mit uns nicht.“
Da ist Tilman Schauwecker anderer Ansicht. Der Gol-fraktionssprecher findet es nicht nur vernünftig, jetzt im Sommer die Testreihe zu starten und dies mit Veranstaltungen zu kombinieren, für ihn ist auch der Auftakt mit dem Händlerflohmarkt „absolut plausibel“. Ebenso wie die ursprünglich geplante Ausweitung des damaligen Gol-vorschlags auf die Geschäftszeiten. „Man muss hier der Stadt einen gewissen Gestaltungsspielraum zugestehen“, sagt Schauwecker. „Es geht ja um die Lebensqualität in der Altstadt.“Die Kritik der Händler und anderer Fraktionen kann er nicht nachvollziehen. Dass bei Geschäften nur eingekauft wird, wenn man direkt vorfahren kann, bezeichnet der Gol-sprecher als „Illusion“, dies zeuge von „veraltetem Denken“.
Dennoch sei es in Ordnung, wenn am Montag, wie vorgeschlagen, eine Testreihe außerhalb der Geschäftszeiten beschlossen werden würde: „Das ist ein erster Schritt hin zu einer verkehrsberuhigten Altstadt, von der alle profitieren.“