Zukunft der Schwarzenbacher Kirche bewegt Gläubige
Wie der Kirchengemeinderat seine Entscheidung für den umstrittenen Neubau des Gotteshauses begründet
- Die Entscheidung, die bestehende Pfarrkirche St. Felix und Regula abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen, fiel in der Sitzung des Kirchengemeinderats Schwarzenbach am 23. Juni. In einer Gemeindeversammlung am Samstagabend wurden dies und der Weg dahin erläutert. Zum Missfallen der Befürworter einer Sanierung.
„Wir haben uns diesen Entschluss alles andere als leicht gemacht und in den vergangenen Monaten die Argumente für die beiden Optionen Sanierung oder Neubau gesammelt, intensiv diskutiert und abgewogen“, sagte zu Beginn der gut besuchten Versammlung im zur Disposition stehenden Gotteshaus Andreas Hett, Vorsitzender des Kirchengemeinderats. Dekanatsreferent Ansgar Krimmer, zusammen mit Kollege Stephan Wiltsche Moderator der Veranstaltung, hatte zunächst darauf hingewiesen, dass die Voraussetzung für einen guten Verlauf des Abends „gegenseitiges zuhören und verstehen“sei.
Mit „Es ist sicherlich nicht allen bewusst, dass es mehr Stimmen gab, als die, die bei der ersten Gemeindeversammlung im Juli 2020 zu hören waren“, erklärte Hett, dass man auch die Meinung der „regelmäßigen Kirchgänger“, die sich im Laufe der Zeit gemeldet hätten, „in den Entscheidungsprozess mit einbezogen“habe. Wie die Stellungnahmen von Vertretern der Diözese, des Denkmalamts und der Planungsbüros. Um dann die unterschiedlichen Faktoren, „die zum Umdenken Anlass gaben“, zu benennen.
Andreas Hett führte in einem ersten Schritt den Bauzustand der Kirche vor Augen. Er nannte unter anderem die statisch erforderliche Instandsetzung der Holz-dachtragkonstruktion, die des Außenmauerwerks und des Putzes, die Erneuerung der nicht regelkonformen Elektroinstallation, der Bankheizung, Bodenbeläge und der Beleuchtung. Nicht zuletzt gehe es „um wichtige Sicherheitsbestimmungen und um energetische Maßnahmen“.
Weiter sprach Hett die „veränderte Gemeindestruktur“und damit die Erfordernis an, den Raumbedarf zu reduzieren. Mit Blick auf die Finanzierung kam die Höhe des Eigenanteils ins Spiel. Dieser würde keine Möglichkeit bieten, eine Sanierung der bestehenden Kirche verantwortlich zu gestalten. Bei einem Neubau könne man neben einem höheren finanziellen Anteil der Diözese weitere Mittel beantragen, berichtete Hett.
Und stellte die beiden Beträge nebeneinander: Bei einer Generalsanierung und Kosten von eineinhalb bis zwei Millionen Euro wären es 60 Prozent, bei einem Neubau mit geschätzten Kosten von drei Millionen Euro sogar 90 Prozent an zu erwartenden Fördergeldern.
Dann meldete sich Weihbischof Matthäus Karrer zu Wort. Er verwies auf vier ebenfalls kurz nach dem Zweiten Weltkrieg „schnell und kostengünstig“gebaute Kirchen, die abgerissen und neu erbaut werden mussten. Mit Zahlen belegte der Vertreter der Diözese Rottenburg-stuttgart die von ihm unterstützte Entscheidung des Kirchengemeinderats und sagte: „1970 waren es bei uns 90 Prozent evangelisch und katholisch Getaufte, 2050 wird sich diese Zahl halbiert haben. So ist auch die Entwicklung in Schwarzenbach rückläufig. Pro Jahr gibt es hier gerade mal acht Taufen und nur noch eine bis zwei Hochzeiten.“
Nach der zusätzlichen Förderung befragt, antwortete Karrer: „Sie wird denen bereitgestellt, die Flächen reduzieren und der nächsten Generation einen adäquaten Kirchenraum unter ökologischen Gesichtspunkten zur Verfügung stellen. Viele Kirchen schließen wegen zu hoher Kosten ihre Türen. Wir wollen zur richtigen Zeit unsere Hausaufgaben machen.“
Hinsichtlich der auch an diesem Abend von Gemeindemitgliedern angeführten „emotionalen Bindung an das Kirchengebäude“bat der Weihbischof darum, „nicht nur auf die Vergangenheit zu schauen, sondern flexible Konzepte zu nutzen“.
An die Musikkapelle Schwarzenbach gerichtet, versprach Karrer: „Es wird für sie einen Platz geben. Nicht gerade für 80, sondern vielleicht für 20 Musikanten. Und auch ein Kirchenchor mit 50 Mitgliedern muss nicht draußen singen.“Auf den Einwand von Jürgen Gauß, der sich erinnerte, dass der Kirchenraum „schon mal anders ausgesehen hat“, und der nach dem Denkmalschutz gestern und heute fragte, erwiderte Karrer: „Heute ist es so, dass die Bänke im Gegensatz zum Altarraum nicht ausgetauscht werden dürfen.“
Zur Sorge, der Friedhof könne bei den Bauarbeiten in Mitleidenschaft gezogen werden, gab es ein klares „hier gibt es bei Sanierung oder Abriss hohe Auflagen“. Auch der Besorgnis, lieb gewordene sakrale Bestandteile der Kirche könnten verschwinden, wurde entgegengetreten: „Es wird alles genau angeschaut und dann entschieden.“Diesbezüglich äußerte sich Andreas Hett etwas überspitzt: „Wir reißen keine Kathedrale ab und bauen eine Sardinenbüchse auf!“
Hatten Dirigent Jürgen Gauß und Chorleiter Christian Feichtmair schon in der „Schwäbischen Zeitung“ein Forum für ihre kritischen Äußerungen erhalten, so nutzten sie vor den Gemeindemitgliedern noch einmal die Gelegenheit, sich „Luft zu verschaffen“. Feichtmair sah angesichts der Tatsache, dass die Gemeinde den Abriss der Kirche aus der Zeitung erfahren musste, einen Rückgang von „Glauben und Hoffnung“und zeigte sich wie später auch Jürgen Gauß überzeugt: „Wenn Menschen außerhalb der Gottesdienste eingeladen sind, dann füllen sie wieder das Gotteshaus.“Für den Musikvereinsvorsitzenden war klar: „Man darf eine Kirche nicht mit einem Wohnhaus vergleichen.“Man sei innerhalb der Seelsorgeeinheit immer froh gewesen, mit St. Felix und Regula einen großen Kirchenraum zur Verfügung zu haben. Außerdem hegte Gauß die Vermutung: „Die Kirche ist nicht so arm, dass sie sparen muss. Schließlich ist sie beispielsweise im Besitz von Grundstücken.“
Für Kirchengemeinderätin Manuela Mösle war es an der Zeit, ihre Gedanken ebenfalls zu teilen: „Auch ich habe eine emotionale Bindung an diese Kirche. Aber wer ist denn eigentlich Kirche? Das sind doch wir alle! Wir sind jetzt an Grenzen gestoßen und müssen es nach einem Jahr der reiflichen Überlegungen angehen und die Zukunft unserer Gemeinde gestalten.“
Nachdem auf Anfrage deutlich gemacht worden war, dass die kirchlichen Statuten keinen Bürgerentscheid vorsehen würden, trat Weihbischof Karrer an den Kirchengemeinderat mit einem Vorschlag heran: „Wählen Sie nach Zufallsprinzip 50 Schwarzenbacher Kirchenmitglieder aus und hören Sie sich an, was die stille Mehrheit denkt.“Ob man so verfahren will, wird sich laut Pfarrer Matthias Hammele bei der nächsten Sitzung des Pfarrgemeinderats zeigen.
Hammele war es auch, der über die nächsten Schritte nachdachte. Demnach möchte man interessierte Gemeindemitglieder in die weitere Planung einbeziehen, Exkursionen zu Kirchenneubauten in Süddeutschland und Österreich unternehmen und eine Machbarkeitsstudie erstellen lassen. Das Nächste wäre dann die Ausschreibung eines Architektenwettbewerbs und das Stellen der Förderanträge. Der Priester betonte, „keine einsamen Entscheidungen“treffen zu wollen, und sah für die nächsten Wochen und Monate „eine ständige Auseinandersetzung mit dem Thema“.