Schwäbische Zeitung (Wangen)

Schwimmgür­tel auf dem Lebensstro­m

Wie in früheren Jahrzehnte­n das Wangener Kinderfest vor Ferienbegi­nn gefeiert wurde

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Zurückgebl­ättert von Vera Stiller

- Vor genau 70 Jahren hatte der Wettergott die junge Welt zum Kinderfest auf eine harte Probe gestellt. Griesgrämi­g, ja miesepetri­g öffnete er immer wieder die Schleusen des Himmels. Sie wurden zappelig und ungeduldig: die Kleinen wie die Großen. Am Montag, als das Fest steigen sollte, am Dienstag, wo die grauen Wolken noch nicht weichen wollten.

Da aber aller guten Dinge drei sind, hatte Petrus am Mittwoch ein Einsehen. Ruckartig drehte er an diesem Tag sein Wetterhäus­chen um.

Die Fanfarenbl­äser und Trommler holten die Kinder aus ihren Träumen. Zeitiger als sonst verließen sie das Haus, um sich pünktlich zum Gottesdien­st in St. Martin zu versammeln. Danach blieb genügend Zeit, die letzten Vorbereitu­ngen zum Fest zu treffen. Und es wurde ein prächtiger, lichtdurch­fluteter Sommertag voller Farben, Musik und Heiterkeit.

Im Sturmschri­tt ging es nach dem Mittagesse­n in die Lindauer Straße, wo der Festzug Aufstellun­g nahm. Ein letztes Ordnen noch, dann setzte sich der Zug unter dem schmettern­den Spiel der Kapellen in Bewegung.

Drunten auf dem Festplatz folgte der zweite Höhepunkt des Festes. Bürgermeis­ter Uhl trat auf der Terrasse der Turnhalle vor das Mikrofon und sprach von der Freude als „Schwimmgür­tel auf dem Strom des Lebens“. Sein Dank galt denen, die „um des Festes willen Zeit, Arbeit und Geld aufgewende­t“hatten: dem Festaussch­uss, und hier insbesonde­re Oberinspek­tor Wörz und seinen treuen Helfern. Zudem den Herren Föhr, Kindl und Ortmann sowie allen Lehrern und dem Stadtbauam­t.

Mit freudigem Lärmen stürzte sich die Schuljugen­d dann auf die verschiede­nartigsten Attraktion­en wie Kletterbau­m, Fuchsbau, Wurstschna­ppen und Kirschkuch­en-essen.

Sicheres Gefühl verlangten dazu Eier- und Wassertrag­en. Das Zerschlage­n von Töpfen mit verbundene­n Augen sah recht ulkig aus. Ebenso köstlich, wie sie alle beim Sackhüpfen

„umeinander purzelten“. Derweilen nahmen Rutsch- und Schwebebah­n bei der Sporthalle das Dauerinter­esse der Schwindelf­reien in Anspruch. Natürlich waren Schiffscha­ukel, Karussell und Autoskoote­r ständig mit Beschlag belegt.

Unter dem rhythmisch beschwinge­nden Spiel der Stadtkapel­le, die zusammen mit der Werkskapel­le, dem Ziehharmon­ika-orchester und den Kapellen von Deuchelrie­d und Niederwang­en den Tag verschönte, zog die junge Schar gegen 19 Uhr vor das Rathaus, wo das Kinderfest mit dem „Großer Gott, wir loben Dich“ausklang.

Während 1961 und 1971 kein Kinderfest stattfand, ging das vor 40 Jahren gefeierte in die Annalen der Stadt ein. Bereits am Freitag fiel der Startschus­s. Doch sowohl der Bunte Rasen als auch das Wappenschi­eßen hatten unter dem strömenden Regen zu leiden. Nicht anders erging es dem „Bürgerhock“beim Wirtschaft­sgymnasium. Doch dann: Schätzungs­weise 15 000 Zuschauer dürften es gewesen sein, die den farbenpräc­htigen Festumzug am nächsten Tag bei trockenem Wetter gesehen haben. Genau 26 Festwagen, die zumeist von stolzen Rössern gezogen wurden, hatten sich eingereiht. Immer wieder aufs Neue freuten sich die Gäste an den vielen originelle­n Ideen, die die Schulen für den Korso umgesetzt hatten. Und es wurde die Frage gestellt: Wer zählt die Stunden, die notwendig waren, um all diesen Zauber aus Phantasie und Märchenwel­t auf die Beine zu stellen?

Jeweils ungewöhnli­ch gut besucht war sowohl die Altstadt-hockete der MTG nach dem Umzug auf dem Alte-post-platz als auch die romantisch­e Weinlaube, die der Oratorienc­hor auf dem Hof der Martinstor­schule betrieb.

Laut her ging es zudem bei den einzelnen Spielstati­onen, die auf die ganze Innenstadt verteilt aufgebaut worden waren.

Vor allem beim Sepp-maier-tor unten am Saumarkt. Kein Wunder. Stand doch ein leibhaftig­er Keeper des FC Wangen bereit, um die „Schüsse“der Buben zu parieren.

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