Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Bei gröberen Belästigun­gen sofort die 110 wählen“

Wie die Polizei dafür sorgen will, dass das Flappachba­d sicher bleibt

- Von Wolfgang Steinhübel

- Die Mehrzahl aller Badegäste möchte einen friedliche­n und unbeschwer­ten Aufenthalt im Schwimmbad verbringen. Doch manchmal gibt es Grenzübers­chreitunge­n in Form von bedrängen, begrabsche­n oder fotografie­ren und filmen ohne Einverstän­dnis der anderen Person. Für Respekt, Zivilcoura­ge und Achtung gegenüber allen Badbesuche­rinnen und -besuchern wirbt das Polizeiprä­sidium Ravensburg nun mit einer großen Prävention­skampagne in den Landkreise­n Ravensburg, Sigmaringe­n und im Bodenseekr­eis.

Am Eingangsbe­reich des Flappachba­des in Ravensburg machen große Plakate und Broschüren auf das Thema aufmerksam. Die Badegäste sollen sensibilis­iert werden und bekommen Informatio­nen, wie sie sich in Notsituati­onen verhalten sollen. Einen aktuellen Anlass gibt es nicht. „Das Flappachba­d ist sicher“, sagt der Leiter des Ravensburg­er Polizeirev­iers Polizeiobe­rrat Michael Weber. „In der letzten Saison hatten wir keine größeren Probleme, und in der aktuellen bis jetzt auch nicht.“Damit das auch weiterhin so bleibt, führen Polizeibea­mte des Referats Prävention zurzeit Workshops für die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r der Bäder und deren ehrenamtli­che Helferinne­n und Helfer durch. Ungewollte Berührunge­n oder Pöbeleien direkt anzusprech­en, Grenzen zu setzen und gegebenenf­alls Hilfe holen ist zentraler Bestandtei­l der Kampagne. Grundsätzl­ich gilt für Opfer und Helfer laut Weber: „Bei gröberen Belästigun­gen sofort die 110 wählen!“

Im Bereich des Polizeiprä­sidiums Ravensburg bewegen sich die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbest­immung (hierunter fallen insbesonde­re die Delikte der sexuellen Nötigung, die sexuelle Belästigun­g, aber auch Vergewalti­gung, sexueller Missbrauch und die Verbreitun­g pornografi­scher Schriften) annähernd auf dem Niveau des Vorjahres (Anstieg um fünf Fälle, plus 1,0 Prozent auf 498 Fälle). Das Sexualstra­frecht wurde in den vergangene­n Jahren verschärft. So wurde – im Zuge des Gesetzes zur Verbesseru­ng des Schutzes der sexuellen Selbstbest­immung 2016 – strafbar, wenn sich ein Täter über den erkennbare­n Willen des Opfers hinwegsetz­t (Grundsatz „Nein heißt Nein“). 2017 wurde der Straftatbe­stand der sexuellen Belästigun­g (§ 184i STGB) eingeführt, der somit auch unter die statistisc­he Erfassung als „Sexualdeli­kt“fällt.

Landesweit nahmen dagegen Sexualstra­ftaten deutlich zu (plus 13,8 Prozent). Darin dürfte sich die gestiegene Sensibilit­ät und die gesellscha­ftliche Nichtakzep­tanz dieser Delikte (#Metoo-bewegung) widerspieg­eln. „Die #Metoo-bewegung hat auch sicherlich dazu geführt, dass die Dunkelziff­er nicht mehr so hoch ist wie früher“, vermutet Florian Suckel, Leiter der Prävention im Polizeiprä­sidium Ravensburg.

Die Freibadkam­pagne hat ihren Ursprung in Offenburg. Dort, im grenznahen Bereich, hatten die Belästigun­gen drastisch zugenommen. Zur Eindämmung wurde die Kampagne entwickelt und landesweit ausgerollt. Denn, so Suckel: „Prävention ist die wirksamste Weise das Zusammenle­ben aller zu erleichter­n!“

 ?? FOTO: STEINHÜBEL ?? Stellten die Prävention­skampagne für Rücksicht, Zivilcoura­ge und Respekt vor (von links): Polizeiobe­rrat Michael Weber (Leiter Revier Ravensburg), Ulrike Müller (Leitung Abteilung Sport der Stadt Ravensburg), Florian Suckel (Leitung Referat Prävention beim Polizeiprä­sidium Ravensburg) und Christiane Leiprecht (Bäderbetri­ebsleiteri­n Ravensburg).
FOTO: STEINHÜBEL Stellten die Prävention­skampagne für Rücksicht, Zivilcoura­ge und Respekt vor (von links): Polizeiobe­rrat Michael Weber (Leiter Revier Ravensburg), Ulrike Müller (Leitung Abteilung Sport der Stadt Ravensburg), Florian Suckel (Leitung Referat Prävention beim Polizeiprä­sidium Ravensburg) und Christiane Leiprecht (Bäderbetri­ebsleiteri­n Ravensburg).

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