Schwäbische Zeitung (Wangen)

Pogacar, der Präsident und eine Razzia

Slowene in Gelb begeistert Emmanuel Macron – Polizei durchsucht Teamhotel bei der Tour

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(dpa) - Triumphato­r Tadej Pogacar schaute sich zu seinen abgehängte­n Konkurrent­en um und rollte mit einem Lächeln über den Zielstrich in der Höhe von Luz Ardiden. Auf der Skistation klatschte sogar der französisc­he Staatschef Emmanuel Macron für den 22-Jährigen, der am Donnerstag nach seinem zweiten aufeinande­rfolgenden Tagessieg in den Pyrenäen bei der Tour de France nicht nur das Gelbe, sondern auch das Weiße und das Bergtrikot gewinnen dürfte. „Es ist unglaublic­h, wie das läuft für mich. Ich genieße das sehr“, sagte Pogacar, der auch auf dem letzten Pyrenäen-klassiker noch einmal mit der Konkurrenz zu spielen schien.

Als seine Widersache­r Jonas Vingegaard (Dänemark) und Richard Carapaz aus Ecuador noch um Platz zwei sprinteten, reckte der enteilte Gelb-träger schon die Siegerfaus­t in Richtung des wolkenverh­angenen Himmels. „Für mich ist das alles nur ein großes Spiel, und ich habe einfach Spaß daran“, sagte Pogacar. Vingegaard (Rückstand von 5:45 Minuten) und Carapaz (5:51) dürften im Zeitfahren am Samstag noch um die Podesträng­e zwei und drei konkurrier­en, für Pogacar sind nach eigener Aussage „50 Prozent des Sieges“ schon eingefahre­n. In Wirklichke­it ist es wesentlich mehr. „Warum sollte ich mir Sorgen ums Zeitfahren machen? Das ist ein Wettbewerb, der mir liegt. Ich kann es nicht erwarten“, sagte der Star des Uae-teams, der im Vorjahr in just dieser Disziplin noch den Sieg von seinem Landsmann Primoz Roglic stibitzt hatte. So spannend und eng wird es diesmal nicht, zumindest nicht im Kampf um den Gesamtsieg bei der 108. Auflage.

Der Slowene hat sich damit weder in den Alpen noch auf der Etappe zum doppelten Mont Ventoux oder in den Pyrenäen Zeit von seinen Rivalen abnehmen lassen, er wird die Tour am Ende mit einem gewaltigen

Vorsprung von weit über fünf Minuten für sich entscheide­n.

Auf dem happigen Teilstück über den Tourmalet (2115 Meter) und nach Luz Ardiden, wo Lance Armstrong 2003 erst stürzte und anschließe­nd die gesamte Konkurrenz um Dauerrival­e Jan Ullrich düpierte, spielte auch Emanuel Buchmann endlich eine gute Rolle. Lange blieb er bei seinem Kapitän Wilco Kelderman und unterstütz­te diesen. Der Niederländ­er schob sich vorbei an Rigoberto Uran (Kolumbien), der früh einbrach und mehrere Minuten einbüßte.

Schon vor der Etappe für Aufsehen sorgte eine Polizeiraz­zia beim Team Bahrain-victorious, die sich bereits am Mittwochab­end im Teamhotel in Pau ereignet hatte. „Im Rahmen der Untersuchu­ng wurden die Räume der Fahrer durchsucht. Obwohl die Untersuchu­ngsgründe nicht bekannt waren, wurde das Team auch aufgeforde­rt, alle Schulungsu­nterlagen zur Verfügung zu stellen. Diese wurden zusammenge­stellt und den Beamten wie angeforder­t vorgelegt“, schrieb das Team, dessen Kapitän Jack Haig das Rennen schon in der ersten Woche verlassen musste. Festnahmen gab es nach Angaben des Teams nicht, der Rennstall war auf der 18. Etappe planmäßig dabei. Sprinter Sonny Colbrelli war über den Pyrenäen-besuch der Beamten erstaunt. „In anderen Sportarten gibt es das nicht, dass man mitten in der Nacht einfach geweckt wird. Man stelle sich vor, so was würde im Fußball passieren“, sagte der Italiener.

Die Staatsanwa­ltschaft Marseille teilte am Donnerstag­nachmittag mit, dass Ermittlung­en wegen des mutmaßlich­en Erwerbs, Transports oder Besitzes von illegalen Substanzen eingeleite­t wurden. Es handle sich dabei um einen Fahrer des Teams, der derzeit bei der Tour de France dabei ist. Die Ermittlung­en, die nach Angaben der Behörde am 3. Juli eingeleite­t wurden, sollen fortgesetz­t werden, zunächst gilt die Unschuldsv­ermutung.

Nach der letzten Pyrenäen-qual wird es ab Freitag wieder deutlich einfacher. Auf den 207 Kilometern von Mourenx nach Libourne gibt es keine nennenswer­ten Schwierigk­eiten, die einen Massenspri­nt verhindern könnten. Der britische Sprinter Mark Cavendish, der wie Belgiens Rad-legende Eddy Merckx 34 Tourtagess­iege eingefahre­n hat, könnte mit seinem fünften Erfolg bei dieser Tour zum alleinigen Rekordhalt­er avancieren.

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FOTO: CHRISTOPHE ENA/AP/DPA Dominiert bei der Tour de France: Tadej Pogacar aus Slowenien, Träger des Gelben Trikots, beim Überqueren der Ziellinie in Luz Ardiden.
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FOTO: LUDOVIC MARIN/AFP Mischt sich am Donnerstag unter die Zuschauer bei der Tour de France: Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron (vorne).

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