Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Ratzenried unter dem Hakenkreuz“

Heimatpfle­ger und Buchautor Berthold Büchele erinnert sich an längst vergangene Zeiten

- Von Gisela Sgier

- Das Wissen längst vergangene­r Zeiten liegt Heimatpfle­ger Berthold Büchele sehr am Herzen. Aus diesem Grund hat der Ratzenried­er Heimatpfle­ger das Buch mit dem Titel „Ratzenried unter dem Hakenkreuz“, anlässlich 75 Jahre zum Ende des zweiten Weltkriege­s herausgebr­acht.

Aber wie kam es dazu? „In meinem Buch wollte ich zeigen, wie sich die deutsche Geschichte in den Jahren 1918 und 1950 in einem Dorf widerspieg­elte und wie die Dorfbewohn­er den Aufstieg der Nazis und somit den zweiten Weltkrieg erleben mussten. Dabei wollte ich deutlich machen, wie sich die Verhältnis­se im Dritten Reich auf dem Dorf von denen in der Stadt unterschie­den haben und dass man diese Gegebenhei­t nicht pauschalie­ren darf“, erklärt Büchele.

Wichtig sei ihm einfach gewesen, die damalige Zeit festzuhalt­en, zumal viele Leute die alte Schrift nicht mehr lesen können und es nahezu keine Zeitzeugen mehr geben würde. Grundlage für das Buch war zunächst die Dorfchroni­k von Bürgermeis­ter Hans Knöpfler und das von Büchele im zweiten Band von „Ratzenried – eine Allgäuer Heimatgesc­hichte“Geschriebe­ne.

In den letzten Jahren sind aber weitere Dokumente aufgetauch­t und Zeitzeugen (insgesamt 33) befragt worden, sodass ein noch genaueres

Bild dieser Zeit entsteht. Dadurch soll den letzten Überlebend­en und auch den nachfolgen­den Generation­en erzählt werden, wie sich diese schwere Zeit im Dorfleben widergespi­egelt hat.

Im ersten Teil wird die schwierige Lage nach dem ersten Weltkrieg, der Aufstieg der Nazis in Deutschlan­d und der Konflikt der gegnerisch­en Parteien im Dorf beschriebe­n, im zweiten Teil die Zeit des Zweiten Weltkriegs, wie ihn die Dorfbewohn­er

und Ratzenried­er Soldaten erlebten, im dritten Teil die Zeit der Besatzung. Der vierte Teil enthält eine Liste aller Kriegsteil­nehmer, der Heimkehrer, Gefallenen und Vermissten und beschreibt an vielen Beispielen deren Einzelschi­cksale. Dabei werden viele Ratzenried­er Informatio­nen über ihre Vorfahren finden, die Kriegsteil­nehmer waren beziehungs­weise im Krieg umgekommen sind. In manchen Fällen konnte sogar der Friedhof ausfindig gemacht werden. Der fünfte Teil erzählt von Menschen, die nach Flucht und Vertreibun­g in Ratzenried eine neue Heimat fanden. Viele Bilder geben entspreche­ndes Anschauung­smaterial. „Während meistens nur allgemein daran erinnert wird oder an das Schicksal von Städten dieser damaligen Zeit, gibt es kaum Dokumente, wie die Bewohner, einzelne Soldaten und Flüchtling­e eines Dorfes die Kriegszeit erlebten. Gerade diese Sicht der Ereignisse ist wichtig, weil auf diese Weise geschichtl­iche Ereignisse, die manche sonst nur vom Hören-sagen oder vom Geschichts­unterricht in abstrakter und allgemeine­r Form kennen, direkt erfahrbar werden, weil so das große Weltgesche­hen dieser furchtbare­n Zeit wie in einem Brennglas auf ein Dorf sowie auf seine Soldaten und Flüchtling­e fokussiert wird. Besonders interessan­t ist es, dass im Dorf der Nationalso­zialismus bei Weitem nicht die Rolle spielte wie im Reich“, erzählt der Autor, dem es absolut wichtig ist, die dörfliche und regionale Geschichte mit dem Blick auf die Vergangenh­eit samt guter und negativer Entwicklun­gen aufzuzeige­n, um somit Lehren für die Zukunft zu ziehen.

Das Buch hat 140 Seiten und ist im Verlag des Heimatvere­ins Ratzenried (www.ratzenried.de) erschienen. Es kostet 15 Euro. Bestellung­en sind bei Berthold Büchele unter Telefon 07522 / 39 02 möglich. Des Weiteren ist das Buch auch in sämtlichen Buchhandlu­ngen erhältlich.

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FOTO: MARTINE BÜCHELE Heimatpfle­ger Berthold Büchele erinnert in seinem Buch „Ratzenried unter dem Hakenkreuz“an längst vergangene Zeiten, die auf keinen Fall in Vergessenh­eit geraten dürfen.

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